11. August 2025 Martin Müller

JuPilot – Das Mini-LLEC geht in die Inbetriebnahme

Durch das Projekt LLEC::JuPilot wird rund um das Schülerlabor JuLab quasi ein „Mini-LLEC“ erlebbar. An diesem zentralen Standort mitten auf dem Campus bündeln sich gleich mehrere LLEC-Aktivitäten und man findet (fast) alle technischen LLEC-Themen in kleinem Maßstab. Nachdem die Herausforderungen des Mini-LLEC bezüglich der Sicherheit dieses komplexen Systems und die Abstimmung zwischen Wissenschaft und Infrastruktur gemeistert wurde, steht mit der Inbetriebnahme nun eine weitere Herausforderung an. Für das kleinformatige Wasserstoffcluster am Standort wird diese besonders spannend!

Hintergrund: Das Mini-LLEC rund ums Schülerlabor

Im Projekt JuPilot wird ein innovatives Energiesystem aufgebaut, das aus Energiedemonstratoren im kleinen Maßstab und einem Gebäude auf dem Campus – dem Schülerlabor „JuLab“ – besteht. Mithilfe einer Kleinwindenergie- und einer Photovoltaik-Anlage soll hier in Zukunft Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt und gespeichert werden. Zur Energiespeicherung wird einerseits ein Batteriespeicher genutzt, um die stündlichen und täglichen Schwankungen in der Energieerzeugung auszugleichen, und zum anderen ein saisonales Speichersystem. Dieses saisonale Speichersystem besteht aus einem Elektrolyseur, der überschüssige elektrische Energie im Sommer in Wasserstoff umwandelt, einem Gasspeicher zur Speicherung des Wasserstoffs und einer Brennstoffzelle, die den Wasserstoff im Winter rückverstromt. Zusätzlich wird die Abwärme, die beim Betrieb der Brennstoffzelle anfällt, in einem Pufferspeicher zwischengespeichert und bei Bedarf in die Fußbodenheizung des Gebäudes eingespeist. Alle Komponenten werden nach der Errichtung in eine innovative IKT-Plattform integriert und können dann innerhalb dieser überwacht und gesteuert werden. Darüber hat Florian Redder bereits in einem früheren Beitrag informiert

Übersicht über die beschriebenen Anlagen
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Pionierarbeit: Inbetriebnahme eines Mini-Clusters für Wasserstoff

Inzwischen sind alle wissenschaftlichen und technischen Komponenten (Elektro- und MSR-Schrank) installiert und mittels Rohrleitungen, Sensoren und Aktoren verbunden, so dass nun die Inbetriebnahme startet. Hierbei besteht für die technische Inbetriebnahme die Herausforderung, alle an der Entwicklung beteiligten Akteure zeitgleich an der Anlage zu haben. Neben den wissenschaftlichen Institutsbereichen und der Infrastruktur sind dies die ausführenden Firmen der Gewerke TGA (Technische Gebäudeausrüstung), MSR (Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik) und Elektro und die Hersteller der Komponenten. In den ersten beiden Septemberwochen soll die Inbetriebnahme von Kompressor, Elektrolyse, Brennstoffzelle und Gasspeicher starten. Grundlage hierfür war, wie bereits in einem früheren Beitrag erwähnt, die Errichtung einer Rohrleitungsverbindung zwischen den Einzelkomponenten, um den Wasserstoff im Tagesspeicher auf niedrigem Druckniveau (30 barg ist ND) und im saisonalen Speicher auf hohem Druckniveau (181 barg ist HD) zu speichern. Damit steht ein Volumen von 1,225 m³ im ND-Teil der Anlage und 11,025 m³ im HD-Teil zur Verfügung. Da Wasserstoff eine weite Explosionszone (4 – 77 vol-% H2 in O2) aufweist, ist hier besondere Vorsicht geboten. Aus diesem Grund wurden die Rohrleitungsverbindungen und die Speicher auf Dauer technisch dicht ausgeführt und in einem Druckhaltetest geprüft und die Dichtigkeit bestätigt.

