Hocheffizienter Laser für Siliziumchips

Jülich, 17. März 2020

Transistoren in Computerchips arbeiten elektrisch, doch übermitteln lassen sich die Daten schneller mit Licht. Schon lange suchen Forscher daher nach einem Weg, einen Laser direkt in Siliziumchips zu integrieren. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich sind dabei nun einen Schritt weitergekommen. Gemeinsam mit Forschern des Centre de Nanosciences et de Nanotechnologies (C2N) in Paris und dem französischen Unternehmen STMicroelectronics sowie CEA-LETI Grenoble haben sie einen kompatiblen Halbleiterlaser aus Germanium und Zinn entwickelt, der von der Effizienz her bereits mit herkömmlichen GaAs Halbleiterlasern vergleichbar ist. (Nature Photonics, DOI: 10.1038/s41566-020-0601-5)

Germanium-Zinn-Laser

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Germanium-Zinn-Lasers (links). Die nur wenige Mikrometer breite Germanium-Zinn-Schicht wird auf eine sogenannte Stressorschicht aus Siliziumnitrid und einen Aluminiumsockel zur besseren Wärmeableitung aufgebracht, und anschließend mit Siliziumnitrid ummantelt (rechts). Durch die Orientierung der Germamium-Zinn-Verbindung an den weiteren Atomabständen im Kristallgitter des Silizium-Nitrids entsteht eine Verspannung im eingebetteten Material, die im Endeffekt eine optische Verstärkung bewirkt.
Forschungszentrum Jülich / Nils von den Driesch

Die optische Datenübertragung ermöglicht deutlich höhere Datenraten und Reichweiten als gängige elektronische Verfahren, und benötigt gleichzeitig weniger Energie. In Rechen- und Datenzentren sind optische Leitungen daher bereits ab einer Länge von etwa einem Meter Standard. Für die Zukunft sind optische Lösungen aufgrund der stetig steigenden Anforderungen für immer kürzere Strecken gefragt, um Daten von Board zu Board oder Chip zu Chip zu übertragen. Dies trifft insbesondere für Systeme der künstlichen Intelligenz (KI) zu, beispielsweise für autonomes Fahren, wo große Datenmengen innerhalb eines großen Netzwerks mit Sensoren transferiert werden müssen, um den Chip und Algorithmen zu trainieren.

„Was vorrangig fehlt, ist ein kostengünstiger Laser, der für das Erreichen sehr hoher Datenraten notwendig ist. Ideal wäre ein elektrisch gepumpter Laser, der mit der Silizium-basierten CMOS-Technologie kompatibel ist“, erklärt Prof. Detlev Grützmacher, Direktor am Peter Grünberg Institut (PGI-9) des Forschungszentrums Jülich. „Einen solchen Laser könnte man dann einfach direkt bei der Chip-Fertigung ausformen, denn die gesamte Chip-Produktion beruht letztlich auf dieser Technologie.“

Das Problem: Reines Silizium ist ein sogenannter indirekter Halbleiter und als Lasermaterial ungeeignet. Für den Bau von Lasern werden daher aktuell andere Materialien verwendet. In der Regel kommen sogenannte III-V-Verbindungshalbleiter zum Einsatz. „Deren Kristallgitter ist jedoch völlig anders aufgebaut als das von Silizium, das in die vierte Hauptgruppe des Periodensystems gehört. Laser-Bausteine werden daher bis jetzt extern produziert und müssen dann nachträglich kostspielig angebunden werden“, erläutert Detlev Grützmacher.

Der neue Laser ist dagegen direkt im Zuge des CMOS-Prozesses herstellbar. Er basiert auf Germanium, das wie Silizium aus der vierten Hauptgruppe stammt. Bereits 2015 hatten Jülicher Forscher den Nachweis erbracht, dass sich durch die Beimischung von Zinn Laserlicht erzeugen lässt. Entscheidend ist dabei der hohe Zinngehalt, damals betrug er über 8 Prozent, weit über der Löslichkeitsgrenze von 1 Prozent (siehe Pressemitteilung vom 19. Januar 2015).

„Reines Germanium ist wie Silizium von Natur aus ein indirekter Halbleiter. Erst die hohe Zinnkonzentration sorgt dafür, dass daraus ein direkter Halbleiter für eine Laserquelle wird“, erklärt Dr. Dan Buca, Arbeitsgruppenleiter am Peter Grünberg Institut (PGI-9).

Herstellung der Germanium-Zinn-Verbindung

Herstellung der hochkonzentrierten Germanium-Zinn-Verbindung (chemical vapour deposition, CVD): Germanium und Zinn werden in Form gasförmiger Verbindungen wie G2H6 oder SnCl4 eingebracht und in reaktionsfreudige Radikale zersetzt, die auf dem erhitzten Substrat stark exotherm unter Freisetzung von Salzsäure (HCl) reagieren. Die entstehende Reaktionswärme trägt lokal dazu bei, dass sich Germanium und Zinn in das Kristallgitter einlagern. Der Prozess läuft unterhalb der eigentlichen Kristallisationstemperatur ab. Läge die Temperatur darüber, würde das Zinn oberhalb des Sättigungspunkts wieder „ausgeschwitzt“.
Forschungszentrum Jülich

Das patentierte Jülicher Verfahren wird mittlerweile von mehreren Forschungsgruppen auf der ganzen Welt genutzt. Durch eine weitere Erhöhung der Zinnkonzentration konnten bereits Laser realisiert werden, die nicht nur bei tiefen Temperaturen, sondern auch bei Raumtemperatur funktionieren.

