„In der Batterieforschung wird es nie langweilig“

Interview zum Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft am 11. Februar 2025

„In der Batterieforschung wird es nie langweilig“
Dr. Anna Gerlitz (l.) und Dr. Fariza Kalyk (r.)
Helmholtz-Institut Münster / Kraft & Ellermann

11. Februar 2025 – Jedes Jahr am 11. Februar erinnert der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft daran, dass Frauen in Forschung und Entwicklung noch immer unterrepräsentiert sind. In Deutschland beträgt ihr Anteil 2021 nur 29,4 Prozent (Eurostat). Im Interview erzählen Dr. Fariza Kalyk, Postdoc-Forscherin am Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IMD-4) des Forschungszentrums Jülich und Dr. Anna Gerlitz, Postdoc-Forscherin am MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster von ihrer Arbeit in der Batterieforschung. Sie möchten junge Frauen ermutigen, eine Karriere in der Wissenschaft anzustreben.

Warum haben Sie sich für die Batterieforschung entschieden?

Gerlitz: Es war mehr eine Entwicklung als ein festes Ziel für mich. Ich habe angefangen Chemie zu studieren und als Wissenschaftliche Hilfskraft für einen Forscher zu arbeiten, der im Bereich Elektrolyte tätig war. So bin ich in den Batterie-Kontext gekommen. Ich habe herausgefunden, dass eine große Vielfalt an verschiedenen Bereichen zusammenkommt. Es ist sehr interdisziplinär, was es spannend für mich macht. Man hat zum Beispiel viel mit organischer Chemie zu tun, aber auch mit Elektrochemie. Ich bin in Richtung Batterieforschung gegangen und habe dort meinen Bachelor und Master gemacht. Dann habe ich mich weiter in Richtung Batterieforschung spezialisiert, weil ich sie faszinierend fand, ohne einen bestimmten Beruf im Sinn zu haben.

Kalyk: Schon in der Schule habe ich mich für Physik und Chemie interessiert. Zuerst habe ich Physik studiert, wo die Forschungsbereiche ziemlich getrennt sind. Aber ich war immer an interdisziplinärer Arbeit interessiert, an Energie im Allgemeinen, an elektronischen Geräten und Energiespeicherung und -Wandlung. Ich finde das Thema auch sehr wichtig, vor allem in der heutigen Zeit, in der wir mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert sind. In meiner Doktorarbeit habe ich mit Brennstoffzellen gearbeitet, Elektrolyte untersucht und neue Materialien synthetisiert. In meiner Postdoc-Phase wollte ich nicht im gleichen Forschungsbereich bleiben, mich aber anderen Energieanwendungen zuwenden. Die Batterie war die Antwort. Es war ähnlich wie bei Anna: Ich habe mich für ein allgemeines Thema wie die Wissenschaft interessiert, mich in verschiedenen Bereichen ausprobiert, das gefunden, was mich ansprach und damit weitergemacht.

Hatten Sie Vorbilder?

Kalyk: Wenn wir über die Wissenschaft sprechen, gab und gibt es viele Wissenschaftlerinnen, die die Welt verändert haben und eine Menge wichtiger Arbeit für uns geleistet haben, was sehr inspirierend ist. Aber die ehrliche Antwort wäre, dass die wahren Vorbilder in meinem Leben die Menschen sind, die ich auf meinem Weg getroffen habe. Diejenige, die für mich immer das größte Vorbild war, ist meine Mutter. Ich lasse mich sehr von ihr inspirieren. Sie ist sehr stark, unabhängig und gibt in allem, was sie tut, ihr Bestes. Sie steckt all ihre Energie und Mühe in das, was sie tut. Sie ist auch sehr erfolgreich bei allem, was sie versucht.

Ich wurde in Kasachstan geboren, als das Land unabhängig wurde. Meine Eltern waren jung und voller Hoffnungen und Träume. Mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch zerschlugen sich auch ihre Hoffnungen und Träume. Sie mussten kämpfen und hart arbeiten, um sich und ihre Familie zu versorgen. Heute ist meine Mutter eine professionelle Köchin. Sie hat mir immer gesagt, ich solle lernen, hart arbeiten und an mich glauben. Abgesehen von ihr habe ich in meiner akademischen Laufbahn sehr inspirierende Menschen kennengelernt. Ich habe mich immer von den Betreuer:innen inspirieren lassen, die ich seit meinem Bachelor-Abschluss hatte, zwei davon waren Frauen.

Gerlitz: Ich hatte kein bestimmtes Vorbild. Es gibt berühmte Wissenschaftlerinnen, die mich immer fasziniert haben, wie Marie Curie, Rosalind Franklin oder Lise Meitner. Vorbilder, mit denen ich mich eher identifizieren kann, habe ich in meinem Alltag kennengelernt. Frauen, die in ihrem Beruf wirklich gut sind. Es waren immer Menschen, die mich betreut haben und ihr Ding in der Wissenschaft, der Politik oder wo auch immer ihre Stärken lagen, gemacht haben. Die einem zeigen, dass man nicht der nächste Einstein sein muss, um auf seinem Gebiet gut zu sein.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?

