Quantensensorik im atomaren Maßstab

Wir nutzen die Manipulationsmöglichkeiten von Rastersondenmikroskopen, um molekulare Quantensensoren an den Sondenspitzen herzustellen, die die winzigen elektrischen und magnetischen Felder von Quantensystemen auf atomarer Ebene erfassen.

Quantensensoren machen sich die extreme Anfälligkeit von Quantensystemen gegenüber externen Störungen zunutze: Wechselwirkungen mit physikalischen Größen führen zu einer Änderung der Übergangsenergie zwischen Quantenzuständen, was eine empfindliche und quantitative Messung der Stärke der Wechselwirkung ermöglicht. Ein Beispiel für ein solches Quantensystem ist der Spin eines Elektrons in einem Magnetfeld, das zwei mögliche Zustände hat: Spin auf oder Spin ab. Die beiden Zustände sind durch eine Energiedifferenz getrennt, die von der Stärke des Magnetfelds abhängt. Je stärker das Magnetfeld ist, desto größer ist der Energieunterschied. Durch die genaue Messung des Energieunterschieds zwischen diesen beiden Spinzuständen kann man daher direkte Rückschlüsse auf die Stärke des Magnetfelds ziehen.

Vor kurzem haben wir einen Quantensensor entwickelt, der elektrische und magnetische Felder von einzelnen Atomen mit einer räumlichen Auflösung von mehr als 0,1 nm erfassen kann [1]. Zu diesem Zweck haben wir einen molekularen Spin, d. h. ein Molekül mit einem ungepaarten Elektron, an der Spitze der Metallspitze eines Rastertunnelmikroskops (STM) angebracht. Normalerweise ist die Lebensdauer eines Spins in direktem Kontakt mit einem Metall sehr kurz und kann nicht kontrolliert werden. In unserem Ansatz haben wir ein planares Molekül (PTCDA) durch präzise Manipulation auf atomarer Ebene in eine spezielle Konfiguration [2] auf der Spitze gebracht und so den molekularen Spin entkoppelt. In dieser Konfiguration ist das Molekül ein Spin-1/2-System und dient aufgrund des Zeeman-Effekts [3] als Zwei-Niveau-Quantensystem in einem Magnetfeld. Der Grundzustand wird in Spin-up- und Spin-down-Zustände aufgespalten, und der Energieunterschied zwischen diesen Zuständen hängt von der Stärke des Magnetfelds ab. Mit Hilfe der Elektronenspinresonanz (ESR) im STM konnten wir die Energiedifferenz zwischen den Zuständen mit einer Energieauflösung von ~100 neV nachweisen. Dadurch konnten wir das Magnetfeld eines einzelnen Atoms (nur wenige Atomabstände vom Sensor entfernt) bestimmen, das die Änderung der Spinzustände verursacht hat [1].

Wir verwenden diese Quantensensoren auf atomarer Ebene, um Spins in neu entstehenden Quantenmaterialien, wie z. B. 2D-Materialien, aufzulösen. Darüber hinaus arbeiten wir daran, die Empfindlichkeit unserer Quantensensoren um einen Faktor von etwa 1000 zu erhöhen, was es uns ermöglichen würde, Kernspins auf atomarer Skala zu erfassen. Diese Arbeiten werden mit einem einzigartigen Millikelvin-STM/AFM durchgeführt, das in der Abteilung Quanten-Nanowissenschaften (PGI-3) des Peter Grünberg Instituts am Forschungszentrum Jülich entwickelt wurde [4][5].

Referenzen

[1] T. Esat, D. Borodin, J. Oh, A. J. Heinrich, F. S. Tautz, Y. Bae, R Temirov, A quantum sensor for atomic-scale electric and magnetic fields. Nat. Nanotechnol. (2024)

[2] T. Esat, N. Friedrich, F. S. Tautz, R. Temirov, A standing molecule as a single-electron field emitter. Nature 558, 573–576 (2018)

[3] T. Esat, M. Ternes, R. Temirov, F. S. Tautz, Electron spin secluded inside a bottom-up assembled standing metal-molecule nanostructure. Phys. Rev. Research 5, 033200 (2023)

[4] T. Esat, P. Borgens, X. Yang, P. Coenen, V. Cherepanov, A. Raccanelli, F. S. Tautz, R. Temirov, A millikelvin scanning tunneling microscope in ultra-high vacuum with adiabatic demagnetization refrigeration. Review of Scientific Instruments. 92, 063701 (2021)

[5] T. Esat, X. Yang, F. Mustafayev, H. Soltner, F. S. Tautz, R. Temirov, Determining the temperature of a millikelvin scanning tunnelling microscope junction. Commun Phys. 6, 81 (2023)

Letzte Änderung: 23.02.2025