Pyrolyse
Für die Modellierung der Flammenausbreitung ist die Pyrolyse ein wichtiger Prozess, der modelliert werden muss. Sie beschreibt die Vergasung eines Feststoffs, wobei die freigesetzten brennbaren Gase die darüber liegende Flamme speisen. Die für die Pyrolyse benötigte Energie wird von der Flamme selbst bereitgestellt, da die freigesetzte Verbrennungswärme auch wieder auf den Feststoff übertragen wird.
Unser Beitrag zu diesem Forschungsgebiet ist zweifach:
- Wir führen Experimente im kleinen Maßstab durch, d.h. thermogravimetrische Analyse (TGA), Kegelkalorimeter und Rohrofen, um den Pyrolyseprozess zu analysieren und zu charakterisieren.
- Um die Pyrolyse zu modellieren, werden Materialparameter wie Wärmekapazität oder Reaktionsparameter benötigt. Da diese für die interessierenden Materialien nicht direkt gemessen werden können, entwickeln wir einen inversen Modellierungsrahmen, um sie implizit abzuleiten.
Experimente
Während der Pyrolyse werden flüchtige Stoffe aus der Probe in die Gasphase freigesetzt. Die freigesetzten Stoffe reagieren mit Sauerstoff, wodurch der Verbrennungsprozess in Gang gesetzt wird. Um diesen Prozess zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, welche Proben an diesem Prozess beteiligt sind. Daher ist es wichtig, zu bestimmen, was während der Pyrolyse aus der Probe in die Gasphase freigesetzt wird.
Durch Erhitzen des Feststoffs unter einer inerten Atmosphäre wird verhindert, dass die Pyrolyseprodukte sofort oxidieren. Dies ermöglicht die Bestimmung der Pyrolyseprodukte. Bei diesen Experimenten stammt die für die Pyrolyse benötigte Energie nicht aus einer Flamme, sondern aus einer externen Wärmequelle.
Wir führen Pyrolyseversuche im thermogravimetrischen Analysator (TGA) und im Rohrofen durch. Die TGA ermöglicht es, kleine Proben (in der Größenordnung von mg) unter einer bestimmten Atmosphäre zu erhitzen und dabei den Massenverlust dieser Proben zu messen. Durch die Kombination einer TGA mit einem Massenspektrometer lässt sich feststellen, welche Arten bei der Pyrolyse freigesetzt werden. Groß angelegte Experimente werden in einem Rohrofen durchgeführt. Dieser Versuchsaufbau ermöglicht es, Proben in der Größenordnung von mehreren 100 Gramm zu erhitzen.

Inverse modelling framework PROPTI
Bei der Durchführung von Brandsimulationen muss entschieden werden, welche Materialparameterwerte entweder für brennbare Materialien oder für strukturelle Elemente von Gebäuden verwendet werden sollen. Da häufig keine vollständigen Informationen verfügbar sind, werden Lehrbuchwerte verwendet. Diese Werte sind jedoch meist verallgemeinert und werden als Wertebereich angegeben. Es stellt sich also die Frage, welcher Wert bzw. welcher Satz von Werten das Verhalten des jeweiligen Probekörpers beschreibt. Außerdem garantiert ein optimaler Parametersatz keine perfekte Übereinstimmung mit den Zieldaten, da das jeweilige Simulationsmodell aufgrund von Einschränkungen und Vereinfachungen des Modells möglicherweise nicht in der Lage ist, das erwartete Verhalten zu reproduzieren. Um Materialparameter auf der Grundlage von Experimenten in kleinem Maßstab abzuleiten, haben wir ein Tool namens PROPTI entwickelt. Es verfolgt einen Ansatz der inversen Modellierung, um effektive Parameter zur Darstellung des beobachteten Materialverhaltens zu finden.

PROPTI ist ein in Python implementiertes Open-Source-Tool. Mit seiner verallgemeinerten Formulierung ist es darauf zugeschnitten, die Kommunikation zwischen beliebigen Simulationsmodellen, verschiedenen Optimierungsalgorithmen sowie verschiedenen experimentellen Datenreihen als Optimierungsziele zu ermöglichen. Das Framework zielt darauf ab, durch Multi-Threading und das Message PassingInterface (MPI) leistungsstarke Rechenressourcen zu unterstützen, um den Gesamtprozess zu beschleunigen.


Kabelbrände

Verschiedene technische Gebäude, wie Kraftwerke, Forschungseinrichtungen oder Transportsysteme, benötigen eine große Anzahl von Kabeln. Im Brandfall können diese Kabel zu einer schnellen Flammenausbreitung führen, z. B. über technische Schächte. Diese Brände stellen aufgrund ihrer komplexen geometrischen und chemischen Struktur eine Herausforderung für die Modellierung dar. Jede Komponente, d. h. Mantel, Füllmaterial und Isolator, hat ihre eigenen Eigenschaften, die bestimmt werden müssen. In den durchgeführten Studien werden Experimente im Labormaßstab im Rahmen des CHRISTIFIRE-Projekts zur Ableitung von Materialparametern mit PROPTI verwendet. Die sich daraus ergebenden Parametersätze werden dann für die Simulation von Versuchen im realen Maßstab mit Kabelträgern verwendet. Die Versuchsaufbauten orientieren sich dabei an den Experimenten aus CHRISTIFIRE.
Zugehörige Publikationen
Numerical Fire Spread Simulation Based on Material Pyrolysis—An Application to the CHRISTIFIRE Phase 1 Horizontal Cable Tray Tests
Hehnen, T.; Arnold, L.; Mendola, S.
Fire 3, 2020, [10.3390/fire3030033]
Application cases of inverse modelling with the PROPTI framework
Arnold, L. ; Hehnen, T. ; Lauer, P. ; Trettin, C. ; Vinayak, A.
Fire safety journal 108, 102835 - (2019) [10.1016/j.firesaf.2019.102835]
PROPTI – A Generalised Inverse Modelling Framework
Arnold, L. ; Hehnen, T. ; Lauer, P. ; Trettin, C. ; Vinayak, A.
Third European Symposium on Fire Safety Sciences, ESFSS2018, Nancy, France, 12 Sep 2018 - 14 Sep 2018 6 pp. (2018)
Simulation of Fire Propagation in Cable Tray Installations for Particle Accelerator Facility Tunnels
Hehnen, T. ; Arnold, L. ; van Hees, P. ; La Mendola, S.
Proceedings from the 8th International Symposium on Tunnel Safety and Security, Eighth International Symposium on Tunnel Safety and Security, ISTSS 2018, Borås, Sweden, 14 Mar 2018 - 16 Mar 2018 Stockholm : RISE Research Institutes of Sweden AB 503 - 514 (2018)