Gerlitz: Ich arbeite gerne an verschiedenen Themen und tauche gerne in verschiedene Aspekte ein. In der Batterieforschung gibt es immer etwas Neues und es wird nie langweilig. Manchmal ist es eine Herausforderung, aber umso belohnender, wenn man etwas entdeckt oder merkt, dass die eigene Arbeit wirklich etwas bewirkt.

Kalyk: Wenn man im Team mit anderen zusammenarbeitet und Ideen austauscht. Ich bereite viele Energiematerialien vor und synthetisiere sie, wobei ich gerne eigene Ansätze mit denen anderer kombiniere. Manchmal funktioniert die Theorie in dem von mir erstellten Material, manchmal nicht. Nachdem ich das Material erstellt habe, charakterisiere ich es und schaue, ob es die Eigenschaften erhält, die wir erwartet haben – oder sogar Eigenschaften, die wir nicht erwartet haben. Dieser Teil unserer Arbeit ist sehr spannend. Es ist auch sehr interessant, sich täglich die Ideen der Kolleg:innen anzuhören, wie sie Dinge erklären, erzielen oder was sie überhaupt in den Materialien sehen.

Mit welchen Herausforderungen sind Sie in Ihrem Beruf konfrontiert?

Kalyk: Es kann sehr frustrierend sein, wenn man erwartet, dass etwas im Labor funktioniert, und es dann doch nicht geklappt hat. Man steckt viel Herzblut und Zeit in diese Materialien und manchmal ist es schwierig, sie herzustellen. Wenn es nicht so läuft, wie man es sich gewünscht hat, oder die Eigenschaften doch nicht gut genug sind, kann das sehr ärgerlich und demotivierend sein. Aber natürlich lernt man immer dazu.

Man kann auch leicht auf die Idee kommen, dass man nicht genug leistet, was sehr frustrierend sein kann. Aus Gesprächen mit meinen Kolleg:innen weiß ich, dass viele von uns dieses Gefühl haben. In der Wissenschaft kann man immer noch mehr machen, und man muss wissen, wann man aufhören muss.

Gerlitz: Dem stimme ich voll und ganz zu. Wir stehen immer vor Herausforderungen: Je mehr man lernt, je mehr man herausfindet, desto öfter wird einem klar, dass es noch mehr gibt, was man nicht weiß oder nicht tun kann. Die Leute neigen dazu, das Gefühl zu haben, dass sie mehr tun könnten; davor sollte man sich schützen. Und es ist eine Herausforderung, dass Ideen im Labor oft nicht so funktionieren, wie man es sich vorgestellt hat. Dann geht man zurück zum Anfang und bespricht es mit seinem Team. Das ist in der Wissenschaft normal, es ist ein ständiges Ausprobieren. In letzter Zeit ist mir auch aufgefallen, dass es schwierig ist, mit der Tatsache umzugehen, dass man nur begrenzten Einfluss auf die Forschungsfinanzierung hat, von der man aber abhängig ist.

Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren Ich geben?

Kalyk: Meinem jüngeren Ich in der Schulzeit würde ich sagen: „Lerne fleißig und sei ein bisschen netter, nicht so hart zu dir selbst.“ Abgesehen davon würde ich nichts ändern.

Gerlitz: Ich würde mir dasselbe sagen. Vielleicht zusätzlich geduldig zu sein und offen zu bleiben. Es ist in Ordnung, einen Schritt nach dem anderen zu machen, sich umzusehen und zu schauen, wohin es einen führt. Auf dem Weg dorthin lernt man mehr über sich selbst und den Beruf, den man ausüben möchte. Und es ist immer in Ordnung, die Richtung zu ändern.

Was wünschen Sie sich für Frauen in der Zukunft?

Gerlitz: Ich wünsche mir mehr Chancengleichheit. Die Leistungen von Frauen in der Wissenschaft müssen anerkannt und sichtbar gemacht werden. Die gläserne Decke muss abgebaut werden, damit Frauen und Männer die gleichen beruflichen Chancen erhalten. Und wir brauchen Wissenschaftlerinnen als Vorbilder für Mädchen.

Kalyk: Ich stimme Anna zu. Ich hoffe einfach, dass sich die Frage in Zukunft nicht mehr stellt, weil wir sie nicht mehr brauchen. Ich hoffe, dass wir eines Tages echte Gleichberechtigung erreichen werden. Bis dahin müssen wir dieses sehr wichtige Thema ansprechen und im Gespräch bleiben. Wenn man in der Batterieforschung anfängt, sieht man, dass die Anzahl der Männer und Frauen ziemlich gleich ist, manchmal gibt es sogar mehr Frauen in Doktorandenstellen. In höheren Positionen verschiebt sich die Anzahl drastisch. Das zeigt, dass wir noch nicht so weit sind.

Vielen Dank!

Letzte Änderung: 11.02.2025