Erfolgreicher Meilenstein zur Halbzeit für das Projekt NEUROTEC nach einem Jahr erreicht
26. November 2020
Die erfolgreiche Abnahme des zentralen Meilensteins durch den Projektträger VDI/VDE/IT am 19.11.2020 markiert für das BMBF-geförderte Strukturwandelprojekt NEUROTEC den ersten erfolgreichen Abschnitt auf dem Weg in die Elektronik der Zukunft. Die Vision des Verbundes aus Forschungszentrums Jülich und RWTH Aachen University ist es, dass künftige Computer für künstliche Intelligenz (KI) verstärkt aus Deutschland und der EU kommen sollen und somit einen Beitrag zur Technologiesouveränität Europas liefern.
Dabei kommt neuartige Hardware zum Einsatz, die dem Vorbild des Gehirns stärker nachempfunden wird. Dazu braucht es eine Reihe neuer Konzepte, wie Computerarchitekturen effizienter funktionieren können als bisher, wenn es um KI-Aufgaben wie Mustererkennung oder autonomes Fahren geht. Voraussetzung dafür ist eine ganze Reihe neuer Technologieschritte. Sie reichen vom modellgestützten Entwurf der Schaltungen über die Herstellung der Bauteile und Baugruppen bis hin zu deren Charakterisierung.
Neuro-inspiriert oder sogar neuromorph sollen die Computerchips werden, also in der Hardware schon Funktionsweisen des Gehirns nachahmen. Der weite Weg dorthin führt erstmal tief in die Material- und Bauteilentwicklung und ist inspiriert aus der Jülicher Grundlagenforschung über die Gehirnfunktion. Für die Technologie kommen Beschichtungsanlagen, Messtechnik und Software regionaler Hersteller zum Einsatz. Mit dem Erreichen des Meilensteins sind die neuen Anlagen von Hochtechnologie-Zulieferern aus der Umgebung aufgestellt und bald einsatzbereit. Ganz gezielt wird also damit der Strukturwandel im Rheinischen Revier gefördert.
Eine Spezialität der Allianz aus Forschungszentrum Jülich und Aachen RWTH University sind kleinste für das neuromorphe Computing einsetzbare elektronische Komponenten, die an herkömmliche Mikroelektronik anschlussfähig sind. Memristoren (Memory + Resistor) heißen die Bauteile, die Schicht für Schicht auf die mikroelektronischen Wafer aufgebracht werden. Sie speichern Information auch nach dem Ausschalten des Stroms in ihrem Widerstandswert. Der Widerstand ist so einstellbar, dass auch Zwischenwerte gespeichert werden können, also nicht nur digitale Einsen und Nullen. Zwischen zwei Leiterbahnen platziert, entscheiden die memristiven Bauteile dann, wieviel Strom fließt. Es lassen sich daraus Strukturen aufbauen, die Werte multiplizieren und aufaddieren und insbesondere auch Synapsen nachbilden, die ähnlich wie im Gehirn die Verbindungen zwischen den Neuronen verschieden gewichten. Das Rechnen erfolgt damit direkt im Speicher. Als neuronales Netzwerk aufgebaut, lernen die zukünftigen Computer schon in der Hardware, wie es das Gehirn tut: assoziativ, plastisch und ein wenig zufällig verteilt. Diese neuromorphe KI-Elektronik wird – das zeigen die Simulationen im Projekt – sehr energieeffizient werden.
Jetzt in NEUROTEC I werden die Konzepte erprobt und im Vorhaben NEUROTEC II werden dann Demonstratoren angestrebt, die in Labormustern die neuen Möglichkeiten aufzeigen sollen. NEUROTEC I und das geplante NEUROTEC II sind dabei ideale Brückenprojekte, um die exzellente Grundlagenforschung im Großraum Aachen/Jülich in einen nachhaltigen Strukturwandel zu entwickeln. Beide Vorhaben sind strategisch eingebettet in eine Reihe von aktuellen Forschungsaktivitäten, die das gemeinsame Ziel verfolgen, den Großraum Aachen/Jülich als einen weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungsstandort und perspektivisch auch als Produktionsstandort für neuromorphe Technologien zu etablieren. Dazu sollen die in NEUROTEC erzielten Ergebnisse insbesondere die NeuroSys-Zukunftscluster-Initiative stärken, die interdisziplinär techno-sozio-ökonomische Akteure der RWTH Aachen, des Forschungszentrums Jülich, des NRW-Landesinstituts AMO GmbH und regionaler Technologieunternehmen als regionales Innovationsnetzwerk vereint. Die NeuroSys-Initiative wurde im Rahmen der Zukunftscluster-Ausschreibung des BMBF erfolgreich für die Förderung der sogenannten Konzeptionsphase begutachtet und befindet sich gegenwärtig mit 15 Mitbewerbern im Finale des Auswahlverfahrens.
Im Zuge all dieser Aktivitäten werden die regionalen Firmen in ihrer Innovationskraft gestärkt. Über die Vergabe des 3. Sterns für NEUOROTEC II durch die Zukunftsagentur Rheinisches Revier im SofortprogrammPLUS wurde diese Relevanz für den Strukturwandel kürzlich bestätigt. Damit wurde der Weg geebnet für die Beantragung von fünf Jahren weiterer Förderung durch das BMBF im Rahmen des Investitionsgesetzes Kohleregion. Der erfolgreiche Start von NEUROTEC I mit zwölf akademischen und vier industriellen Projektpartnern bestätigt das große Potenzial und Engagement, um in der Region Aachen-Jülich einen Standort für innovative Mikroelektronik-Forschung und -Entwicklung zu etablieren.