Prämotorischer Kortex neu kartiert: Sieben Unterareale und funktionelle Unterscheidung
Forschende aus dem Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) und dem Cécile und Oskar Vogt-Institut für Hirnforschung haben den menschlichen prämotorischen Kortex neu kartiert und dabei sieben klar unterscheidbare Unterareale identifiziert. Die neuen, histologisch hochaufgelösten Karten zeigen, wie sich die verschiedenen Bereiche anatomisch abgrenzen. Damit hilft die neue Gliederung, funktionelle Unterschiede dieser Bereiche besser zu verstehen. Die neuen Karten sind im Julich Brain Atlas verfügbar, Kernstück von EBRAINS, der europäischen digitalen Forschungsplattform für die Neurowissenschaften. Die Studie ist jetzt in Communications Biology erschienen.
Der prämotorische Kortex ist ein Bereich der Großhirnrinde, der Bewegungen vorbereitet, in dem er Sinnesinformationen mit der passenden Bewegung verbindet – zum Beispiel, wenn man eine Tasse sieht und dann nach ihr greift. Die aktuelle Studie zeigt, dass es für die funktionelle Spezialisierung des prämotorischen Kortex nun auch ein anatomisches Korrelat gibt - einen dorsalen (oberen) und einen ventralen (unteren) Bereich, die jeweils aus mehreren Hirnaralen bestehen. Diese anatomisch unterschiedlichen Bereiche sind leicht über eine Hirnfurche im Vorderhirn, den sogenannten oberen Frontalsulcus (Sulcus frontalis superior), zu identifizieren. Dabei zeigte sich, dass Bein- und Armbewegungen vor allem den dorsalen Hirnarealen zugeordnet sind, während Greif- und Mundbewegungen überwiegend in ventralen Bereichen liegen.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie: Die Forscher:innen konnten klären, dass die für Augenbewegungen zuständigen zentralen frontalen Augenfelder (Frontal Eye Fields, FEF) zum prämotorischen, und nicht wie oft vermutet zum davor liegenden präfrontalen Kortex gehören.
Grundlage für medizinische Anwendungen
Die neuen prämotorischen Karten basieren auf histologischen Hochauflösungsdaten von zehn menschlichen Gehirnen und liefern eine anatomisch genaue Grundlage, um beispielsweise Daten aus Bildgebungsstudien von gesunden Probanden oder Patienten besser interpretieren zu können. Sie bieten damit eine Grundlage für medizinische Anwendungen, etwa bei der Planung neurochirurgischer Eingriffe bei Epilepsie oder Hirntumoren, um zentrale Bewegungs- und Kognitionsfunktionen besser zu erhalten.
Originalpublikation:
Ruland, S.H., Sigl, B., Stangier, J., Caspers, S., Bludau, S., Mohlberg, H., Pieperhoff, P., Amunts, K. Revised cytoarchitectonic mapping of the human premotor cortex identifies seven areas and refines the localisation of frontal eye fields. Commun Biol 8, 1143 (2025). https://doi.org/10.1038/s42003-025-08528-4
Ansprechpartnerin
- Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
- Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Raum R 3034
Pressekontakt
Erhard Zeiss
Wissenschaftlicher Kommunikationsreferent
- Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
- Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Raum 3033