„Nachhaltigkeit treibt uns an“

Im Interview mit Prof. Dr. Egbert Figgemeier vom Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen Universität zum Tag der Batterie am 18. Februar 2024.

„Nachhaltigkeit treibt uns an“
Privat

18. Februar 2024 – Prof. Dr. Egbert Figgemeier vom Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen Universität forscht an seinem Lehrstuhl zu den Themen Alterung und Lebensdauer von Batteriezellen. Zum Tag der Batterie am 18. Februar 2023 spricht er über aktuelle Herausforderungen und darüber, wie Nachhaltigkeit seine Arbeit prägt.

In welchem Bereich der Batterieforschung sind Sie tätig?

Egbert Figgemeier: Ich forsche im Bereich Alterung und Lebensdauer von Batteriezellen. Darüber hinaus beschäftigen ich und meine Gruppe uns aber auch mit neuen Materialien und neuen Prozessen für Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sowie mit alternativen Batteriesystemen.

Was waren die wichtigsten Meilensteine Ihrer Arbeit in den letzten Jahren?

Egbert Figgemeier: Es ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir haben vor kurzem eine Pilotanlage für die kontinuierliche Prozessierung von Elektroden im Labor in Betrieb genommen. Die Elektroden werden hier im industriellen Maßstab elektrochemisch lithiiert. Das bedeutet, dass auf der Anode bereits im Herstellungsprozess Lithium eingelagert wird. Das entspricht einem ersten Ladevorgang. Wir arbeiten hier nicht mehr mit kleinen Stücken, wie bisher im Labor üblich, sondern mit großen bis zu 30 cm breiten Rollen des Elektrodenmaterials. Mithilfe der Anlage können wir in einem kontinuierlichen Forschungsprozess zum einen die Lebensdauer verlängern und zum anderen die Energiedichte der Batteriezelle steigern. Das ist notwendig auf dem Weg zur Marktreife. Es wird leider immer wieder unterschätzt, wie lange es dauert, um vom Labormaßstab zum Industriemaßstab zu gelangen. Von der Erfindung, über die Innovation bis zum Produkt benötigt man da schon mal zehn Jahre.

Welche Ziele sind im nächsten Schritt zu erreichen?

Egbert Figgemeier: Mit den vorlithiierten Elektroden industriereife Zellen herzustellen. Wir planen aktuell, die fertigen Elektroden an Kooperationspartner:innen in Münster zu liefern, welche dann von den Kolleg:innen dort mit ihren Geräten zu fertigen Zellen im Industriemaßstab weiterverarbeitet werden.

Welche sind die aktuell größten Herausforderungen bei der Entwicklung der Zellen?

Egbert Figgemeier: Es sind immer wieder viele kleine Probleme zu lösen, wenn es um die Skalierung geht, sowohl in der Zelle als auch in der Prozesskette. Die behandelten Elektroden können beispielsweise sehr viel reaktiver sein als die unbehandelten Elektroden, weil sie bereits geladen sind und somit unter Spannung stehen. Außerdem müssen die Elektroden von unserem HI-MS-Standort in Aachen nach Münster gebracht werden. Da sie empfindlich gegenüber Feuchtigkeit sind, müssen sie unter Trockenraum-Atmosphäre verpackt und transportiert werden. Und jedes Elektrodenmaterial, das wir als Rohmaterial erhalten, verhält sich chemisch etwas anders, je nach Hersteller. Das heißt, sobald wir von einem anderen Hersteller beliefert werden, müssen die Prozesse angepasst werden. Häufig haben wir Ideen, welche Ursachen dahinter liegen könnten, sodass wir diese gezielt adressieren können, aber die Arbeit basiert auch viel auf Trial-and-Error. Und es ist ein tiefes wissenschaftliches Verständnis ist für die Fehlersuche notwendig.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihrer Forschung?

Egbert Figgemeier: Nachhaltigkeit treibt uns an, es ist eine Kernkomponente geworden. Natürlich ist das politisch und gesellschaftlich auch so gewollt. Nachhaltigkeit ist der Treiber für neue Materialien, die beispielsweise in Europa besser verfügbar sind als herkömmliche, und der Treiber für die Entwicklung von Batterien, die mit weniger Energieaufwand hergestellt werden können sowie eine längere Lebensdauer aufweisen.

Welches Batteriesystem Ihrer Forschung halten Sie aktuell für besonders vielversprechend?

Egbert Figgemeier: Die Lithium-Ionen-Batterie wird meiner Ansicht nach in den nächsten 30 Jahren das vorherrschende System bleiben, da sie besonders energiedicht und langlebig ist. Natrium-Ionen-Batterien halte ich in der Zukunft für vielversprechend, da Natrium aus Salz gewonnen wird und dadurch besonders gut verfügbar, günstig und wenig umweltbelastend ist. Momentan machen wir hier allerdings noch Kompromisse bei der Energiedichte und der Lebensdauer.

Vielen Dank!

Aktuelle Publikationen des Helmholtz-Instituts Münster zu Lebensdauer und Alterung von Batteriezellen:

ACS Appl. Energy Mater. 2023, 6, 6, 3413-3421, DOI: 10.1021/acsaem.2c04128

Nature Communications 2021, 12, 5459, DOI: 10.1038/s41467-021-25334-8

ChemSusChem 2019, 12, 12, 2515-2539, DOI: 10.1002/cssc.201900209

Letzte Änderung: 19.02.2024