DIE ENERGIEWENDE MEISTERN

Dieser Artikel ist im Original im Jülicher Campusmagazin „Intern“ (Heft 2 2018) erschienen

Sie radeln gerne durch die Natur, sind verheiratet, zu Hause toben Kinder: Das sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten von Prof. Dirk Müller, Prof. André Bardow und Prof. Alexander Mitsos. Alle drei haben auch einen Lehrstuhl an der RWTH Aachen. Und: Seit Mai 2017 leiten sie gemeinsam das Jülicher IEK-10, das sich mit der Modellierung von Energiesystemen im Zuge der Energiewende beschäftigt. Ihr Ziel ist es, den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu senken, ohne die Kosten explodieren zu lassen. Am IEK-10 entwickeln sie Modelle und Algorithmen zur Simulation und Optimierung dezentraler Energiesysteme, die zum Beispiel Photovoltaik- und Windkraftanlagen einbeziehen. Diese sind – im Gegensatz zu klassischen Kraftwerken – über viele Orte verstreut. Zugleich erzeugen sie wetterbedingt stark schwankende Strommengen. Das bringt viele Herausforderungen mit sich.

Gemeinsam für die Zukunft

Der Maschinenbauer Prof. Dirk Müller sucht nach Wegen, Gebäude im städtischen Raum mit einem großen Anteil an erneuerbaren Energien nachhaltig mit Strom und Wärme zu versorgen. „Ohne dass sich die Nutzer einschränken müssen oder weniger Komfort als heute haben“, so der Forscher. Prof. André Bardow hat sich dagegen auf Anwendungen in Industrieparks spezialisiert. Diese werden heute hauptsächlich über konventionelle Systeme wie Kessel, Dampfturbinen oder Kraftwärmekopplung mit

Energie versorgt, zunehmend kommen jedoch erneuerbare Technologien hinzu. Der Chemieingenieur will per Software herausfinden, wie man diese Energiesysteme intelligent interagieren lässt. Dabei

hat er sowohl die Energieerzeugung als auch die Speicherung und den Transport im Blick – seine Software wird bereits praktisch in Chemieparks eingesetzt. Prof. Alexander Mitsos entwickelt Algorithmen und numerische Verfahren, um Energiesysteme möglichst effizient, kostengünstig und robust auszulegen. „Im IEK-10 kann ich mein Umweltbewusstsein mit meiner Liebe zur Mathematik

und zum systematischen Denken vereinen“, freut er sich. Auch in das Großprojekt „Living Lab Energy Campus“ bringen die Kollegen des IEK-10 ihre Expertise ein. Die meiste Zeit arbeiten die drei Forscher an der RWTH Aachen. In Jülich sind sie wöchentlich für einige Stunden, aber für ihre Mitarbeiter jederzeit per Mail oder Telefon erreichbar. Künftig soll noch ein vierter Leiter hinzukommen, das Berufungsverfahren läuft. Er wird Vollzeit in Jülich arbeiten und in Nebentätigkeit einen Lehrauftrag in Aachen haben.

Text: Janine van Ackeren

Interview mit den 3 Direktoren des IEK-10

Wie würden Sie einem siebenjährigen Kind Ihren Beruf beschreiben?
Bardow: Ich suche nach neuen Wegen, um uns alle mit Strom, Wärme und Kraftstoffen zu versorgen – ohne dass wir die Ressourcen der Natur weiter plündern und mit unseren Abfällen die Umwelt zerstören.
Müller: Ich darf mich mit Lach- und Sachgeschichten aus dem großen Sandkasten der Energietechnik beschäftigen, die immer interessant und manchmal sehr nützlich sind.
Mitsos: Als Professor habe ich zwei Hauptaufgaben: Zum einen bin ich eine Art Lehrer für Jugendliche nach der Schule. Zum anderen forsche ich und betreue Doktorandinnen in deren Forschung.

Was wollten Sie selbst als Kind werden?
Bardow: Koch – spätestens, seit mir auf einem Kindergartenfest von einem der Väter erklärt wurde, Kochen sei nichts für Jungs!
Müller: Da kann ich fast alle Klassiker nennen: Pilot, Astronaut und Baggerfahrer. Sicher hätte ich mir damals nicht vorstellen können, so lange an einem Schreibtisch zu sitzen, an so vielen Meetings teilzunehmen oder so viel Zeit auf Flughäfen zu verbringen.
Mitsos: Das hat sich mit dem Alter stark verändert. Das letzte Ziel als Kind war Ingenieur, das blieb dann auch so.

Wer oder was – außer Sie selbst – hätten Sie sein mögen?
Bardow: Begabt in Sport ...
Müller: Ein Mitglied der ersten Mondmission. Das war sicher spannend.
Mitsos: Windsurf-Profi, doch dafür müsste ich etwas besser windsurfen können.

Wenn Sie für einen Tag wieder Kind sein könnten, was würden Sie tun?
Bardow: Darf ein Professor nicht ein großes Kind bleiben? Nur ist das Lego jetzt größer und teurer. :-)
Müller: Ich würde gerne einen Kindergeburtstag in einem Freizeitpark mit coolen Fahrgeschäften feiern.
Mitsos: Draußen spielen.

Welche Entdeckung oder Erfindung ist für Sie die größte?
Alternativ: Welche Entdeckung oder Erfindung ist für Sie die unsinnigste?
Bardow: Die größte Entdeckung? Die Arbeitsteilung!
Müller: Auf beide Fragen passt eine Antwort: die Digitalisierung von Informationen.
Mitsos: Wasser aus der Leitung.

Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zu Abend essen?
Bardow: Mit meiner Frau – das gelingt zum Glück recht häufig.
Müller: Mit Politikern und Wirtschaftsvertretern – weil ich glaube, dass die Wissenschaft intensiver mit ihnen sprechen muss.
Mitsos: Mit meinen Freunden, die am andere Ende der Welt sind.

Was macht eine gute Führungspersönlichkeit aus?
Bardow: Aufrichtiges Interesse an Menschen.
Müller: Ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem gerne gute Leistungen erbracht werden.
Mitsos: Empathie.

Wo findet man Sie am Sonntagnachmittag um 15 Uhr?
Bardow: Bei meiner Familie und meinen Freunden.
Müller: Bei Regen zu Hause, bei gutem Wetter in der Natur, bei mittlerem Wetter in der Stadt.
Mitsos: Dort, wo mein Sohn ist.

Letzte Änderung: 29.06.2024