„HippoMaps“ vereinfacht Hippocampus-Forschung

Trotz der wichtigen Rolle des Hippocampus für viele kognitive Prozesse im menschlichen Gehirn gab es bislang kein einheitliches System, um die Struktur und Funktion dieser Region mit verschiedenen Messmethoden zu erfassen, gemeinschaftlich darzustellen und auszuwerten. Ein internationales Team von Wissenschaftler:innen hat deshalb im Rahmen des deutsch-kanadischen Projekts HIBALL (Helmholtz International BigBrain Analytics and Learning Laboratory) „HippoMaps“ entwickelt: eine frei zugängliche Software-Toolbox inklusive einer Online-Datenbank speziell für die Deep-learning-basierte Integration von Bilddaten unterschiedlicher Herkunft und Auflösung sowie die Analyse und die Kartierung des Hippocampus. Ziel ist es, die Zusammenhänge seiner Struktur und Funktion im gesunden wie erkrankten Gehirn besser zu verstehen. In einer aktuellen Studie, die jetzt in „Nature Methods“ erschienen ist, stellen sie „HippoMaps“ vor.

Der Hippocampus ist die Region des Gehirns für Gedächtnisbildung und Lernprozesse, den Übergang zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis, räumliche Orientierung und das Verarbeiten von Emotionen. Er weist einen komplexen mehrschichtigen Aufbau mit unterschiedlichen Zelltypen auf und ist mit verschiedenen Hirnregionen eng vernetzt. Schädigungen des Hippocampus können das Gedächtnis auf verschiedene Weise beeinträchtigen. So finden sich schon frühzeitige Veränderungen bei einer Demenzerkrankung im Hippocampus. Sein komplizierter Aufbau, vor allen Dingen seine komplexen internen und externen Verschaltungen, d.h. die funktionalen neuronalen Netzwerke, machen seine Erforschung jedoch schwierig.

„HippoMaps“ vereinfacht Hippocampus-Forschung
Mapping und Anpassung mit „HippoMaps“: Die Faltung und Dichte der Oberfläche werden an die Form und Auflösung einer Probe angepasst. Um die komplexe Struktur des Hippocampus besser analysieren zu können, wurde er "aufgefaltet". Dies ermöglicht es, Daten aus verschiedenen Experimenten auf dieser aufgefalteten Oberfläche miteinander vergleichen zu können, beispielsweise Bilder von Gehirnen von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen in Bezug auf die Mikrostruktur des Hippocampus besser interpretieren zu können.
DeKraker, J. et al. HippoMaps: multiscale cartography of human hippocampal organization. https://doi.org/10.1038/s41592-025-02783-3

Datensammlung und Software-Tool

Mit „HippoMaps“ entwickelten die Forschenden aus Kanada, den USA, der Schweiz und Deutschland eine Software-Toolbox, um Datenmaterial aus unterschiedlichen Untersuchungsmethoden einheitlich zusammenzuführen und für die weitere Forschung nutzbar zu machen. Aus dem Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) kamen histologische Daten und solche, die bei Untersuchungen mit 3D-PLI (3D Polarized Light Imaging) ermittelt wurden. Weitere Daten stammen aus unterschiedlichen magnetresonanztomographischen Untersuchungen sowie intrakranieller Elektroenzephalographie von Patienten mit Epilepsie. „HippoMaps“ macht es möglich, Hippocampus-Merkmale, die mit verschiedenen Methoden erfasst wurden, zu vergleichen – insbesondere, um Bildgebungsverfahren am lebenden Gehirn mit Daten aus Gewebeproben abzugleichen.

Weiter lassen sich die Zusammenhänge zwischen der Struktur des Hippocampus und seinen Funktionen untersuchen, etwa indem man Ergebnisse aus funktioneller Bildgebung oder direkten Messungen im Gehirn in Beziehung zu räumlichen Mustern aus anatomischen Messungen setzt. „HippoMaps“ ermöglicht es außerdem, Abweichungen bei Patienten mit Erkrankungen zu erkennen und gegen bekannte Strukturprinzipien des Hippocampus zu bewerten. Schließlich wird das Verständnis der Verschaltung und Funktionsweise des Hippocampus vertieft, indem Verbindungen und Mikrostrukturen genauer kartiert werden, um seine Funktionen besser zu verstehen.

Anwendungsperspektive

„HippoMaps“ ist frei zugänglich und wurde nach den neuesten Standards entwickelt, um eine einfache Nutzung und Verbreitung in der Grundlagen- und Klinischen Neurowissenschaft zu ermöglichen. Aufgrund der besonderen Bedeutung des Hippocampus für Neuroanatomie und kognitive Funktionen bietet „HippoMaps“ auch wichtige Hinweise für die Entwicklung und Überprüfung von neuen, vom Gehirn inspirierten KI-Systemen.

Originalpublikation:
DeKraker, J., Cabalo, D.G., Royer, J. et al. HippoMaps: multiscale cartography of human hippocampal organization. Nat Methods (2025). https://doi.org/10.1038/s41592-025-02783-3

Ansprechpartner:in

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Director of the INM-1 and Working Group Leader "Architecture and Brain Function"

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Letzte Änderung: 09.10.2025