Tiefe Hirnstimulation ist wirksam bei seltener motorischer Krankheit
In der Fachzeitschrift Movement Disorders Clinical Practice präsentieren Forscher:innen der Arbeitsgruppe Klinische Neuroanatomie am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) in Kooperation mit dem Zentrum für Bewegungsstörungen und Neuromodulation sowie der Funktionellen Neurochirurgie und Stereotaxie am Universitätsklinikum Düsseldorf aktuell einen Fallbericht über den Effekt von tiefer Hirnstimulation bei einem Patienten mit einer genetisch bedingten Störung der Motorik. Aufgrund der Mutation eines Gens namens POLR3A kommt es bei dieser Erkrankung häufig zu einem ausgeprägten sogenannten Aktionstremor, der jegliche Willkürbewegung der Betroffenen durch starkes Zittern stört.
Eine medikamentöse Behandlung hatte bei dem 71-jährigen Patienten keine Wirkung gezeigt, deshalb wurde bei ihm mittels tief im Gehirn implantierter Elektroden eine Region des Thalamus, der sogenannte Nucleus ventralis intermedius, elektrisch stimuliert. Der therapeutische Effekt war deutlich: Das Zittern der am meisten betroffenen Körperteile, Kopf, Rumpf und Arme konnte stark reduziert werden. Alltägliche Handlungen, wie ohne Hilfe zu essen oder den Computer zu benutzen, wurden dem Patienten wieder möglich. Zudem erwies sich die Verbesserung als langanhaltend: Auch fünf Jahre nach Beginn der Behandlung hielt der positive Effekt weiter an.

In einer Studie aus dem Jahr 2021 wurde die tiefe Hirnstimulation erfolgreich nur bei einem einzelnen Patienten mit POLR3A-bedingten Störungen beschrieben, der zudem unter kognitivem Abbau und Parkinsonismus litt. In diesem Fall wurde eine andere Region, der Globus pallidus internus, stimuliert. Aufgrund des tiefgreifenden und langanhaltenden alltagsrelevanten Nutzens macht die Studie der Jülicher und Düsseldorfer Forscher:innen deutlich, dass Patienten mit Aktionstremor aufgrund von POLR3A-Mutationen von dieser Therapie profitieren können.
Für die Visualisierung des Orts der Elektroden, die bei der Tiefen Hirnstimulation zum Einsatz kommen, wurden das BigBrain-Modell als Hintergrund und der Julich-Brain Atlas für die Darstellung der Zielregion verwendet. Hierbei konnte zugleich die Variabilität der Hirnregion dargestellt werden, da der Julich-Brain Atlas dreidimensionale Wahrscheinlichkeitskarten aus unterschiedlichen kartierten Gehirnen bereitstellt. So ließ sich für die Forscher besser beurteilen, wie genau die Elektroden ihre Zielregion trafen.
Originalveröffentlichung:
Minnerop, M., Reinhardt, A., Nikolov, P., Bahners, B.H., Caspers, J., Marae, J.G., Hartmann, C.J., Groiss, S.J., Amunts, K., Vesper, J. and Schnitzler, A. (2025), Long-Term Benefit of Thalamic Deep Brain Stimulation in POLR3A Mutation-Associated Action Tremor. Mov Disord Clin Pract, 12: 882-884. https://doi.org/10.1002/mdc3.70002
Ansprechpartnerin
PD Dr. med. Martina Minnerop
Working Group Leader "Clinical Neuroanatomy" and Consultant Neurologist
- Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
- Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
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Pressekontakt
Erhard Zeiss
Wissenschaftlicher Kommunikationsreferent
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