Durchbruch in der Quantencomputing-Forschung: Forschungszentrum Jülich kooperiert mit MIT und UCSB

Bei der Gestaltung von Quantenprozessoren werden Qubit-Wechselwirkungen oft als Zwei-Körper-Wechselwirkungen vereinfacht dargestellt, wobei Qubits als isolierte Paare behandelt werden. Die Erweiterung auf Systeme mit mehreren Qubits erfordert jedoch einen völlig neuen theoretischen Ansatz – keine bloße Erweiterung bestehender Zwei-Qubit-Modelle. Das Verständnis und die Simulation stark interagierender Multi-Qubit-Systeme vor ihrem Bau sind der Schlüssel zum Entschlüsseln moderner Quantenphysik und zur Weiterentwicklung der Quanteninformationswissenschaft.
In diesem Zusammenhang entstand eine wegweisende Zusammenarbeit zwischen Mohammad Ansari, einem theoretischen Physiker am PGI-2 des Forschungszentrums Jülich, und seinem Team – in Kooperation mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) – sowie John M. Martinis, einem führenden Physiker der UC Santa Barbara (UCSB), bekannt für seine bahnbrechende Arbeit im Bereich des Quantencomputings während seiner Zeit im Quantum AI Lab von Google. Ihre Forschung mit dem Titel „Lattice Hamiltonians and Stray Interactions within Quantum Processors“ wird als „Editor’s Suggestion“ in Physical Review Applied vorgestellt.
Entgegen der bisher weit verbreiteten Annahme zeigt die präzise Modellierung von supraleitenden Qubit-Prozessoren durch das Team, dass Drei-Körper-Kopplungen die Zwei-Körper-Wechselwirkungen dominieren können. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Gattreue (Gate Fidelity) dar und verursacht unerwünschte Wechselwirkungen (Crosstalk) zwischen Qubits. Dieser Durchbruch wurde durch fortschrittliche Simulationen auf CirQubit ermöglicht, einer hochmodernen Quantenprozessor-Simulationssoftware, die von Ansaris Team am PGI-2 entwickelt wurde. Die Plattform nutzt neuartige Methoden, um supraleitende Qubits mit beispielloser Genauigkeit zu simulieren und so die Brücke zwischen theoretischer Physik und realer Quantenhardware zu schlagen.
„Nicht alle Quantenwechselwirkungen werden durch Zwei-Körper-Kräfte vermittelt. In der Natur hat die starke Kernkraft eine Drei-Körper-Komponente, die den Helium-3-Kern stabilisiert. Ähnlich kann ein Quantenprozessor – ein vollständig integriertes Quantenobjekt – unerwartete Quanteneffekte zeigen. Eine unserer überraschendsten Entdeckungen war, dass Drei-Körper-Wechselwirkungen stärker sein können als Zwei-Körper-Wechselwirkungen“, erklärte Mohammad Ansari.
Das Team zeigte, dass lose gekoppelte Qubits besser geeignet sind, Streuwechselwirkungen abzuschwächen, als streng entkoppelte Qubits – selbst im Ruhezustand. Diese Entdeckung schlägt einen neuen Ansatz für das Design von Quantenprozessorarchitekturen vor. Darüber hinaus untersucht die Forschung die Auswirkungen von Mikrowellenpulsen und Cross-Resonance-Gattern und hebt dabei bisher unbekannte Wechselwirkungen zwischen scheinbar inaktiven Qubits hervor.
Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für erhebliche Verbesserungen der Zwei-Qubit-Gatterleistung und ebnen den Weg für die Entwicklung fehlertoleranter Quantencomputer sowie neuartiger Multi-Qubit-Gatter, die das Feld in Richtung großskaliger Quantenprozessoren voranbringen.
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