Sprung in die Unternehmensberatung

Sprung in die Unternehmensberatung
Implement Consulting Group

Dr. Martin Robinius‘ Lebenslauf liest sich wie aus dem Bilderbuch: Ausbildung bei der Deutschen Telekom, Studium des Wirtschaftsingenieurwesens, Dissertation am Forschungszentrum Jülich, Auslandsaufenthalte in den USA und in China, Geschäftsführer der ETC Energy Transition Consulting GmbH, Abteilungsleiter Verfahrens- und Systemanalyse und Stellvertretender Institutsleiter am Forschungszentrum. Von dort aus führte ihn sein Weg in die Beratertätigkeit bei der Implement Consulting Group.

Der Sprung von der Forschung in die Beratertätigkeit scheint erst einmal groß. Wie kam es dazu?

Im Bereich der Verfahrens- und Systemanalyse ist er deutlich kleiner, als es scheinen mag. Wir hatten relativ viele Industrieanfragen rund um das Thema Energie, fanden jedoch kein Modell, diese industrienahen Fragestellungen im Forschungszentrum abzuarbeiten. Um diese Lücke zu schließen, erbrachten Prof. Stolten und ich die Beratungsleistungen nebenberuflich – und waren damit so erfolgreich, dass daraus die Energy Transition Consulting GmbH erwuchs. Damit hatten wir einerseits die Chance, Beratungsaktivitäten in die Industrie zu vermitteln, andererseits eine Möglichkeit, sehr gute Doktoranden am Forschungszentrum zu halten.

Nachdem ich für das Beratungsunternehmen umlaut eine Studie durchgeführt habe, erhielt ich die Anfrage, ob ich dort einen großen Bereich übernehmen wollte. Nun gab es zwei Optionen: Entweder die GmbH zu skalieren – was ein großer Aufschlag in organisatorischer Hinsicht gewesen wäre, schließlich machten wir bis hin zur Buchhaltung noch alles selber – oder dem Ruf ins größere Beratungsunternehmen zu folgen. Ich habe mich für die Dinge entschieden, bei denen ich mich auskenne: Die Beratertätigkeit. umlaut wurde schließlich von Accenture gekauft, heute arbeite ich bei der Implement Consulting Group.

Welche Art Projekte betreuen Sie in der Implement Consulting Group?

Die Projekte, die ich bearbeite, decken die gesamte Wertschöpfungskette ab, jedoch liegt der Fokus stets auf der Energieberatung. Momentan entwickle ich beispielsweise eine Strategie für ein Hafen- und Schiffsunternehmen, bei der es um CO2-Transporte geht. In Kopenhagen habe ich ein Projekt durchgeführt, bei dem das CO2 aus einer Waste-to-Energy-Anlage gespeichert werden sollte.

Während Ihres Studiums und Ihrer Dissertation haben Sie einige Zeit im Ausland verbracht – in China haben Sie bei Volkswagen und Management Engineers gearbeitet, in den USA am National Renewable Energy Laboratory geforscht. Wie wichtig waren diese Auslandaufenthalte für Ihre Sicht auf die Welt?

Zu der damaligen Zeit war China noch ein richtiges Abenteuer. Geprägt haben mich weniger die Vorlesungen an der Zhejiang University of Science and Technology, sondern vor allem das Leben und Arbeiten vor Ort. Interessant fand ich unter anderem die Geschwindigkeit, mit der Änderungen in China vonstattengehen. Als ich ankam, nutzten viele Menschen dort Benzinroller – die jedoch quasi über Nacht durch Elektroroller ersetzt wurden. Während wir in Deutschland Studien machen, Netzberechnungstools erstellen und die Belastungen ermitteln, hat dort einfach jeder ein Verlängerungskabel aus dem Fenster gehängt, um die Roller laden zu können. Es war äußerst spannend mitzuerleben, mit welchem Hunger und welcher Dynamik Entwicklungen in China vorangetrieben werden. Und umgekehrt auch zu sehen, mit welcher Dynamik Entwicklungen in China vorangetrieben werden – und zugleich, welche Spannungsfelder sich dabei beispielsweise im Umgang mit Meinungsäußerung ergeben.


In den USA habe ich als Gastwissenschaftler am National Renewable Energy Laboratory gearbeitet. Trotz aller Ehrfurcht, die ich vor dem amerikanischen Forschungssystem hatte, stellte ich fest, dass auch dort nur mit Wasser gekocht wird. Dieser Vergleich hat mir sehr geholfen einzuordnen, wie weit an der Spitze das Forschungszentrum forscht.

Was können Sie heutigen Doktorandinnen und Doktoranden des Forschungszentrums mit auf den Weg geben?

Fängt man nach der Promotion in der Industrie an, ist Bescheidenheit gefragt – man beginnt quasi wieder ganz unten. Rein thematisch werden die meisten Menschen nicht viel Nutzen aus ihrer Promotion ziehen können, doch sollte man die methodischen Fähigkeiten nicht unterschätzen, die man während des Promovierens entwickelt: Themen zu strukturieren, aufzubereiten und nicht aufzugeben. Das sind die Punkte, die einen das ganze Leben hindurch weiterbringen. Das Forschungszentrum bietet eine große Fülle an Optionen, und die Promotion insgesamt ist eine deutliche persönliche Bereicherung.

Was könnten sie dem Forschungszentrum aus Ihrer heutigen Consultant-Sicht heraus raten?

Meiner Einschätzung nach kommen wissenschaftliche Paper nur sehr sporadisch in der Industrie an – hier fehlen vielfach die Brücken zwischen Forschung und Industrie. Doch ist diese Transferleistung insbesondere hinsichtlich der Energiewende essentiell, schließlich bleibt bis zur angestrebten Klimaneutralität im Jahre 2045 nur noch wenig Zeit. Das Forschungszentrum könnte daher weit stärker mit Stolz kommunizieren, was es alles erreicht: Schließlich werden dort so viele spannende Themen erarbeitet!

Letzte Änderung: 27.06.2025