Start der neuen SCALEXA-Projekte

Nach der letztjährigen Förderbekanntmachung "SCALEXA" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind kürzlich neue Verbundforschungsprojekte im Bereich der Software- und Technologieentwicklung im Hochleistungsrechnen (HPC) im Exascale-Zeitalter gestartet. Die Förderrichtlinie SCALEXA unterstützt HPC als grundlegende Forschungsmethode in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie Astrophysik, Biologie, Erdsystemmodellierung, Kern- und Teilchenphysik. Auch Technik und Industrie haben einen wachsenden Bedarf an Rechenleistung. Gleichzeitig bieten Forschung und Anwendungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) neue Konzepte und Perspektiven für Simulation, Modellierung und die Analyse großer Datenmengen.

Während die derzeitigen Supercomputer in Europa Leistungen im Prä-Exaflop-Bereich erreichen, wird der erste Computer der Exascale-Leistungsklasse in Europa - JUPITER - voraussichtlich schon in ein bis zwei Jahren zur Verfügung stehen. In modernen HPC-Systemen wird eine Vielzahl von Technologien eingesetzt: von neuen Prozessoren, Beschleunigern und Datenspeichern bis hin zu Dateisystemen und Betriebssystemen. Die Programmierung großer, heterogener und modularer Systeme erfordert neue Methoden und Techniken in der Softwareentwicklung, vor allem durch einen End-to-End-Co-Design-Ansatz. Gleichzeitig werden die Anforderungen der Anwendungen immer heterogener. Damit Anwendungen die Fähigkeiten von Exascale-Systemen effizient nutzen können, muss die Skalierbarkeit von Code und Arbeitsabläufen verbessert werden, insbesondere in Anwendungsfällen, in denen klassische HPC-, KI- und Datenanalysetechniken kombiniert werden.

Die Förderrichtlinie SCALEXA ergänzt die im Rahmen des EuroHPC Joint Undertaking (JU) durchgeführten Infrastrukturentwicklungs- und Forschungsaktivitäten. Die BMBF-Förderung soll eine gute Ausgangsposition für die deutsche Beteiligung an diesen europäischen Aktivitäten sicherstellen und gleichzeitig die effiziente Nutzung zukünftiger Exascale-Systeme in Deutschland ermöglichen. In sechs der neuen SCALEXA-Verbundforschungsprojekte, die sich über einen Zeitraum von drei Jahren von 2022 bis 2025 erstrecken, arbeitet das JSC mit Projektpartnern aus ganz Deutschland zusammen. Die Projekte, an denen das JSC beteiligt ist, konzentrieren sich vor allem auf die Entwicklung von HPC-Software.

Das Ziel des vom JSC geleiteten FlexFMM-Projekts ist die realistische Simulation großer interagierender Biomoleküle mittels GROMACS auf künftiger Exascale-Hardware. Der Schwerpunkt liegt auf der skalierbaren und flexiblen Fast-Multipole-Methode (FMM) als elektrostatischer Löser. Die geringe Kommunikationskomplexität, die dynamischen Protonierungseigenschaften und die Unterstützung nicht-periodischer und hochinhomogener Partikelsysteme ermöglichen neue biomedizinische Entwicklungen. Darüber hinaus konzentriert sich das Projekt auf die vollständige Nutzung der kommenden ARM-Hardware von SiPearl mit SVE-Vektoreinheiten und HBM-Speicher, um etablierte Simulationswerkzeuge zukunftssicher zu machen und den Weg für Exascale zu ebnen.

Ziel des vom Institut für Softwaretechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) geleiteten Projekts ADAPTEX ist es, ein Open-Source-Software-Framework für exascale-fähige Strömungsberechnungen auf dynamischen adaptiven Gittern zu entwickeln und es im Bereich der Erdsystemmodellierung (ESM) anzuwenden. Durch die Zusammenführung von individuell spezialisierten HPC-Softwarebibliotheken und deren Erweiterung auf heterogene Exascale-Rechnerarchitekturen soll die Skalierbarkeit und Ressourceneffizienz heutiger und zukünftiger ESM-Anwendungen deutlich verbessert werden.

Ziel des vom Institut für Mathematik der TU Hamburg geleiteten ExaOcean-Projekts ist es, das Ozeanmodell ICON-O durch eine Kombination aus klassischen diskreten Algorithmen und Methoden des maschinellen Lernens mindestens um den Faktor vier zu beschleunigen. Die in dem Projekt angewandten innovativen Spectral Deferred Correction (SDC)-Methoden sind insofern bemerkenswert, als sie Beschleuniger und modulare Supercomputer effizienter nutzen, als dies mit einfachen numerischen Methoden allein möglich wäre. Neben der Laufzeitverkürzung wird dieser Ansatz eine bessere Skalierbarkeit auf heterogenen Systemen ermöglichen, ohne die Genauigkeit und Qualität der Simulation zu beeinträchtigen.

Das vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) geleitete Projekt IFCES2 wird neue Methoden entwickeln, um die parallele Ausführung von Simulationsalgorithmen des Erdsystemmodells ICON auf heterogenen und modularen Exascale-Systemen zu optimieren. Die Code-Parallelität wird verbessert und es werden Methoden angewendet, die eine bessere Kommunikation zwischen den einzelnen Modellkomponenten sowie eine dynamische Lastverteilung ermöglichen. Die Methoden werden anhand von Anwendungsfällen aus der Wolkenmikrophysik und der Biogeochemie des Ozeans validiert. Damit werden die notwendigen Voraussetzungen für die effiziente Nutzung von modularen Exascale-Systemen für komplexe Simulationen geschaffen.

Ziel des MExMeMO-Projekts ist die Entwicklung eines Multiskalenmodells für die Herstellungsprozesse von weichen Materialien. Diese Anwendungen stellen eine große Herausforderung für HPC dar, da komplexe Prozesse auf sehr unterschiedlichen Skalen gekoppelt sind und die damit verbundenen Simulationstechniken sehr unterschiedliche Anforderungen an die Hardware stellen. Das neue, innovative Multiskalenmodell am Beispiel einer speziellen Polymermembran umfasst verschiedene Größen- und Zeitskalen, so dass flexible Rechnerarchitekturen realisiert werden können. Außerdem baut es auf dem Konzept der modularen Supercomputerarchitektur für das Exascale Computing auf.

Ziel des vom Fachbereich Mathematik der TU Dortmund geleiteten Projekts StrömungsRaum ist die methodische Erweiterung des CFD-Softwarepakets FEATFLOW auf der Basis paralleler hardwarenaher Implementierungen, um hochskalierende, industrielle CFD-Simulationen auf zukünftigen Exascale-Architekturen zu ermöglichen. Um die optimale Nutzung heterogener Hardwarekomponenten zu gewährleisten, werden neue geometrische Mehrgitterlöser und hochskalierbare nichtlineare Gebietszerlegungsmethoden für CPU und GPU entwickelt. Darüber hinaus werden verschiedene zeitparallele und zeitsimultane Ansätze das Parallelitätspotenzial der Algorithmen erhöhen.

Kontakt: Dr. Lars Hoffmann

aus JSC News No. 293, 6. Dezember 2022

Letzte Änderung: 07.12.2022