AgraSim
Die Forschungsplattform AgraSim kombiniert experimentelle und numerische Simulationen, um die Auswirkungen künftiger Klimaszenarien auf landwirtschaftliche Anbausysteme ganzheitlich untersuchen zu können.
7. September 2025
Am 7. September 2025 nahm die neue Forschungsplattform AgraSim am Forschungszentrum Jülich offiziell den Betrieb auf. Die Einweihung fand im Rahmen des Tages der Neugier statt – im Beisein des Vorstands sowie Ehrengästen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.

Mit AgraSim steht nun im Institut für Bio- und Geowissenschaften – Agrosphäre (IBG-3) eine weltweit einzigartige Infrastruktur bereit, mit der die Forschenden Auswirkungen zukünftiger Klima- und Umweltbedingungen auf Agrarökosysteme erforschen und Maßnahmen zur Optimierung globaler Ökosystem- und Klimamodelle ableiten können.
Forschung mit Weitblick

Herzstück von AgraSim sind sechs automatisierte Versuchseinheiten zur Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Boden, Pflanzen und Klima. Diese Einheiten bestehen aus circa drei Meter hohen Versuchskammern für Pflanzen mit einem Volumen von sieben Kubikmetern, die mit einem drei Tonnen schweren Lysimeter unterhalb dieser Kammern verbunden sind. Diese Lysimeter reichen bis in das Kellergeschoss des Gebäudes hinein. Diese sogenannten Mesokosmen sind isolierte Agrarökosysteme, in denen sich alle wichtigen Prozesse unter kontrollierten Bedingungen simulieren lassen.
Details zu den einzelnen Komponenten, gibt es auf der AgraSim-Website.
In diesen abgeschlossenen Systemen können Forschende Licht, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO₂-Gehalt und Niederschläge exakt steuern. Damit lassen sich Klimaextreme wie Starkregen, Dürren oder Hitzewellen realitätsnah simulieren und Auswirkungen beispielsweise auf das Pflanzenwachstum oder die Kohlenstoffspeicherung im Boden untersuchen.
Die erhobenen Echtzeitdaten – etwa zu Gasaustausch, Photosynthese oder Wassernutzungseffizienz – fließen direkt in numerische Simulationen ein. Auf den Hochleistungsrechnern des Forschungszentrums, zum Beispiel auf dem neuen Exascale-Supercomputer JUPITER, entsteht daraus ein digitaler Zwilling*, der Experimente und Modelle wechselseitig optimiert.
Ziel ist es, robuste Strategien für eine nachhaltige und resiliente Landwirtschaft zu entwickeln.

"Mit AgraSim hat das Forschungszentrum Jülich eine weltweit einmalige Forschungsplattform geschaffen, die auf einzigartige Weise zeigen wird, wie wir den drängenden Fragen unserer Zeit begegnen können. Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft und unsere Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Mit AgraSim können wir Auswirkungen besser verstehen – und daraus konkrete Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft entwickeln sowie Handlungsempfehlungen ableiten," so Prof. Peter Jansens, Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Jülich für den wissenschaftlichen Geschäftsbereich Energie und Klima sowie Bioökonomie.
Einzigartige Zusammenarbeit auf dem Campus

Ein besonderer Vorteil: Die experimentellen Daten liefern nicht nur Erkenntnisse für die Forschung, sondern auch Hinweise, wie die Anlage selbst technisch weiter optimiert werden kann. Die Plattformen und ihre Steuerung wurden in jahrelanger enger Zusammenarbeit zwischen den Forschenden des IBG-3 und Ingenieur:innen und Techniker:innen des Jülicher Institute of Technology and Engineering (ITE) entwickelt, erprobt und aufgebaut. Das ITE übernahm die technische Projektleitung, sowie die Entwicklung und Konstruktion der gesamten Anlage.
Dadurch kann das ITE auch Anpassungen unmittelbar vor Ort umsetzen – schnell und präzise. Dieses enge Zusammenspiel von Wissenschaft und Technik garantiert höchste Datenqualität und macht AgraSim flexibel, unabhängig, konkurrenzstark und verschafft der Plattform ein weltweites Alleinstellungsmerkmal.
Stimmen aus dem Projekt AgraSim

„AgraSim ist weltweit einzigartig in seiner Kombination von experimentellen, analytischen und simulationstechnischen Möglichkeiten“, erklärt Prof. Nicolas Brüggemann (IBG-3).

„AgraSim wird strategisch nicht nur einen wichtigen Meilenstein für die Erforschung von Agrarökosystemen, sondern auch für die Zukunft der Bioökonomie der gesamten Helmholtz-Gemeinschaft darstellen,“ sagt Prof. Harry Vereecken (IBG-3).

„Die gesamte Infrastruktur und Technologie wurden hier vor Ort entwickelt, geplant und umgesetzt, von der Simulation bis zum fertigen Bau. Das macht uns völlig unabhängig, sichert höchste Qualität und verschafft uns einen enormen Wettbewerbsvorteil,“ so Prof. Ghaleb Natour (ITE).

„Mit dem digitalen Zwilling von AgraSim können wir nicht nur unterschiedliche Klimaszenarien virtuell durchspielen, sondern auch gezielt landwirtschaftliche Managementstrategien testen. So lassen sich Handlungsmöglichkeiten entwickeln, die helfen, Landwirtschaft nachhaltig und widerstandsfähig gegenüber den Folgen des Klimawandels zu gestalten,“ so Prof. Andrea Schnepf (IBG-3), die mit einem achtköpfigen Team aus Modellierern an der Modellierungskomponente von AgraSim arbeiten wird.
Förderung
Gefördert wurde die Infrastruktur im Rahmen des Helmholtz-Programms „Changing Earth – Sustaining our Future“ sowie durch das damalige Bundesministerium für Bildung und Forschung (heute Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt).
Der digitale Zwilling von AgraSim
Ein digitaler Zwilling ist ein virtuelles Abbild eines realen Systems. Bei AgraSim bildet er die Versuchseinheiten – Böden, Pflanzen und Klima – am Computer nach.
Alle Messdaten fließen direkt in dieses Modell ein. So können Szenarien durchgespielt werden, die im Experiment nicht parallel laufen könnten, etwa extreme Wetterlagen oder langfristige Klimaentwicklungen.
Das Besondere: Der digitale Zwilling ist keine Einbahnstraße. Simulationen liefern Vorhersagen zu den Auswirkungen künftiger Klimabedingungen auf die Landwirtschaft, die im Labor überprüft werden. Umgekehrt verfeinern neue Messwerte das Modell. So entsteht ein ständiger Kreislauf zwischen Realität und Simulation – und AgraSim wird zu einem einzigartigen Werkzeug für die Landwirtschaft der Zukunft.
Head of research group "Plant-Soil-Atmosphere Exchange Processes"
Direktor
Direktor
Head of research group "Soil-, Root Systems and Rhizosphere Processes"
Wissenstransfer und Kommunikation