Quasikristall aus Fullerenen

Jülich, 22. Mai 2017 – Seit rund 35 Jahren sind Forscher fasziniert von einer neuartigen Materialklasse, den Quasikristallen. Ihre Entdeckung wurde 2011 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Lange wurden Quasikristalle nur in ternären Legierungen gefunden, also Metallen, die aus drei unterschiedlichen Atomsorten bestehen. Später kamen andere Systeme, etwa Flüssigkristalle oder Perowskitfilme, hinzu. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben nun eine weitere Klasse von Quasikristallen entdeckt und mittels Computersimulationen geklärt, wie die besondere Anordnung der Moleküle zustande kommt.

Aufgrund ihrer speziellen Struktur zeigen Quasikristalle eine Reihe von besonderen physikalischen Eigenschaften. Sie werden heute bereits für Pfannenbeschichtungen oder Katalysatoren eingesetzt. Die neu entdeckte Klasse ist insbesondere für optische Anwendungen, etwa zur Herstellung photonischer Kristalle, interessant. Darüber hinaus schafft sie neue Möglichkeiten des Studiums magnetischer Systeme.

Quasikristall-Struktur aus Fullerenen
Zweidimensionale Quasikristall-Struktur aus Fullerenen mit zwölfzähliger Symmetrie
Nature Communications (2017), DOI: 10.1038/ncomms15367 (CC BY 4.0)

Klassische Kristalle besitzen eine periodische Struktur, deren Elementarzellen sich ähnlich wie bei einem Schachbrettmuster in regelmäßigen Abständen wiederholen. Die Möglichkeiten für derartige Strukturen sind beschränkt: In zwei Dimensionen lassen sich beispielsweise nur zwei-, drei-, vier und sechszählige Symmetrien lückenlos zusammenfügen. Quasikristalle erlauben dagegen auch andere Symmetrien – fünfzählige etwa, oder die nun entdeckte zweidimensionale Struktur mit zwölfzähliger Symmetrie, deren drei- und viereckige Grundelemente aus Fullerenen sich unregelmäßig über das Substrat verteilen.

Forscher des Jülicher Peter Grünberg Instituts (PGI-1, PGI-5, PGI-7) hatten die auch als „Fußballmoleküle“ bekannten Fullerene auf einer Platin-Titan-Legierung abgeschieden. Mittels rechenintensiver Ab-initio-Simulationen auf dem Jülicher Superrechner JUQUEEN gelang es ihnen, die Anordnung der Fullerene auf die spezielle Wechselwirkung mit der zugrunde liegenden Legierung zurückzuführen. Die detaillierten Erkenntnisse könnten es künftig ermöglichen, maßgeschneiderte Quasikristalle mit bestimmten Qualitäten herzustellen.

Quasikristall aus Fullerenen
Die Abbildung zeigt von oben nach unten, wie sich zunächst die Platin-Titan Legierung aufbaut, wo die energetisch bevorzugten Plätze sind (blaue Punkte), wie sich schematisch die Fulleren-Moleküle zu einer aperiodischen Ordnung aus Dreiecken und Vierecken anordnen und geht dann in eine hochauflösende Rastertunnelmikroskopaufnahme der quasikristallinen Struktur über.
Forschungszentrum Jülich / S. Karthäuser

Originalveröffentlichung:

M. Paßens, V. Caciuc, N. Atodiresei, M. Feuerbacher, M. Moors, R.E. Dunin-Borkowski, S. Blügel, R. Waser, S. Karthäuser
Interface-driven formation of a two-dimensional dodecagonal fullerene quasicrystal
Nature Communications (published 22 May 2017), DOI: 10.1038/ncomms15367

Peter Grünberg Institut, Quanten-Theorie der Materialien (PGI-1 / IAS-1)
Peter Grünberg Institut, Mikrostrukturforschung (PGI-5)
Peter Grünberg Institut, Elektronische Materialien (PGI-7)

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Peter Grünberg Institut, Elektronische Materialien (PGI-7)
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Letzte Änderung: 24.10.2022