Energie nach dem Vorbild der Sonne

Internationaler Workshop zur Kernfusion in Jülich

[14. März 2005]

Jülich, 14. März 2005 - Auf dem Weg zu einer neuen Energiequelle nach dem Vorbild der Sonne sind noch einige Hürden zu meistern. Zum zweiten Mal richtet das Institut für Plasmaphysik (IPP) nun den internationalen Workshop "Stochastization in Fusion Plasmas" aus, der sich besonders mit den Problemen der Kernfusion befasst. Vom 15. bis 17. März treffen sich mehr als 50 Wissenschaftler aus 10 Ländern im Forschungszentrum Jülich und diskutieren beispielsweise die Wechselwirkung des sehr heißen Plasmas mit den Reaktorwänden: Für die Entwicklung eines künftigen Fusionsreaktors ein zentraler Punkt.

Die Verschmelzung - Fusion - von Wasserstoff zu Helium ist der Prozess, aus dem die Sonne ihre Energie gewinnt. Bei der Kernfusion verschmelzen Wasserstoffkerne in einem viele Millionen Grad heißen Plasma zu Heliumkernen. Fusioniert ein Kilogramm Wasserstoff, wird soviel Energie frei wie bei der Verbrennung von 10000 Tonnen Steinkohle. Ziel intensiver Forschung ist es, diese Art der Energiegewinnung auch auf der Erde nutzbar zu machen. Das Forschungszentrum Jülich betreibt dazu das Kernfusionsexperiment TEXTOR - eingebettet in das europäische Fusionsprogramm und in beispielhafter Kooperation mit den Fusionslabors Belgiens und der Niederlande im Rahmen des Trilateralen Euregio Clusters (TEC). Seit zwei Jahren wird der Dynamische Ergodische Divertor (DED) an TEXTOR intensiv untersucht. Der DED ist ein innovatives Werkzeug, um den magnetischen Einschluss am Plasmarand zu beeinflussen.

Mit der Thematik des DED befasst sich auch der Workshop. Die Experten in Jülich diskutieren dabei über folgendes Problem: Einerseits müssen sie Wege finden, um das viele Millionen Grad heiße Fusionsplasma stabil durch ein Magnetfeld einzuschließen, andererseits müssen sie Methoden entwickeln, die riesigen Wärmemengen zu kontrollieren und abzuführen. Denn in der Nähe der Wände des Fusionsreaktors kommt es zu Wechselwirkungen mit dem Plasmarand. Es besteht die Gefahr, das die Reaktorwände schlichtweg schmelzen. Damit ein Fusionsreaktor - wie beispielsweise der geplante 500 Megawatt Experimentalrektors ITER in Frankreich - dauerhaft laufen kann, müssen die Forscher die Wandbelastung so gering wie möglich halten. Hier setzt die Wirkung des DED an: Er besteht aus 18 einzelnen Spulen, die auf der Innenseite des Reaktors angebracht sind. Fließt durch die Spulen Wechselstrom, baut sich einrotierendes - dynamisches - magnetisches Störfeld auf. Der DED verwirbelt - stochastisiert - das Magnetfeld am Rand des Plasmas und verteilt so die Wärme aus dem heißen Plasma auf große Wandbereiche. Dies vermeidet lokale Überhitzungen der Wände. Weitere Anwendungen finden sich in der Wechselwirkung stochastischer Magnetfelder sowie in der Plasmastabilität. Die Physiker versuchen, die Beständigkeit des Plasmas in geeigneter Weise von außen zu beeinflussen.

Um dieNutzung von Kernfusion auf der Erde in absehbarer Zukunft Realität werden zu lassen ist eine internationale Kommunikation zwischen den Experten unerlässlich. Die weltweite Zusammenarbeit auf dem Gebiet der stochastischen Magnetfelder wird am IPP seit einigen Jahren gepflegt: So sind Jülicher Forscher seit längerer Zeit an Experimenten in San Diego (USA) beteiligt, bei denen die Stabilität des Plasmarandes so beeinflusst werden konnte, dass Wärmeimpulse auf die Wand stark abnahmen.

Das Programm des Workshops ist angemessen umfangreich. Vortragende aus aller Welt beleuchten die Problematik von allen Seiten. Bernhard Unterberg aus Jülich gibt beispielsweise einen Überblick zum Thema "Transportstudien mit dem DED im Tokamak TEXTOR". Marina Becoulét aus Frankreich hingegen behandelt in ihrem Vortrag die Möglichkeit, die Instabilität des Plasmarandes durch resonant- magnetische Störung zu kontrollieren.

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Bild von einer TEXTOR-Entladung mit eingeschaltetem DED-Feld. Das aufgenom­mene Licht wird von "kalten" Teilchen emittiert, die zwischen der Wand und dem Plasma zyklieren. Das Nahfeld des DED erzeugt die charakteristischen Divertorstreifen auf der rechten Bildhälfte.

Foto: Forschungszentrum Jülich


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Letzte Änderung: 19.05.2022