Wegfindung
Ein grundlegender Schritt bei der Simulation von Fußgängerbewegungen ist die Wegfindung (oder Routenplanung) in einer bebauten Umgebung. Nicht nur die Entfernung zu einem Ausgang ist entscheidend für die Wahl eines Weges, sondern auch die Minimierung von Wartezeiten bei der Bildung von Warteschlangen.
Die Modellierung der Routenwahl von Fußgängern in Gebäuden und auf Freiflächen als Bestandteil der "taktischen Ebene" kann häufig als Zusammensetzung zweier Aspekte gesehen werden: die globale Wegfindung durch eine Geometrie und die Umgehung statischer oder dynamischer Hindernisse (wie Wände oder andere Agenten) in einer lokalen Situation.
Es wurden verschiedene Ansätze entwickelt. Im Folgenden wird eine kurze Einführung in die wichtigsten Modelle gegeben, die bisher in JuPedSim entwickelt wurden.

Kürzester Weg
Die wahrscheinlich am häufigsten verwendeten Ansätze zur Modellierung der Routenwahl sind Algorithmen für den kürzesten Weg. Sie können auf der Minimierung von Entfernungen in gerichteten Graphen oder entlang von Bodenfeldern basieren.

Die Gesamtevakuierungszeit und eine visuelle Verteilung des Evakuierungsprozesses werden häufig als Modellbewertungskriterien verwendet. Es können vier Strategien vorgeschlagen werden, um verschiedene Routenwahlalgorithmen zu reproduzieren:

- Local Shortest Path (LSP): Hier wählen die Fußgänger die nächstgelegene Tür im Raum.
- Global Shortest Path (GSP): Bei dieser Variante minimieren die Fußgänger die globale Entfernung zum Ausgang des Gebäudes und wählen daher lokal die Ausgänge, die zu diesem Minimum führen.
- Local Shortest kombiniert mit dem Quickest Path (LSQ): Hier werden neben der Entfernungsberechnung auch andere Faktoren berücksichtigt, um die Entscheidung der Fußgänger zu gewichten, z. B. Stau vor Türen oder eingeschränkte Sicht, z. B. durch Rauch oder andere Faktoren.
- Global Shortest combined with the Quickest (GSQ): In Analogie zum LSQ berücksichtigt der GSQ die gleichen Faktoren, jedoch wird der globale Ausgang als Standardstrategie gewählt.
Cognitive Maps
Während die meisten Routing-Mechanismen in Fußgängerdynamik-Simulationen hauptsächlich auf der Berechnung des kürzesten Weges oder der Annäherung an den schnellsten Weg beruhen, wird das individuelle Wissen oder Verhalten von Fußgängern nicht berücksichtigt. Es ist aber beispielsweise unrealistisch anzunehmen, dass Fußgänger in einem Einkaufszentrum nur den kürzesten Weg nehmen. Im Gegensatz dazu sollte man davon ausgehen, dass die meisten Fußgänger nicht einmal mehr als einen Notausgang kennen.

Um realistischere Simulationen zu realisieren, müssen bei der Implementierung von Wegfindungsalgorithmen individuelle Faktoren berücksichtigt werden. Individuelles Wissen ist die Grundlage, um die Individualität von Fußgängern stärker hervorzuheben. Basierend auf der Idee der kognitiven Karte wird ein neuer Algorithmus entwickelt, der sich auf eine vielseitige Datenstruktur stützt, die mit verschiedenen Arten von Wissen verbunden ist.
Der Vorteil dieser Struktur ist die Möglichkeit, zwischen Wissen "erster Ordnung" und "zweiter Ordnung" zu unterscheiden. In Analogie zu zellulären Automatenmodellen kann Wissen erster Ordnung mit dem statischen Bodenfeld verglichen werden und enthält Informationen über die Geometrie, wie die Position von Türen und die Beschaffenheit des Raums usw. Wissen zweiter Ordnung hingegen ist dynamisch (wie das dynamische Bodenfeld) und enthält Informationen über Eigenschaften, die mit dem Wissen erster Ordnung zusammenhängen. Beispielsweise beeinflusst die Dichte vor Türen die Gewichtung des Navigationsgraphen in einer Weise, dass Fußgänger dazu neigen, überfüllte Türen zu meiden und weniger benutzte Türen zu bevorzugen, auch wenn sie weiter entfernt sind. Ein weiteres Beispiel für ein Modell zweiter Ordnung ist die eventuelle Ausbreitung von Rauch in einem Raum. Fußgänger reagieren auf die Intensität des Rauches unterschiedlich.