3x2,4 kWel AEM-Module von Enapter + Trockung
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Brennstoffzelle (oben) inkl. DC/DC-Converter
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Der Druckspeicher besteht aus insgesamt 50 Flaschen (5 im ND-Teil, 45 im HD-Teil). Bei Anlieferung sind diese noch nicht mit Wasserstoff gefüllt, sondern enthalten Luft. Dies kann über die Betriebszeit (Wasserstoff wird eingespeichert) problematisch werden. Trotz des hohen Stickstoffanteils in der Luft kann sich ein Verhältnis von Wasserstoff und Sauerstoff einstellen, das zur Bildung eines gefährlichen explosionsfähigen Gasgemisches führt. Sollte dann doch eine kleine Menge Zündenergie vorhanden sein, wäre eine Explosion nicht ausgeschlossen. Deshalb schlägt die technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS 722: Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Gemische) eine Druckwechsel-Inertisierung vor. Hierbei wird wiederholt mit Hilfe eines Inertgases ein Druck oberhalb des Umgebungsdrucks erzeugt und wieder in die Umgebung abgegeben. Dieser Zyklus wird so lange wiederholt, bis die gewünschte Sauerstoffkonzentration erreicht bzw. unterschritten wird. Ein äquivalenter Prozess muss beim Ersetzen des Stickstoffs durch Wasserstoff ebenfalls durchlaufen werden, um die geforderte Stickstoffkonzentration nach ISO14687 zu unterschreiten. Im Vergleich zum Stickstoff, der bei der Stickstoff-Inertisierung aus Bündeln kommt, kann der Wasserstoff direkt per Elektrolyse mittels grünen Stroms erzeugt werden.

Wasserstoffverdichter (Kompressor)
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Wasserstoffspeicher
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Das System wird nach Inbetriebnahme in der Lage sein, nominell bis zu 3,24 kg/d Wasserstoff aus drei Elektrolysemodulen mit einer elektrischen Leistung von 2,4 kW zu produzieren. Diese Menge berechnet sich aus dem für die Reaktion genutzten Strom nach dem Faraday-Gesetz. Für die Regeneration der integrierten Trocknung des Wasserstoffs wird ein Teil der produzierten Menge genutzt. Um eine genaue Bilanzierung des Wasserstoffs durchführen zu können, werden am Ausgang der Elektrolyse und am Eingang der Brennstoffzelle die Massenströme gemessen. Zudem wird am Ausgang des Verdichters zusätzlich der Massenstrom gemessen, um das Verhältnis zwischen elektrochemischer Kompression im Elektrolyseur und mechanischer Kompression im Verdichter zu bilden. Im Winter kann der gespeicherte Wasserstoff mittels Brennstoffzelle rückverstromt werden. Neben der elektrischen Energie wird auch die in der Brennstoffzelle entstehende Abwärme, in einem Wärmespeicher gespeichert und bei Bedarf der Fußbodenheizung des Schülerlabors zugeführt. Hierdurch kann der Gesamtwirkungsgrad der Anlage weiter erhöht werden. Wie hoch dieser ist, ist Teil der Forschung. In Kombination mit diversen elektrischen Stromzählern können Teilenergiebilanzen aber auch eine Gesamtenergiebilanz aufgestellt werden.

Ausblick

Nach erfolgreicher Inbetriebnahme und der darauffolgenden TÜV-Abnahme wird das Betriebsjahr spannend, wenn das System erstmals eine vollständige Saison von der vollständigen Befüllung bis zur Entleerung durch die Brennstoffzelle durchläuft. Dabei bedeutet Entleerung nicht, dass der Wasserstoff wieder unter atmosphärischem Druck vorliegt, sondern noch eine Restmenge bei etwa 5 barg in den Druckspeichern bleibt, da dies der untere Grenzwert für den Vordruck der Brennstoffzelle darstellt. Nach einem Jahr Betrieb lässt sich dann die Jahresbilanz ziehen, die Erkenntnisse und auch Verbesserungspotentiale für das zweite und folgende Jahre liefern kann. Somit müssen auch beim Vergleich der Jahre die Änderungen in der Regelung und Steuerung als auch bei der vorliegenden Menge an Wasserstoff berücksichtigt werden. Nicht jeder Sommer ist gleich heiß und nicht jeder Winter gleich kalt. Damit liegt eine große Herausforderung darin, die Vergleichbarkeit der einzelnen Jahre herzustellen. Für den ersten Winterbetrieb ist angedacht, die Erstbefüllung (ersetzt den Sommer) im Konstant- und Volllastbetrieb der Elektrolysemodule zu realisieren, sodass der kommende Winter direkt im Realbetrieb starten kann.

Damit blicken wir begeistert und voller Spannung auf die kommende Inbetriebnahme und den kommenden Realbetrieb im Winter und ziehen uns dafür warm an ...

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Letzte Änderung: 11.08.2025