Spontane Polarisierbarkeit der Korngrenze auf atomarer Ebene kartiert

Korngrenzen von Gadolinium-Eisen-Oxid mittels extrem hoher Auflösung genau kartiert

Spontane Polarisierbarkeit der Korngrenze auf atomarer Ebene kartiert
Fig. S1 Electron diffraction from the C-GFO
Nano Letters

04. Juli 2023 – Im Rahmen des DFG-Projekts „Die Rolle von Grenzflächen in mehrphasigen Cerdioxid-basierten Membranen für den Einsatz in Membranreaktoren“ unter Koordination von Dr. Kerstin Neuhaus vom Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich wurden die Korngrenzen eines Gadolinium-Eisen-Oxids (GdFeO3) mittels extrem hoher Auflösung genau kartiert. Gemeinsam mit den Projektpartnern vom Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) und dem Institut für Energie- und Klimaforschung 1 (IEK-1), ebenfalls dem Forschungszentrum Jülich zugehörig, sowie der RWTH Aachen und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt konnte das Team zeigen, dass unter bestimmten Umständen in dem Material eine starke spontane Polarisierbarkeit der Korngrenze auftritt.

Einfluss von Eisenoxid auf die Sauerstoffionenleitfähigkeit

Cerdioxid ist ein keramisches Material, das Sauerstoffionen leitet und beispielsweise als Katalysator für partielle Oxidationsreaktionen genutzt wird. Das Projektteam um Neuhaus legt in seiner Forschungsarbeit einen besonderen Fokus auf den Effekt von Eisenoxid auf die Sauerstoffionen- und Elektronenleitfähigkeit des Materials, da Eisen zum Beispiel in Sinterhilfsmitteln vorkommt und durch Kontakt mit einer zweiten, eisenreichen Phase oder auch von Stahlbauteilen in Cerdioxid hineindiffundieren kann. Die Forscher:innen widmeten sich bereits in einer Publikation von 2019 den Auswirkungen von Eisenoxid-Zugabe auf die Leitfähigkeit, Sauerstoffdiffusion und der Entstehung von Zweitphasen.

Spontane Polarisierbarkeit der Korngrenze

Das als zweite Phase aus Gadolinium-dotierten Cerdioxid und Eisenoxid entstehende Cer-dotierte Gadolinium-Eisen-Oxid GdFeO3 ist ein Material mit kubischer Perowskitstruktur. Es weist interessante Eigenschaften an den Grenzflächen auf, wenn zwei GdFeO3-Körner in einem bestimmten Winkel, der 100 Zwillingskorngrenze, aneinanderstoßen. Mittels Transmissionselektronenmikroskopie-basierten Untersuchungen am ER-C konnten diese Korngrenzen nun mit atomarer Auflösung kartiert werden. Dadurch konnte eine Verzerrung des Gadolinium-Subgitters sowie ein vermehrtes Auftreten von Sauerstoffleerstellen festgestellt werden. Diese Verzerrungen können zu einer starken spontanen Polarisierbarkeit der Korngrenze führen.

Die Ergebnisse sind entscheidend für die gezielte Entwicklung von Grenzflächen mit überlegenen Eigenschaften, beispielsweise lokalisierter Funktionalität (Supraleitung oder auch Ferroelektrizität).

Studie in Nano Letters verfügbar

Die detaillierten Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscher:innen Dr. Ke Ran, Dr. Juri Barthel, Dr. Lei Jin und Prof. Dr. Joachim Mayer, RWTH Aachen und Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen, Dr. Daesung Park, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Dr. Annika Buchheit und Dr. Kerstin Neuhaus, Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich sowie Dr. Stefan Baumann und Prof. Dr. Wilhelm A. Meulenberg, Institut für Energie- und Klimaforschung 1 des Forschungszentrums Jülich, als Open-Access-Artikel im Fachmagazin Nano Letters veröffentlicht.

Letzte Änderung: 29.06.2024