Bundespräsident besuchte Preisträgerinnen des Zukunftspreises

Biotechnologinnen entwickelten "Wiederaufladegerät" für biologische Batterien zum Einsatz in industriellen Prozessen

[12. Mai 2003]

Jülich / Düsseldorf - Bundespräsident Johannes Rau besuchte am 12. Mai die Preisträgerinnen des Deutschen Zukunftspreises, Prof. Dr. Maria-Regina Kula und Dr. Martina Pohl in Jülich. Der Besuch fand im Institut für Molekulare Enzymtechnologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf statt, das sich im Forschungszentrum Jülich befindet. Die Biotechnologinnen hatten den mit 250.000 Euro dotierten Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation am 3. Dezember vergangenen Jahres für ihre Entwicklung "Sanfte Chemie mit biologischen Katalysatoren" erhalten. Während seines Besuchs wurde der Bundespräsident von der Degussa AG und den Biotechnologiefirmen X-Zyme und Jülich Fine Chemicals, die mit dem neuen Verfahren arbeiten, auch über den erfolgreichen Technologietransfer informiert.

Bundespräsident Rau besichtigte das Labor der beiden Preisträgerinnen und ließ sich die Arbeitsschritte erläutern, die zur neuen Entwicklung geführt hatten. Die Wissenschaftlerinnen hatten ein "Wiederaufladegerät" für biologische Batterien entwickelt haben, das umweltfreundlich und gleichzeitig wirtschaftlich arbeitet. Mit den neuen Biokatalysatoren können Unternehmen schneller, energiesparender und umweltfreundlicher produzieren. "Die Arbeiten von Prof. Kula und Dr. Pohl sind ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig Grundlagenforschung für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist", so der Bundespräsident. Der Deutsche Zukunftspreis, der seit 1997 jährlich verliehen wird, prämiert Innovationen, die sich durch gesicherte Umsetzung und uneingeschränkte Marktfähigkeit auszeichnen, verbunden mit der Schaffung von Arbeitsplätzen.

Prof. Kula, die bis zu ihrer Pensionierung im März 2002 das Institut für Enzymtechnologie leitete, und Dr. Pohl machten eine wirtschaftlich besonders interessante Gruppe von Enzymen für den Einsatz in industriellen Produktionsprozessen nutzbar. Enzyme kommen in allen Lebewesen vor. Zellen brauchen Enzyme zum Überleben, biologische Prozesse wie Verdauung oder Atmung würden ohne sie nicht stattfinden. Die kleinen Helfer, die in den meisten Fällen aus Eiweiß - Protein - bestehen, beschleunigen die chemischen Abläufe in der Zelle millionenfach. Enzyme sind heute unverzichtbare Hilfsmittel bei der Produktion von Medikamenten und in der Lebensmittel-, Chemie- und Textilindustrie.

Bei der Enzymgruppe, die Kula und Pohl verwendeten, handelt es sich um Redox-Enzyme. Diese brauchen einen Hilfsstoff, um arbeiten zu können. Dieser Co-Faktor liefert die nötige Energie, muss aber - wie eine Batterie - immer wieder aufgeladen werden. Da die Co-Faktoren teuer in der Herstellung sind, war die wirtschaftliche Nutzung von Redox-Enzymen für technische Zwecke lange Zeit nicht möglich. Prof. Kula isolierte jedoch die Formiatdehydrogenase (FDH) aus der Hefe "Candida boidinii", welche den Co-Faktor immer wieder aufladen kann. Die Biotechnologin entwickelte zudem ein Verfahren, mit dem das Enzym einfach, kostengünstig und in großem Maßstab herzustellen ist. Dr. Pohl verbesserte die Stabilität der Formiatdehydrogenase und beschleunigte deren Reaktion mit gentechnischen Methoden. Dadurch kann das Enzym auch unter "raueren" Bedingungen arbeiten. Erstmals kann nun ein Co-Faktor für einen industriellenProzess kontinuierlich regeneriert werden.

Bundespräsident Rau informierte sich während seines Besuchs in Jülich auch über den erfolgreichen Technologietransfer. Das patentierte Verfahren der beiden Wissenschaftlerinnen wird unter anderem von Degussa, Jülich Fine Chemicals und X-Zyme eingesetzt.

Der Degussa AG ist es gelungen, die Praxistauglichkeit der Enzyme auch in großtechnischem Maßstab unter Beweis zu stellen. Das Unternehmen stellt mit dem neuen Verfahren eine spezielle Aminosäure her, die beispielsweise in Antirheumatika verwendet oder für Blutdruck senkende Medikamente benötigt wird.

Die Jülich Fine Chemicals GmbH, Jülich, die 1999 gegründet wurde, ist ein Spin-Off des Forschungszentrums. Das Unternehmen verkauft und entwickelt Enzyme, mit deren Hilfe enantioselektiv organische Chemikalien hergestellt werden können. Auch mit diesen Feinchemikalien - Bausteine beispielsweise von Medikamenten, Pflanzenschutzmitteln und anderen Wirkstoffen - handelt die Firma, die mittlerweise 10 Mitarbeiter beschäftigt.

Die X-Zyme GmbH, Düsseldorf, ist ein Spin-Off der Universität Düsseldorf und wurde 2002 aus dem Institut für Enzymtechnologie heraus gegründet. Das Unternehmen, das 10 Mitarbeiter beschäftigt, verwendet die im Institut entwickelten und patentierten Enzyme als Basis für die Erzeugung großer Enzymbibliotheken. Die neuen verbesserten Varianten werden für die Herstellung neuer Wirkstoffe - beispielsweise chiraler Medikamente - und Zwischenstufen eingesetzt.

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Bundespräsident Johannes Rau mit (v.re.n.li.) den Zukunftspreis-Trägerinnen Prof. Dr. Maria-Regina Kula und Dr. Martina Pohl sowie Prof. Dr. Joachim Treusch, Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft und dem Prorektor der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. Hans Martin Jahns.

Foto: Forschungszentrum Jülich


Informationen:

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Dr. Victoria Meinschäfer
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Letzte Änderung: 19.05.2022