Präklinische Testung von Arzneimitteln
Im Rahmen der Wirkstoffentwicklung werden in der präklinischen Testung insbesondere Aspekte der Sicherheit, Wirksamkeit und Anwendung (Absorption, Distribution, Metabolisierung und Elimination) untersucht. Nach erfolgreicher in vitro- und in silico-Prüfung einer Testsubstanz müssen potenziell geeignete diagnostische und therapeutische Arzneimittel in vivo, d. h. in geeigneten Tiermodellen untersucht werden, bevor eine erstmalige Erprobung am Menschen erfolgen kann.
Unser Labor hat sich dabei auf die bildgebende Analyse spezialisiert. Dazu werden speziell miniaturisierte bildgebende Verfahren (z. B. PET, CT) analog der späteren Anwendung am Menschen eingesetzt.
Absorption, Distribution, Metabolisierung und Elimination (ADME)
Diese Charakteristika können mit modernen massenspektrometrischen Verfahren zum Teil mit nichtradioaktiven Substanz erfolgen. Häufig werden Kandidatenverbindungen aber auch radioaktiv, meist mit [14C], markiert. Dies ermöglicht eine vollständige Bilanzierung bei sehr niedrigen Nachweisgrenzen und erleichtert die Identifizierung von Stoffwechselprodukten (Metabolite). Die Verteilung der Prüfsubstanz kann direkt durch Auflegen von Filmen oder digitalen Speicherfolien auf Gewebsschnitten sichtbar gemacht werden (Autoradiographie).
Abb. 1: Autoradiogramme des Radioliganden [3H]CPFPX an unterschiedlich ausgerichteten Gehirnschnitten der Ratte. Die Falschfarben stellen Regionen mit unterschiedlicher Bindungsdichte (fmol/mg Protein) und damit indirekt mit unterschiedlicher Rezeptorexpression (in diesem Fall für den A1 Adenosinrezeptor, A1AR) dar (rot und gelb = hohe Bindung; grün und blau: niedrige Bindung).
Abb. 2: Chromatographische Auftrennung von Organextrakten und Körperflüssigkeiten der Ratte nach Verabreichung der Testsubstanz [18F]CPFPX.
Abb. 3: Massenspektrometrische Strukturaufklärung des Stoffwechselproduktes M1 anhand der Masse des Molekülions und von Fragmentierungsprodukten nach kollisionsinduzierter Dissoziierung (CID) auf einem Tripel-Quadrupolgerät.
Dosisfindung
Sofern die ADME-Studien erfolgversprechend sind, schließen sich Untersuchungen zur Dosisfindung an. Dies stellt insbesondere für Neuropsychopharmaka eine Herausforderung dar, da Tiermodelle vielfach nur bestimmte Aspekte einer ZNS-Erkrankung abbilden. Hier leisten Bildgebungsverfahren, die die Verteilung radioaktiv markierter Verbindungen im Körper messen und darstellen können, einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung der Dosisfindungsstudien am Menschen (siehe Klinische Prüfungen).
Wirksamkeit / Indikationsfindung
Die Wirksamkeit wird an geeigneten Krankheitsmodellen getestet, die der menschlichen Situation möglichst nahe kommen. Diese Tiermodelle stellen neben dem Kulturzelltest ein wichtiges Werkzeug in der Arzneimittelentwicklung dar.
Abb. 4: Vergleichende Analyse von dopaminergen Rezeptoren in einem transgenen Mausmodell der Chorea Huntington (obere Zeile: transgenes Modell; untere Zeile: Kontrolle). Die Fehlfarbendarstellung zeigt jeweils die regionale Bindungsstärke des jeweils verwendeten Radioliganden (rot und gelb: hohe Bindung; grün und blau: niedrige Bindung). Die verwendeten Radioliganden sind [3H]SCH 23390 für D1-Rezeptoren, [3H]Racloprid für D2-Rezeptoren und [3H]Mazindol für Dopaminaufnahmetransporter.
Abb. 5: Vergleichende Analyse von adenosinergen Rezeptoren in einem transgenen Mausmodell der Chorea Huntington (obere Zeile: transgenes Modell; untere Zeile: Kontrolle). Die Fehlfarbendarstellung zeigt jeweils die regionale Bindungsstärke des jeweils verwendeten Radioliganden (rot und gelb: hohe Bindung; grün und blau: niedrige Bindung). Die verwendeten Radioliganden sind [3H]CPFPX für A1-Rezeptoren und [3H]ZM 241385 für A2A-Rezeptoren.
Autoradiographische Studien an humanem post mortem-Gewebe
Während der präklinischen Evaluation neuer Radioliganden werden auch Untersuchungen an speziell präparierten Gehirnschnitten von Verstorbenen durchgeführt (siehe Abbildung 6). Diese Untersuchungen erlauben einen unmittelbaren Vergleich des Verteilungsmusters der Prüfsubstanz mit den PET-Befunden aus den Phase I-Prüfungen. Durch die erheblich höhere Auflösung lassen sich aus den post mortem-Befunden weitere Informationen über potenzielle Wirkorte sowie pathophysiologische Zusammenhänge extrahieren.
Abb. 6: Vergleichende Studien zur Verteilung des Radioliganden [18F]CPFPX in PET- (links oben) sowie post mortem-Studien (rechts). Die Skizzen links unten zeigen die anatomischen Regionen in Projektion auf die PET- (links) und die autoradiographische Darstellung (rechts). Die Schnittebene der beiden Verfahren ist rechts unten dargestellt. Es zeigt sich ein weitgehende Übereinstimmung der Ergebnisse aus beiden Verfahren (hohe Bindung z. B. in Thalamus und Neokortex; niedrige Bindung insbesondere in der weißen Substanz).