„Ein hoher Zinngehalt mindert allerdings die Effizienz. Der Laser benötigt dann eine recht hohe Pumpleistung. Bei 12 bis 14 Prozent Zinn sind 100 bis 300 kW/cm2 notwendig“, erklärt Nils von den Driesch. „Wir haben daher versucht, die Zinnkonzentration zu reduzieren, indem wir das Material zusätzlich verspannen, wodurch sich die optischen Eigenschaften noch deutlich verbessern lassen.“

Für den neuen Laser haben die Forscher den Zinngehalt auf rund 5 Prozent heruntergeschraubt – und die benötigte Pumpleistung auf 0,8 kW/cm2 reduziert. Dabei entsteht so wenig Abwärme, dass sich der Laser als erster Gruppe-IV-Halbleiterlaser nicht nur gepulst, sondern auch kontinuierlich im sogenannten Dauerstrich betreiben lässt.

„Diese Werte demonstrieren, dass ein Germanium-Zinn-Laser technologisch machbar ist, der von der Effizienz her dem Niveau gängiger III-V-Halbleiterlaser entspricht. Damit scheint jetzt auch ein Laser für die industrielle Anwendung in Reichweite, der bei Raumtemperatur funktioniert“, erklärt Institutsdirektor Detlev Grützmacher. Denn die Funktion des neuen Lasers ist momentan noch auf optische Anregung und tiefe Temperaturen im Bereich von - 200 bis - 170 Grad Celsius beschränkt.

Ein solcher Laser wäre nicht für die optische Übertragung von Daten, sondern auch für vielfältige andere Anwendungen interessant. Denn für die entsprechenden Wellenlängen im nahen Infrarotbereich zwischen 2 und 4 Mikrometern gibt es bis jetzt kaum kostengünstige Alternativen. Potenzielle Anwendungen reichen von Infrarot- und Nachtsicht-Systemen bis hin zu Gassensoren für die Infrarot-Spektroskopie zur Überwachung von Umwelt- und Atemgasen in der Klimaforschung und Medizin.

So funktioniert ein Laser:

In einem Laser (engl. light amplification by stimulated emission of radiation) wird dem Lasermedium durch einen Pump-Prozess Energie zugeführt. Das Pumpen kann optisch durch Einstrahlung von Licht oder elektrisch erfolgen, wobei die notwendige Pumpleistung je nach Laser stark variieren kann. Die angeregten Elektronen werden so auf ein höheres metastabiles Energieniveau „gepumpt“. Diese Zustände sollen möglichst lange anhalten, sodass eine „Besetzungsinversion“ aufgebaut werden kann, bei der sich eine Vielzahl der Atome oder Moleküle im angeregten Zustand befindet.
Sobald einer der angeregten Zustände in seinen Grundzustand zurückfällt, wird ein Photon ausgesendet. Trifft dieses Photon auf andere angeregte Zustände, so werden diese ebenfalls dazu angestoßen, in ihren Grundzustand zurückzufallen und dabei ein zusätzliches Photon zu emittieren. Diesen Vorgang nennt man „stimulierte Emission“. Durch diese Verdoppelung des stimulierenden Photons wirkt das Lasermedium wie ein Lichtverstärker. Das „frisch entstandene“ zweite Photon regt dann seinerseits andere angeregte Atome oder Moleküle zur Ausstrahlung an. Es kommt zu einer Kettenreaktion, bei der sich eine stehende Welle zwischen den beiden Spiegeln an den Seiten des Lasermediums ausbildet, wobei auf der einen Seite, durch den halbdurchlässigen Spiegel, Laserstrahlung austritt.

Originalpublikation:

Ultra-low threshold continuous-wave and pulsed lasing in tensile strained GeSn alloys

Anas Elbaz, Dan Buca, Nils von den Driesch, Konstantinos Pantzas, Gilles Patriarche, Nicolas Zerounian, Etienne Herth, Xavier Checoury, Sébastien Sauvage, Isabelle Sagnes, Antonino Foti, Razvigor Ossikovski, Jean-Michel Hartmann, Frédéric Boeuf, Zoran Ikonic, Philippe Boucaud, Detlev Grützmacher, Moustafa El Kurdi

Nature Photonics (published online 16 March 2020), DOI: 10.1038/s41566-020-0601-5

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Centre de Nanosciences et de Nanotechnologies (C2N) in Paris vom 18. März 2020 (in Englisch)

Pressemitteilung vom 21. Februar 2017, “Zinn in der Photodiode” https://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2017/2017-02-21-sigesn-diode.html?nn=692044

Pressemitteilung vom 19. Januar 2015 „Neuer Laser für Computerchips“

Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9)

Die Forschung wurde unter anderem durch das Projekt ‘SiGeSn Laser for Silicon Photonics’ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.

Ansprechpartner:

Prof. Detlev Grützmacher, Direktor des Peter Grünberg Instituts, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9)
Tel. +49 2461 61-2340
E-Mail: d.gruetzmacher@fz-juelich.de

Dr. Dan Buca, Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9)
Tel. +49 2461 61-3149
E-Mail: d.m.buca@fz-juelich.de

Dr. Nils von den Driesch, Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9)
Tel. +49 2461 61-4505
E-Mail: n.von.den.driesch@fz-juelich.de

Pressekontakt:

Dr. Regine Panknin
Pressereferentin, Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461 61-9054
E-Mail: r.panknin@fz-juelich.de

Tobias Schlößer
Pressereferent, Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461 61-4771
E-Mail: t.schloesser@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 12.08.2022