Modellierung
Die Arbeitsgruppe Modellierung entwickelt mathematisch-numerische Beschreibungen der physikalischen Vorgänge bei Herstellungsprozessen und beim funktionalen Betrieb der hergestellten Komponenten.
Das dadurch gewonnene Verständnis unterstützt die Entwicklung moderner Prozesstechnik und ist Grundlage für die Herstellung von Komponenten mit optimalen funktionalen Eigenschaften. Dabei wenden wir hauptsächlich makroskopische Simulationsmethoden (Finite Elemente Methode: Mechanik und Multiphysics, Strömungsmechanik – CFD), analytisch-numerische Modelle (z.B. zur Lebensdauerberechnung), aber auch mesoskopische Simulationen unter Auflösung des Werkstoffgefüges (Monte Carlo, Diffusion) an. Für die Rechnungen steht neben verschiedenen Arbeitsstationen ein Rechen-Cluster mit 320 Kernen und 3.2 TB RAM zur Verfügung. Die wichtigsten thermomechanischen Materialeigenschaften (E-Module, Viskositäten, Sinterschrumpf etc.) können wir mit eigenen Messgeräten messen. Im Folgenden einige Beispiele aus unserer Arbeit.
Thermisches Spritzen: Plasmajets und Schichtmikrostrukturen
Links: Simulierte Temperaturverteilung des Strahl beim Atmosphärischen Plasmaspritzen; rechts: Simulierte Mikrostruktur einer mittels PS-PVD aufgetragen Schicht
Wir modellieren mittels CFD das Strömungsfeld, die Temperaturverteilung und die Bahnen injizierter Partikel während des Atmosphärischen und Suspensions-Plasmaspritzen, PS-PVD sowie Aerosolspritzen, womit ein Verständnis für die experimentell schwer zugänglichen Prozesse gewonnen wird. Darüberhinaus simulieren wir insbesondere für PS-PVD die Mikrostruktur der abgeschiedenen Schichten mit Hilfe Monte-Carlo-Rechnungen für die transportierten Material-Cluster in Abhängigkeit der Prozessparameter.
Lebensdauer von Wärmedämmschichten
Links: Spannungsberechnung in einer Wärmeschicht an der Grenzfläche zur Haftvermittlerschicht für eine reale Oberflächentopographie; rechts: Lebensdauerberechnung für eine vereinfachte Oberflächengeometrie
Die zeitaufwändige, experimentelle Untersuchung des Versagens von Schichtsystemen wird durch die Modellierung des Versagensmechanismus ergänzt. Wärmeschichtsysteme für Gasturbinen tragen sowohl für die Zuverlässigkeit als auch für die Sicherheit entscheidend bei. Wir entwickelten deshalb für dieses Materialsystem ein statistisches Modell für dessen Lebensdauer und deren Streuung, welches die Veränderungen im Schichtaufbau und der Materialeigenschaften während des Betriebs berücksichtigt, die mechanischen Spannungen über die Zeit berechnet, die über ein unterkritisches Rißwachstum das Material schwächen und schließlich zum Versagen der Schicht führen.
Prozesssimulation des Feldgestützten Sinterns
Links: Berechnetes Temperaturfeld beim Feldgestützten Sintern (FAST); rechts: simulierte Gefügeentwicklung
Im Bereich des Sinterns von Keramik, führen wir Simulationen für neuartige Herstellprozesse, wie das feldgestüzte Sintern (FAST/SPS) und das Fash-Sintern, durch. Finite-Elemente-Berechnungen der Temperaturverteilung und deren zeitliche Änderung dienen als Werkzeug, eine Strategie zur Steuerung und Verbesserung der Prozesse zu entwickeln. Die resultierenden Mikrostrukturen werden mit Hilfe von Monte-Carlo-Rechnungen beschrieben, die es uns ermöglichen, das Zeitverhalten der Verdichtung, des Kornwachstums und der Porenvergröberung zu untersuchen.
Transport von Gasen in Gastrennmembranen
Strömungsfeldberechnung in einem realen porösen Substrat für eine Sauerstoffmembran
Die Trägerstruktur von Membranen für die Gastrennung oder Membranreaktoren bestimmt die Leistungsfähigkeit des gesamten Membranverbundes wesentlich mit. In Abhängigkeit von den Betriebsmodi (Druck, Gaszusammensetzung, Benutzung von Sweep-Gas, Orientierung der Trägerseite) wird der Fluss durch den Membranverbund z.B. unter Nutzung des Binary-Friction-Modells berechnet, wobei die Transportparameter gemessen oder durch Simulation für reale Mikrostrukturen (Computertomogramme) bestimmt werden. Durch die gefundenen Zusammenhänge konnten Strategien zur Optimierung der Mikrostruktur entwickelt werden, die in der Praxis umgesetzt werden.
Mechanische Belastung in Festkörper-Batterien
Elastischer Spannungszustand in einer rekonstruierten dreidimensionalen Mikrostruktur einer Komposit-Kathode aus LiCoO2 (LCO) / Li7La3Zr2O12 (LLZ) nach dem Laden der Festkörperbatterie
Festkörperbatterien mit einem dichten Gefüge in den Elektroden weisen im Gegensatz zu Batterien mit flüssigen Elektrolyten eine sehr geringe Toleranz für die Dehnung durch die Volumenänderung beim Laden und Entladen auf, wodurch große mechanische Spannungen entstehen und das Material schädigen. Aufbauend auf Spannungsrechnungen in realen Mikrostrukturen (aus hochauflösenden rasterelektronenmikroskopischen Schnittbildern, FIB-REM) entwickeln wir Mikrostrukturen, die deutlich dehnungstoleranter sind, somit fast keine mechanischen Spannungen erzeugen, und dennoch alle Rahmenbedingungen (Leitfähigkeit, Kapazität) für ein Elektrodenmaterial erfüllen.