Forscher:innen finden zwei neue Arten von Säugetier-Respirasomen

Der biologische Prozess der oxidativen Phosphorylierung findet in den Zellen aller eukaryontischen, aeroben Organismen statt: Darin wird Energie bereitgestellt, die das Leben komplexer Organismen wie des Menschen aufrechterhält. Funktioniert dieser Prozess nicht richtig, kann das schwere Krankheiten in mehreren Organen verursachen, insbesondere aber im Gehirn und in den Muskeln.

Das CS-Respirasom - eine von zwei neuen Arten von Respirasomen, die in Säugetiergeweben existieren.
Das CS-Respirasom - eine von zwei neuen Arten von Respirasomen, die in Säugetiergeweben existieren.
Forschungszentrum Jülich / Irene Vercellino

Das System der oxidativen Phosphorylierung besteht aus fünf molekularen Maschinen, auch Komplexe I bis V genannt (CI, CII, CIII, CIV, CV). Sie schließen sich zusammen und bilden Superkomplexe, von denen einer als „Respirasom“ bezeichnet wird und die Komplexe CI, CIII und CIV enthält. Irene Vercellino, inzwischen Gruppenleiterin am Institut für Strukturbiologie (ER-C-3) des Forschungszentrums Jülich, und Leonid Sazanov vom Institute of Science and Technology Austria nutzten leistungsstarke Elektronenmikroskope, um diese Superkomplexe abzubilden und entdeckten, dass sich verschiedene Respirasome aus denselben Komponenten durch unterschiedliche räumliche Anordnung bilden können. Die unterschiedlichen räumlichen Anordnungen könnten den Zellen helfen, sich fein an die Stoffwechselbedürfnisse komplexer Organismen wie Säugetiere anzupassen.

Wissenschaftliche Ergebnisse

Vercellino und Sazanov fanden zwei neue Arten von Respirasomen, die in Säugetiergeweben neben dem kanonischen Respirasom existieren. Eine der beiden neuen Arten – das CS-Respirasom – enthält ein Protein namens SCAF1, das für den Aufbau eines anderen Protein-Superkomplexes namens CIII2CIV erforderlich ist. Bisher war umstritten, ob SCAF1 eine Rolle beim Aufbau des Respirasoms spielt: SCAF1 war zwar mit biochemischen Methoden identifiziert, aber nie strukturell beobachtet worden. Die neuen Ergebnisse klären diese Debatte und zeigen, dass der Grund, warum SCAF1 in früheren Respirasomstrukturen nicht beobachtet wurde, darin liegt, dass das CS-Respirasom ein anderer Superkomplex ist als das kanonische Respirasom. Es gibt also zwei verschiedene Arten von Respirationsketten: Eine, die von SCAF1 abhängig ist und das CS-Respirasom und CIII2CIV enthält, und eine andere, die unabhängig von SCAF1 ist und das A- und C-Respirasom sowie CICIII2 enthält.

Soziale und wissenschaftliche Relevanz

Das Vorhandensein und die Häufigkeit von SCAF1 im Körper wird durch Östrogene reguliert. Es wurde festgestellt, dass die Konzentration von SCAF1 bei verschiedenen Arten von Krebs hochreguliert ist. Dies deutet darauf hin, dass die molekulare Feinabstimmung des Energiestoffwechsels, die unter anderem durch die Bildung verschiedener Superkomplexe erreicht wird, tiefgreifende Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben kann.

Zusätzliche Details

Die Wissenschaftler:innen entnahmen die Superkomplexe aus nativem Mausgewebe, das als Modell für Säugetierzellen dient.

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    Letzte Änderung: 11.04.2024