JULIAC - DEM KLIMAWANDEL AUF DER SPUR
„Saubere Luft“ ist ein hochaktuelles Thema und rückt die Selbstreinigung der Atmosphäre in das Zentrum vieler Untersuchungen. Im Forschungszentrum Jülich erfolgt ein wichtiger Teil der Atmosphärenforschung in der Atmosphärenkammer SAPHIR. In einem 20 Meter langen Teflon-Schlauch untersuchen unsere Kolleginnen und Kollegen des Instituts IEK-8 (Institut für Energie- und Klimaforschung, Troposphäre) die Zusammensetzung von Luft, beispielsweise darauf wie viel Ozon oder Feinstaub diese enthält.

AUSSENLUFTZUFUHR FÜR DIE SAPHIR-KAMMER
Dazu wird unter anderem über ein Jahr hinweg die saisonale Änderung der Tag- und Nachtchemie, der für die Selbstreinigung der Atmosphäre wichtigen Radikale, sprich die sich im Jahresverlauf verändernden Emissionsmuster von Spurengasen untersucht.
Hierzu muss SAPHIR mit Luft versorgt werden, die aus einer Höhe von etwa 50 Meter (ü. G.) angesaugt wird. Wichtig ist hierbei, dass die umstehenden Bäume und Gebäude deutlich überragt werden. Somit wird die angesaugte Luft vom direkten Einfluss lokaler Emissionen, z. B. durch vorbeifahrende Autos, entkoppelt.
Diese Untersuchungen werden seit Ende 2018 auf dem Gelände des Forschungszentrum Jülich durchgeführt. Die Luftzusammensetzung auf dem Campus ist durch lokale Emissionen biogener, flüchtiger organischer Verbindungen aus dem umgebenden Mischwald geprägt, sowie durch anthropogene Spurengase aus Verkehr, Städten und Landwirtschaft der Umgebung. Die zu untersuchende Luft wird durch SAPHIR geleitet, in der die chemische Zusammensetzung und ablaufende chemische Prozesse unter Einfluss von Sonnenlicht mit einer Vielzahl von Messinstrumenten analysiert werden. Die gemessenen Datensätze dienen zur Überprüfung und Verbesserung atmosphären-chemischer Modelle, welche für die regionale und globale Vorhersage von atmosphärischen Luftschadstoffen benötigt werden.
JULIAC, möglichst schnell und mit wenig Kontakt
Ziel des Projekts Juelich Atmospheric Chemistry Study (JULIAC) ist es, die Zusammensetzung der Luft bezüglich ihres Gehalts an Spurengasen (Ozon, Stickoxide, Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe) und an feinen Partikeln (< 2.5 µm) möglichst wenig zu verändern. Das heißt, alle Komponenten des Gasfördersystems müssen so beschaffen sein, dass der Verlust an Spurengasen und Partikeln an den Wänden der Komponenten möglichst gering ist und dass die Oberflächen, die in Kontakt mit der Luft sind, selber nicht als Quelle von Verunreinigungen wirken. Zum Beispiel Kohlenwasserstoffe aus Öl- und Schmiermitteln, die in einem Drehkolbengebläse verwendet werden.
Technische Herausforderung
Alle Teile wurden so ausgelegt, dass sie möglichst keine Kontamination der Luft verursachen. Bei komplexen Bauteilen wurde besonders auf geeignete Materialien geachtet. Größtenteils werden die Flächen mit einer speziellen patentierten Beschichtung versehen, um eine Reaktion der Spurengase und Radikale an den Oberflächen der Bauteile zu vermeiden. Da die Spurengase und freien Radikale in der Luft sehr reaktionsfreudig sind, muss zudem die Verweildauer während der Zuführung möglichst klein gehalten werden. Diese Anforderungen lassen sich am besten dadurch erfüllen, dass man von vorneherein versucht, die Oberfläche, mit der die Luft in Kontakt kommt, zu minimieren. Das bedeutet, dass die Rohrleitung zum einen so nah wie möglich an die SAPHIR-Kammer angebracht wurde und dass die Luft zum anderen mit einer hohen Geschwindigkeit eingesaugt und in die Kammer transportiert wird. Neben der Rohrleitung als Hauptbestandteil gehört zum Instrument ein Turboverdichter, der den notwendigen hohen Luftdurchsatz ermöglicht.
Eine weitere technische Herausforderung ist der Druckverlust innerhalb der Rohrleitung, der einen deutlichen Temperaturabfall versursacht und zu Kondensationen führen kann. Daher wurde eine Begleitheizung entwickelt. Wodurch sich in den temperierten Rohrleitungen kein Kondensat bildet.
Zentral ist zudem die Regulation des Volumenstroms zur SAPHIR-Kammer. Nur ein kleiner Teil der angesaugten Luft wird in die SAPHIR-Kammer geführt, der Großteil wird in die Umgebung wieder abgegeben. Dank der im ZEA-1 entwickelten Steuerung kann zusätzlich zum Volumenstrom auch die benötigte Druckdifferenz der SAPHIR-Kammer (ca. 40 Pa Überdruck zum Außendruck) realisiert werden. Gleichzeitig können experimentelle Gase über eine kleine Zuführung hinzugegeben werden. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern steht so durch JULIAC ein breites Versuchsspektrum zur Verfügung.
Unsere Kollaborationen mit den Kolleginnen und Kollegen auf dem Campus rund um SAPHIR ist ein gutes Beispiel für unser Verständnis von partnerschaftlichen Unterstützung. Ob Luftschadstoffe und Klimagase oder Wasserkreisläufe und Pflanzenwachstum – durch unserer Beratungs- und Entwicklungskompetenzen konzipieren, entwickeln und fertigen wir wissenschaftlich-technische Geräte und Anlagen unter anderem auch für die Umweltforschung. In enger Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entstehen so weltweit einzigartige Messgeräte, die auf dem Markt nicht erhältlich sind.
Technische Daten
Gewichtsballast Kranturm: 120 t
Höhe Lufteinlass: 52,5 m
Länge Rohrleitung bis SAPHIR: 67,8 m
Innendurchmesser Rohrleitung: ø104 mm
Außendurchmesser der Steigleitung: ca. ø210 mm
Arbeitsbereich Turboverdichter: 30 – 1000 m³/Std
Volumenstrom in die SAPHIR-Kammer: 30 – 250 m³/Std
Filterleistung Zyklon: alle Teilchen über 10 µm (zu 90 Prozent) herausgefiltert
Oberflächentemperatur Rohrleitung: +2 K zur Lufttemperatur
Heizleistung: 6300 W
Automatisierungssystem: Siemens S7