Live aus dem Kontrollraum
Über den Umbau des WASA Detektors habe ich ja schon berichtet. Mittlerweile sind wir mitten in der ersten Messung. Und weil es gerade so gut läuft, gibt es jetzt einen Livebericht direkt vom Experiment.
Wie ich schon in einem früheren Beitrag geschrieben hatte, kann man Detektoren nicht einfach kaufen. Da zusätzlich die Experimente auf immer neue Fragestellungen ausgerichtet werden, sind auch die entsprechenden Messaufbauten einer kontinuierlichen Veränderung unterworfen. Gerade bei Experimenten, die am umlaufenden Strahl eines Speicherrings durchgeführt werden, bedarf dies einer langfristigen Planung, da nur während der (relativ kurzen) Abschalt- und Wartungsphasen ein Zugang zu den Geräten besteht. Innerhalb des letzten Jahres haben wir den WASA Detektor so umgebaut, dass er nun für unsere geplanten Polarisationsmessungen optimal geeignet ist.
Wer meine Beiträge bis hier aufmerksam gelesen hat, dem wird vielleicht etwas aufgefallen sein. Einerseits habe ich geschrieben, dass wir elektrische Dipolmomente messen wollen und dass man hierzu starke elektrische Felder braucht, andererseits ist der Beschleuniger und Speicherring COSY – an dem wir unsere technischen Entwicklungen testen und erste Messungen am Deuteron durchführen wollen – ein rein magnetischer Ring. Wie passt das zusammen?
Da ich so langsam auch mal bei dem ankommen möchte, was wir so an Experimenten an COSY machen, will ich diesen Beitrag dazu nutzen ein wenig darauf einzugehen, wie denn ein Beschleuniger funktioniert. Und weil ich selbst kein Beschleunigerphysiker bin, sondern mich besser mit Teilchendetektoren und Streuexperimenten auskenne, verspreche ich, dass das ganze auch nur unwesentlich komplizierter wird als Bömmels Erklärung der „Dampfmaschin“. Experten mögen mir meine starken Vereinfachungen verzeihen.
Teilchendetektoren, wie ich sie in meinem letzten Beitrag gezeigt habe, kann man nicht im Laden kaufen. Wer ein neues Experiment an einem Beschleuniger machen möchte, muss sich genau überlegen, was ein passender Detektor können muss, wie er aussehen muss und auch wie die Detektorsignale digitalisiert werden müssen, damit sie später im Rechner analysiert und weiterverarbeitet werden können. Dazu müssen auch Detektormaterialien und einzelne Komponenten vorab unter realistischen Bedingungen getestet werden.
Es gibt zwar auch bereits eine Pressemitteilung des Forschungszentrums dazu, aber ein freudiges Ereignis darf man ja mehr als einmal feiern: Prof. Hans Ströher, der Institutsdirektor des IKP-2, hat es geschafft einen der sehr begehrten Advanced Grants des European Research Councils zugesprochen zu bekommen. Dazu herzlichen Glückwunsch. Diese Grants sind dazu gedacht „… to allow outstanding research leaders of any nationality and any age to pursue ground-breaking, high-risk projects in Europe“ (Zitat von der ERC Webseite).
Nachdem wir die Präzession des Spins als wichtige Beobachtungsgröße in der Messung eines elektrischen Dipolmoments ausgemacht haben, müssen wir auch in der Lage sein die Richtung dieses Spins verfolgen zu können. Bisher ist in meinen Beiträgen der Drehimpuls eines Teilchens immer nur als blauer oder schwarzer Pfeil aufgetaucht. So einfach macht es uns die Natur aber natürlich nicht. Wenn man messen will, in welche Richtung der Spin zeigt, muss man Messungen durchführen – und die haben natürlich auch einen Einfluss auf das System, dass ich beobachten will.
So ein Kreisel ist schon ein seltsames Ding. Wenn man seine Achse in eine bestimmte Richtung drehen will, wird sie nicht einfach folgen. Stattdessen wird der Kreisel mit seiner Achse zur Seite ausweichen. Das widerspricht zwar irgendwie unseren naiven Erwartungen, aber jeder Fahradfahrer nutzt genau dieses Prinzip intuitiv zum Kurvenfahren – und wir nutzen es zur Messung elektrischer Dipolmomente.
Elektrische Dipolmomente sind im Alltag eigentlich nichts besonders. Sie entstehen, wenn die Schwerpunkte von positiver und negativer Ladung in einem Objekt gegeneinander verschoben sind. Ohne sein Dipolmoment hätte z.B. das Wasser, auf dem unser aller Leben beruht, andere physikalische Eigenschaften. Auf der Ebene von Protonen und Neutronen sieht das aber ganz aus.
Bild oder Spiegelbild? Können wir eine Welt von einer Spiegelwelt unterscheiden? Unsere Erfahrungen mit dem täglichen Blick in den Spiegel scheinen für ein „Nein“ zu sprechen und in der Tat glaubte man das auch lange Zeit: alle Naturgesetze schienen symmetrisch bzgl. einer Spiegelung zu sein. Dass dem nicht so ist, wurde erst 1956 von Chien-Shiung Wu in dem nach ihr benannten Wu-Experiment gezeigt.
Wissenschaft wird vor allen Dingen davon weitergetrieben, dass der Mensch von Natur aus neugierig ist. Auf die Erkenntnis „ich denke, also bin ich“ folgt meist auch direkt die Frage „aber warum bin ich eigentlich?“. Diese lässt sich sowohl als Sinnfrage („42„) als auch als Existenzfrage verstehen. Für das eine sind meist Philosophen zuständig, für das andere – in letzter Konsequenz – Physiker. Stellschrauben, an denen man drehen kann, damit das Universum nicht so aussieht, wie es das heute tut, gibt es viele. In diesem Blog wird es um eine davon gehen. (Foto by NASA / Bill Anders [Public domain], via Wikimedia Commons)