Neutronen zeigen, wie Nanokalk poröses Gestein konservieren kann

18. November 2020

Quelle:

Heinz Maier-Leibnitz Zentrum

Kulturgüter, wie Wandgemälde oder Bauten aus kalkhaltigem Material, sind oft den Einflüssen ihrer Umgebung ausgesetzt und werden dadurch beschädigt. Um sie zu erhalten, nutzen Restauratoren so genannten Nanokalk, in Alkohol gelöste Partikel von Calciumhydroxid in Nano-Größe. Wenn dieser Nanokalk auf poröses Gestein aufgebracht wird, entsteht Calciumcarbonat, welches das Material stärkt. Wissenschaftler aus Tschechien und Italien, unterstützt von Dr. Marie-Sousai Appavou, Instrumentwissenschaftler an der Außenstelle des Jülich Centre for Neutron Science (JCNS) am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ), untersuchten unter anderem mit Neutronenstreuung, wie effektiv Nanokalk poröses Material schützt.

Nanokalk
Kreuzgang des Xantener Doms: Die Säulen werden mit Nanokalk konserviert.
Wikipedia (Rolfcosar / CC BY-SA, https://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Xantener_Dom_Kreuzgang.jpg)

„Unser Ziel war es, die strukturellen Veränderungen von porösem Material nach der Anwendung des Nanokalks zu quantifizieren. Und das auf eine komplett nicht-invasive Art“, erklärt Dr. Radek Ševčík von der Czech Academy of Sciences, einer der Autoren der Studie. Damit können die Forscher die Effektivität der Behandlung beurteilen. Ihre Untersuchungen führten sie an Kalkstein aus Maastricht durch, einem Standard in der Forschung zur Konservierung von Kulturerbe.

Für ihre Analyse nutzten die Wissenschaftler Synchrotron-Röntgen-Tomographie an der CERIC-Synchrotonanlage Elettra in Triest sowie die Jülicher Neutronenkleinwinkelstreuapparatur KWS-2 am MLZ. Durch die erstmalige Kombination dieser beiden Untersuchungsmethoden konnten die Forscher Veränderungen in der Porosität des Materials vor und nach der Behandlung mit Nanokalk sowohl auf der Mikroskala als auch auf der Nanoskala abbilden. Damit decken sie eine breite Bandbreite von Porengrößen ab. Das ist wichtig, da insbesondere Naturstein in seiner Beschaffenheit oft unregelmäßig ist.

Nanokalk
Auf poröses Gestein (links) wird Nanokalk aufgetragen (Mitte). Dadurch entsteht Calciumcarbonat, welches das Gestein stärkt. Die Porosität nimmt ab (rechts).
Reiner Müller / TUM

„Dank des tiefen Eindringens der Neutronen können wir nicht-invasiv große Proben untersuchen“, hebt Ševčík die Bedeutung die Methode der Neutronenstreuung hervor. „Besonders für Kulturerbe-Objekte sind diese Aspekte von großem Interesse.“ Insgesamt zeigen die Forscher in ihrem Paper einen neuen methodischen Ansatz, den Nutzen von Konservierungsarbeiten zu überprüfen, ohne die wertvollen Proben zu beschädigen.

 „Wir konnten feststellen, dass sich die Poren-Oberfläche durch die Behandlung mit Nanokalk vergrößert. Die Porosität wird weniger“, fasst Ševčík zusammen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Gestein dadurch stabiler ist. Die Konservierung mit Nanokalk kommt bei einer Vielzahl von Kulturerbe-Stätten zum Einsatz. Der Anwendungsbereich ist vielfältig und reicht von der Konservierung von Wandgemälden und Fresken bis hin zur Verfestigung von Naturstein in der Denkmalpflege, beispielsweise bei Statuen.

Originalpublikation

Ševčík, R., Viani, A., Mancini, L. et al.
Investigation of nano-microstructural changes in Maastricht limestone after treatment with nanolime suspension.

Appl. Phys. A 126, 367 (2020).

Weitere Informationen:

Neutronenkleinwinkelstreuapparatur KWS-2

am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum:

CERIC-Synchrotonanlage

Elettra

Letzte Änderung: 03.03.2022