Ultraschnelle Quanteneffekte in kostengünstigen Materialien entdeckt

Durchbruch in Perowskit-Filmen könnte die Entwicklung von Quantentechnologien beschleunigen

Cambridge, Großbritannien/Jülich, Garching und München, Deutschland – 13. November 2025. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Samuel D. Stranks an der University of Cambridge in Großbritannien hat ultraschnelle Quanteneffekte in einem einfachen, preiswerten Halbleitermaterial beobachtet – ein Durchbruch, der künftige Quantengeräte schneller und günstiger machen könnte. In der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology berichten die Forschenden erstmals über die Beobachtung von Quantentransienten im Pikosekundenbereich – Lichtemissionen, die nur Billionstel Sekunden dauern – in Formamidinium-Bleiiodid (FAPbI₃)-Filmen. Diese Effekte entstehen spontan innerhalb von Nanodomänen-Supergittern, ohne dass aufwändige oder teure Nanostrukturen erforderlich sind.

Ultraschnelle Quanteneffekte in kostengünstigen Materialien entdeckt
In FAPbI₃-Dünnschichten treten ultraschnelle Quantentransienten auf.
Dengyang Guo, Thomas A. Selby et al. Nature Nanotechnology (2025). Published under Creative Commons CC BY 4.0 licence.

Halogenid-Perowskite sind vielversprechende Materialien für optoelektronische Bauelemente wie Solarzellen, Leuchtdioden und Quantenlichtquellen. Ultraschnelle Emissionsraten, wie sie für fortschrittliche Quantenanwendungen erforderlich sind, konnten jedoch bislang nur mit teuren, epitaktisch gewachsenen III-V-Materialien erreicht werden. Das Forschungsteam hat nun entdeckt, dass Bulk-Formamidinium-Bleijodid (FAPbI₃)-Filme, die mit skalierbaren Lösungs- oder Dampfverfahren hergestellt wurden, Quantenemissionen mit extrem schmalen Linienbreiten (<2 nm) und Abklingzeiten im Pikosekundenbereich aufweisen können.

Mithilfe einer multimodalen Strategie, die ultraschnelle Spektroskopie, kryogene hyperspektrale Photolumineszenzmikroskopie und Rasterelektronenbeugung kombiniert, konnten die Forscher den strukturellen Ursprung dieser Quanteneffekte genau bestimmen: geschichtete, nanostrukturierte Supergitter, die durch abwechselnd eck- und flächenteilende Oktaeder gebildet werden. Diese periodische Struktur schafft eine natürliche, intrinsische quantenbegrenzte Umgebung, die einem Kronig-Penney-Supergitter ähnelt.

Dr. Baohu Wu bedient die Kleinwinkelröntgenstreuanlage KWS-X im SAXS/WAXS-Labor des JCNS am MLZ.
Dr. Baohu Wu bedient die Kleinwinkelröntgenstreuanlage KWS-X im SAXS/WAXS-Labor des JCNS am MLZ.
Bernhard Ludewig, FRM II / TUM

Der Hauptbeitrag zu dieser Forschung stammt vom Team der Universität Cambridge, das die Herstellung der Proben, die ultraschnellen spektroskopischen Messungen, die Strukturanalyse und die Datenmodellierung leitete. Kryogene Klein- und Weitwinkel-Röntgenstreuungsmessungen (SAXS/WAXS), die für das Verständnis des Strukturverhaltens bei niedrigen Temperaturen entscheidende Unterstützung bei der Charakterisierung leisteten, wurden von Dr. Baohu Wu vom Jülich Centre for Neutron Science (JCNS) am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ) in Garching bei München sowie Dr. Renjun Guo und Prof. Peter Müller-Buschbaum vom Fachbereich Physik der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt.

Die Entdeckung zeigt, dass ultraschnelle Quantenphänomene, die bisher nur in aufwändig gefertigten Materialien realisierbar waren, auch in kostengünstigen, leicht herstellbaren Perowskit-Filmen auftreten können. Dies eröffnet neue Wege, um leistungsstarke Quantenemitter für Anwendungen in den Bereichen ultraschnelles Rechnen, Kommunikation und Sensorik zu entwickeln. Darüber hinaus stellt der in dieser Arbeit etablierte multimodale Ansatz eine leistungsstarke, übertragbare Plattform für die Untersuchung von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen in einer Vielzahl von fortschrittlichen Materialien dar.

Originalveröffentlichung:
Dengyang Guo, Thomas A. Selby et al. "Picosecond quantum transients in halide perovskite nanodomain superlattices." Nature Nanotechnology (2025).
https://doi.org/10.1038/s41565-025-02036-6

Weitere Information zur SAXS/WAXS-Labor-Beamline am MLZ:
SAXS Labor / MLZ

Letzte Änderung: 13.11.2025