Science Artikel zum Ozonloch

Perspectives Artikel in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science

[21. Dezember 2007]

Jülich, 21. Dezember 2007 - Auch 20 Jahre nach der Entdeckung des Ozonlochs zeigen Messungen immer neue Aspekte auf. In einem Perspectives Artikel in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science nehmen Jülicher Forscher Stellung zu den neusten Laborergebnissen.

"Eine kürzlich veröffentlichte Laborstudie stellt unser bisheriges Verständnis der polaren Ozonchemie und insbesondere der Bildung des Ozonlochs in Frage. Zweifel an den neuen Ergebnissen sind allerdings angebracht. Das zeigen nicht nur viele atmosphärische Messdaten, sondern auch neue Experimente, die Jülicher Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt haben.

Schon kurz nach der ersten Beobachtung eines Ozonlochs über der Antarktis in den frühen 80er -Jahren durch die Forschergruppe um Joe Farman wurde dessen Entstehung mit dem starken Anstieg von Chlorverbindungen in der Stratosphäre durch vom Menschen produzierte FCKW in Verbindung gebracht. Deren Emission wurde daraufhin durch das Montreal-Protokoll und mehrere Folgeabkommen stark limitiert. Es gilt mittlerweile als weithin akzeptiert, dass Prozesse auf sogenannten polaren Stratosphärenwolken die eher unreaktiven Chlorverbindungen Salzsäure (HCl) und Chlornitrat (ClONO2) in aktive Chlorradikale umwandeln, welche in der Folge Ozon in katalytischen Kreisläufen zerstören. Die Geschwindigkeit der Ozonzerstörung über diesen Mechanismus hängt dabei wesentlich von einem Prozess ab: der Photolyse des ClO Dimers – also der Zersetzung eines Zwischenprodukts durch Sonnenlicht.

Eine im April 2007 veröffentlichte Studie von F. Pope behauptet nun, dass der ClO Dimer Sonnenlicht viel schwächer absorbiert als bisher angenommen. Die Photolyse in der Stratosphäre wäre viel langsamer, und die bekannten katalytischen Kreisläufe würden nicht zu einem Ozonloch führen. Unweigerlich stellt sich die Frage, ob wir die polare Ozonchemie tatsächlich verstehen und ob die Modelle, mit denen Wissenschaftler die zukünftige Entwicklung und den Erfolg des Montreal-Protokolls abschätzen, zuverlässig sind.

Zweifellos hat die neue Studie einige Vorteile gegenüber früheren Experimenten. So werden zum Beispiel durch Ausfrieren des ClO Dimers mögliche Verunreinigungen im UV-Spektrum vermieden. Dennoch ist es zu früh, die akzeptierten Theorien zur Entstehung des Ozonlochs über Bord zu werfen. Zunächst stehen die Ergebnisse im klaren Widerspruch zu einer Fülle von atmosphärischen Daten, sowohl was die Verteilung der verschiedenen Chlorverbindungen angeht als auch den beobachteten Ozonverlust. Daneben stehen noch ein paar offene Fragen hinter den neuen Labordaten und deren Interpretation. Erst vor kurzem haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Bergischen Universität Wuppertal neue Experimente durchgeführt und letzte Woche auf der Herbsttagung der American Geophysical Union vorgestellt. Diese deuten darauf hin, dass Pope et al. möglicherweise den Beitrag von molekularem Chlor, Cl2, in ihrenSpektren überschätzt haben.

Ob die Studie von Pope et al. widerlegt wird oder ob einige chemische Mechanismen der polaren Ozonzerstörung umgeschrieben werden müssen, bleibt abzuwarten. Auf keinen Fall ist es angebracht, die Rolle der FCKW und das Montrealer Protokoll in Frage zu stellen - zu deutlich ist die Verbindung von beobachtetem Ozonverlust und stratosphärischem Chlor.

Der aktuelle Artikel in science
Revisiting Ozone Depletion, Marc von Hobe, Science 21 December 2007,
Vol. 318. no. 5858, pp. 1878 – 1879, DOI: 10.1126/science.1151597


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Letzte Änderung: 20.05.2022