Von zockenden Bibliothekar*innen und der queeren Community

Von zockenden Bibliothekar*innen und der queeren Community
Claudia Frick

Ihr Weg führte sie von der Meteorologie zur Arbeit in der Bibliothek des Forschungszentrums Jülich. Und von dort aus weiter zu einer Professur für Wissenschaftskommunikation an der Technischen Hochschule Köln.
Prof. Dr. Claudia Frick im Gespräch über berufliche Aufgaben, zockende Bibliothekar*innen und die queere Community.

Von der Meteorologie ist es ein recht großer inhaltlicher Schritt in das Bibliothekswesen. Wie kam es dazu, dass Sie diesen Schritt gegangen sind?

Neben meinem Meteorologiestudium habe ich mich auch vielen anderen Dingen gewidmet, mich zum Beispiel politisch engagiert. Diese Aspekte wollte ich in meinen Beruf integrieren. Da kam eine Stellenausschreibung des Forschungszentrums, in der eine Naturwissenschaftler*in für die Arbeit in der Bibliothek gesucht wurde, wie gerufen: Ich kannte mich mit dem wissenschaftlichen Publizieren ebenso aus wie mit dem Urheberrecht. Allerdings musste ich noch einen Master in Bibliotheks- und Informationswissenschaft machen, finanziell unterstützt und für die entsprechenden Zeiten freigestellt vom Forschungszentrum. Ich habe sieben Jahre am Forschungszentrum gearbeitet und mir am Ende mit einer Kollegin eine Fachbereichsleitung geteilt. Die Aufgaben meines Teams lagen unter anderem darin, wissenschaftliche Zeitschriften herauszugeben, den FZ-eigenen Verlag zu betreuen und die Publikationsdatenbank weiterzuentwickeln und zu programmieren.

Sie hatten eine feste Stelle – warum führte Sie Ihr Weg vom Forschungszentrum weg?

Neben meiner Arbeit am Forschungszentrum habe ich an der TH Köln einzelne Lehraufträge übernommen. Und da bin ich über eine sehr passende Ausschreibung gestolpert: Eine Professur im Bereich der Wissenschaftskommunikation. Da mir das quasi vor die Füße gelegt wurde, habe ich es einfach probiert. Zwar hatte ich nicht darauf hingearbeitet und somit auch keine lange Publikationsliste, doch an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften wog meine vorhandene praktische Erfahrung schwerer.

Worin liegen Ihre Aufgaben heute als Professorin?

Der Schwerpunkt liegt auf der Lehre, aber ich habe natürlich auch die Möglichkeit zu forschen. Da ich in meiner Freizeit stark mit anderen Bibliotheksmenschen vernetzt bin und einen Podcast zur Klimaforschung – einer Überlappung zwischen Meteorologie und Wissenschaftskommunikation – mache, ergeben sich dafür Themen, die erst einmal nichts mit dem zu tun haben, was in Jülich auf meinem Schreibtisch lag: Etwa Genderaspekte, queere Themen in der Bibliothekswissenschaft und Klimaanpassung. Diese Forschungsthemen würden sich nicht direkt aus meiner Lehrtätigkeit ergeben.

Wie sieht die Vernetzung mit anderen Bibliotheksmenschen aus, die Sie erwähnten? Da scheint sich ja Privates und Berufliches miteinander zu verbinden?

Während der Covid-Pandemie hat jemand auf einer Bibliothekskonferenz – die natürlich online stattfand – gefragt, ob noch jemand von uns gerne zockt. Es hat sich dann eine Gruppe von Leuten gefunden und vernetzt, die sowohl in und um Bibliotheken arbeiten als auch gerne Computerspiele spielen: Die Gamebrarians. Natürlich reden wir beim Zocken auch über unsere Arbeit, wobei zahlreiche Ideen entstehen. Zum Beispiel ist auf diese Weise das Netzwerk queerer Bibliotheksmenschen entstanden: Einige Gamebrarians haben einen Workshop zum Thema „Bibliotheken als Safe-Space für die queere Community" geplant – und beim Brainstormen festgestellt, dass da nicht nur gamende Bibliotheksmenschen sitzen, sondern wir auch alle queer sind. Um uns mit anderen queeren Bibliotheksmenschen zusammenzutun, die zwar nicht zocken, aber diese andere Gemeinsamkeit verbindet, haben wir das Netzwerk Queerbrarians ins Leben gerufen. Aus beiden Netzwerken sind nicht nur berufliche Kontakte und private Freundschaften entstanden, sondern auch wissenschaftliche Publikationen, von Menschen, die sonst wahrscheinlich nicht zusammengefunden hätten. Das ist ein wilder Mix aus einer privaten Gemeinsamkeit, die man hat, und einer beruflichen Perspektive. Auch fließen aus diesen Netzwerken viele Ideen zurück in meine Forschungen.

Wie aktiv war Ihre Rolle bei der Gründung dieser Netzwerke?

Bei den Queerbrarians war mein eher scherzhafter Vorschlag, dass wir dann ja auch gleich ein Netzwerk queerer Bibliotheksmenschen gründen könnten, der zündende Funke. Beim Regenbogennetzwerk des Forschungszentrums Jülich, das sich an alle Mitarbeitenden richtet, oder dem queeren Netzwerk der Mitarbeitenden der TH Köln, war ich auch jeweils an der Entstehen beteiligt. Die Idee zum Regenbogennetzwerk wurde von einer meiner Mitarbeiter*innen in Jülich an mich herangetragen: Sie erzählte mir, dass sie sich zunächst nicht sicher war, ob es sich beim Forschungszentrum um ein queer-freundliches Unternehmen handelt. Wir wollten uns daher zu zweit mit dem Büro für Chancengleichheit zusammensetzen, um Vernetzungsmöglichkeiten auszuloten – doch das Mundpropaganda-Netzwerk des Forschungszentrums hat so gut funktioniert, dass uns schon vorab der damalige Vorstandsreferent von Herrn Professor Marquardt, Herr Jäger, kontaktiert hat und dazugestoßen ist.

Gibt es aus ihrer Sicht etwas, das Sie am Forschungszentrum besonders finden?

Auf jeden Fall! Es gibt etwas in Jülich, das ich an der TH Köln vermisse: Das enge Zusammensein der vielen Disziplinen. Das Forschungszentrum hat einen ganz besonderen Campus-Charakter: Auf einem grünen Gelände im Wald gelegen, in der Mitte einen See, man trifft sich wie in einem Schmelztiegel. Die TH Köln dagegen ist über zahlreiche Standorte verstreut. Während man am Forschungszentrum ständig über Leute aus anderen Disziplinen stolpert, ist das hier nur mit Absicht oder digital möglich.

Podcast - Das Klima
Netzwerk - Queerbrarians
Netzwerk - Gamebrarians

Letzte Änderung: 29.07.2025