Von Donuts und Tassen, Skyrmionen und Majoranas

290 Nachwuchsforscherinnen und –forscher aus dem In- und Ausland besuchen 48. "IFF-Ferien­schule"

Jülich, 27. März 2017 – Rund 290 Nachwuchs­wissenschaftler­innen und –wissenschaftler aus dem In- und Ausland sind ab heute für zwei Wochen zu Gast in Jülich. Sie besuchen die 48. "IFF-Ferienschule" am Forschungszentrum Jülich, die heute startet. Der Kompaktkurs für Studierende und Nachwuchsforscher widmet sich jedes Jahr einem anderen aktuellen Forschungsgebiet. Diesmal stehen so genannte "topologische Materialien" im Fokus. Die Topologie ist ein Konzept, das im vergangenen Herbst mit dem Nobelpreis in Physik gewürdigt wurde. Die Ferienschule wird in diesem Jahr gemeinsam mit der Universität zu Köln ausgerichtet und läuft bis zum 7. April.

Was haben Donuts und Tassen gemeinsam? Wenn man sie unter Gesichtspunkten der Topologie betrachtet, einem Teilgebiet der Mathematik, etwas Entscheidendes: ein Loch. Das macht sie zu topologisch gleichen Objekten. Denn topologisch sind zwei Objekte als gleich anzusehen, wenn sie, zumindest theoretisch, durch Biegen, Strecken oder Dehnen ineinander verformt werden können. Das Konzept der Topologie machen sich Physiker schon seit den 1970er-Jahren zunutze, um ungewöhnliche Veränderungen von Materie zu erklären.

"Nicht erst seit der Vergabe des Physik-Nobelpreises 2016 an die Pioniere dieses Gebiets, David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz, boomt die Forschung an topologischen Materialien, erhofft man sich doch davon künftige Anwendungen sowohl in der Materialforschung als auch in der Elektronik", erläutert Prof. Stefan Blügel, leitender wissenschaftlicher Organisator der IFF-Ferienschule 2017 und Direktor am Jülicher Peter Grünberg Institut und am Institute for Advanced Simulation.

Jülicher Arbeitsgruppen erforschen verschiedene vielversprechende topologische Materialien, zum Beispiel topologische Isolatoren, Skyrmionen und Majorana-Fermionen. Topologische Isolatoren können auf ihrer Oberfläche elektrischen Strom mit hoher Mobilität und wie auf Schienen leiten. Skyrmionen sind magnetische Nanowirbel, die Daten einmal auf engstem Raum und unter geringem Energieeinsatz sehr zuverlässig speichern könnten. Bei Majorana-Fermionen handelt es sich um Anregungszustände von Elektronen, die sich gleichzeitig als Teilchen und Antiteilchen beschreiben lassen. "Weil diese ungewöhnlichen Anregungszustände einen besonderen Schutz vor störenden Feldern besitzen, könnten sie für den Bau von Quantencomputern nützlich sein", erläutert Prof. Dr. Yoichi Ando vom II. Physikalischen Institut der Universität zu Köln.

Die Ferienschule spannt einen interdisziplinären Bogen von den theoretischen und experimentellen physikalischen Grundlagen des Forschungsgebiets über moderne analytische Methoden bis zu aktuellen Forschungsergebnissen und -projekten. Mehr als 30 Experten des Gebiets aus Jülich, Köln, Aachen und weiteren deutschen und internationalen Forschungseinrichtungen halten während der Ferienschule rund 50 Stunden Vorlesungen zu dem Thema. Campustouren ergänzen das Programm und ermöglichen den Nachwuchsforschern, auch experimentelle Einrichtungen und Labore verwandter Fachrichtungen kennenzulernen.

Die Ferienschule fand erstmals 1970 statt und wird seitdem mit jährlich wechselndem physikalischem Themenschwerpunkt von mehreren Instituten des Forschungszentrums ausgerichtet. Ihr Name geht zurück auf das frühere Institut für Festkörperforschung (IFF), das die Schule ins Leben rief und 41 Mal ausrichtete.

Gruppenfoto der Teilnehmer und Organisatoren der IFF-Ferienschule 2017 im Innenhof der Zentralbibliothek.
Teilnehmer und Organisatoren der IFF-Ferienschule 2017
Forschungszentrum Jülich
Dirac-Kegel
Keine fliegenden Untertassen, sondern künstlerische Darstellungen topologischer Materie: links ein so genannter "Dirac-Kegel" eines topologischen Isolators, rechts ein Skyrmion und ein so genannter "Schwimmer", im Vordergrund elektrischer Strom in einem topologischen Isolator.
Forschungszentrum Jülich

Weitere Informationen:

Programm der 48. IFF-Ferienschule (auf Englisch)

Über die Ausrichter:

Am Forschungszentrum Jülich:
Quanten-Theorie der Materialien (PGI-1 / IAS-1)
Nachwuchsgruppe "Topological Nanoelectronics Group"
Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9)

An der Universität zu Köln:
II. Physikalisches Institut

Ansprechpartner:

Barbara Daegener
Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461 61-4750
E-Mail: springschool@fz-juelich.de

Pressekontakt:

Angela Wenzik
Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461 61-6048
E-Mail: a.wenzik@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 19.05.2022