Forschungsaktivitäten
Vision
Die erste Quantenrevolution wurde vor über 60 Jahren durch die Erfindung des ersten Lasers angeheizt, welcher die Quantenmechanik in reale Anwendungen brachte und im Laufe der Zeit viele verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft revolutionierte. Heutzutage sind sie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und werden allgegenwärtig in Telekommunikationsanwendungen, medizinischen Behandlungen bis hin zu Barcode-Scannern eingesetzt.
In den letzten Jahren wurden die Weichen für die zweite Quantenrevolution gestellt, welche auf die Manipulation einzelner Quantenteilchen wie Atomen, Spins und Photonen abzielt. Im Bereich von Quantencomputern sind einzelne Atome und Spins als stationäre lokale Qubits prädestiniert, während Photonen der einzig mögliche fliegende Qubit-Typ sind, um Information zwischen entfernten Qubits zu auszutauschen. Die Verleihung des Physik-Nobelpreises 2022 für Experimente mit verschränkten Photonen wird den Fortschritt im Bereich der photonischen Quantentechnologien weiter vorantreiben, was Anwendungen in besagten Quantencomputern oder der sicheren Quantenkommunikation mit sich bringt.
Unsere Gruppe arbeitet an der Entwicklung solcher neuartiger Quantenbauelemente, die auf II-VI- oder III-V-Halbleiter-Nanostrukturen basieren. Dabei stützt sich unsere Forschung auf drei Eckpfeiler, angefangen bei Materialwachstum und -entwicklung über die Nanobearbeitung der Bauelemente bis hin zur optischen und elektrischen Charakterisierung der Prototypen. Mit diesem Ansatz deckt unsere Gruppe die gesamte Wertschöpfungskette von Forschung, Technologie und Engineering ab.
Wachstum und Entwicklung von II-VI- und III-V-Verbindungshalbleitern
Die erste wichtige Säule unserer Arbeit ist das Materialwachstum und die Entwicklung von Verbindungshalbleitersystemen. Dies geschieht im Nanocluster , einem einzigartigen Multi-Material-Cluster-Tool, das über diverse Abscheidungssysteme für verschiedene Materialklassen verfügt, welche alle unter Ultrahochvakuumbedingungen miteinander verbunden sind. Typische Materialien sind II-V-Verbindungshalbleiter wie Zink(-Magnesium)Selenid (Zn(Mg)Se) oder Cadmiumselenid (CdSe), die aufgrund ihrer hervorragenden optischen Eigenschaften für künftige Quantenemitter im sichtbaren Spektrum besonders interessant sind. Ein weiteres prominentes Halbleitersystem ist das der III-V-Halbleiter wie Galliumarsenid (GaAs) oder Indiumarsenid (InAs), die traditionell in der Hochfrequenzelektronik und optischen Anwendungen im infraroten Spektralbereich eingesetzt werden.

Der Cluster ermöglicht nicht nur die Epitaxie, d. h. das wohldefinierte, einkristalline Wachstum dünner Schichten auf vorgegebenen Substraten, sondern auch die vollständige in-situ Kombination verschiedener Materialsysteme.
Ein Beispiel für die aktuelle Forschung in unserer Gruppe sind hybride Halbleiter-Nanodrähte. Diese quasi-eindimensionalen Strukturen mit einer Länge von mehreren Mikrometern und Durchmessern im Bereich von einigen zehn Nanometern bestehen aus einem III/V-Materialkern und einer ihn umgebenden II/VI-Halbleiterhülle (siehe Abb. 1). Für diese Strukturen gibt es eine Vielzahl von Anwendungen, z. B. als chemische Sensoren, Laser, in der Photovoltaik oder für künftige miniaturisierte Elektronik.
Herstellung von Bauelementen im Bereich der Quantentechnologien
Der zweite wichtige Eckpfeiler unserer Arbeit ist die Herstellung von Bauelementen im Nanomaßstab für verschiedene Bereiche der Quantentechnologie. Ausgangspunkt hierfür sind unsere selbst entwickelten Halbleiter-Heterostrukturen, die im Reinraum der Helmholtz Nano Facility zu funktionalen Bauelementen verarbeitet werden.
Unsere Gruppe arbeitet an fliegenden Qubits, d.h. bedarfsgesteuerten Quellen von Einzelphotonen, die aus verschiedenen Resonatoren wie Nanosäulen oder photonischen Kristallen maßgeschneidert werden (siehe Abbildung 2a). Parallel dazu entwickeln wir optisch und elektrisch steuerbare Spin-Qubit-Bauelemente für künftige Quantencomputer . Darüber hinaus interessieren wir uns für die Transporteigenschaften neuartiger Kern/Hülle-Nanodrahtstrukturen (siehe Abbildung 2b), die einen wichtigen Baustein beispielsweise für Andreev-Qubits darstellen.

Quantenoptische Charakterisierung
Der dritte und letzte Eckpfeiler unserer Arbeit ist die optische Charakterisierung der hergestellten Bauelemente. Zu diesem Zweck steht uns ein hochentwickelter und multifunktionaler quantenoptischer Aufbau zur Verfügung, der es uns ermöglicht, ein kleines Quantennetzwerk im Labormaßstab zu konfigurieren. Zu diesem gehören zwei Kryostate mit geschlossenem Kühlkreislauf und Nanopositioniereinheiten, mehrere gepulste und Wellenlängen-durchstimmbare Laserquellen, ein Photonenkorrelator und ein Verschränkungsgenerator. Dazu gehört auch ein Mikro-Photolumineszenz-Setup für die Charakterisierung einzelner Quantenbauelemente, wie im linken Teil von Abbildung 3 dargestellt. Eine mögliche Struktur, an der wir interessiert sind, sind Nanosäulen aus II-VI-Quantentopf-Heterostrukturen. Diese Nanosäulen , die im rechten Teil von Abbildung 3 zu sehen sind, sind vielversprechende hocheffiziente Emitter von Einzelphotonen, wie wir in unserem Photonenkorrelationsaufbau nachweisen konnten.
