Destination Earth Use Case für Luftqualität DE370C
Inhaltsverzeichnis
Im Rahmen eines sogenannten Luftqualitäts-Use Case von Destination Earth (DestinE), der vertraglich dem ECMWF zugeordnet ist, entwickelt das Forschungszentrum Jülich eine Benutzeroberfläche für die Analyse und Vorhersage von Luftverschmutzung. Diese Simulationen werden den Digitalen Zwilling von DestinE zu wetterbedingten und geophysikalischen Extremen erforschen und zu einem On-Demand-Service führen. Die Jülicher Wissenschaftler kombinieren modernste regionale und hochauflösende chemische Transportmodellsimulationen des EURAD-IM (European Air pollution Dispersion-Inverse Model) mit innovativen Anwendungen des maschinellen Lernens. Letztere basieren auf frei zugänglichen Datenbanken mit Luftqualitätsbeobachtungen (z. B. TOAR-II-Datenbank) und atmosphärischen Modelldaten. Auf Grundlage einer neuartigen Verbindung von Luftqualitätsdaten und in einer besonders feinen Auflösung werden hier Simulationsprodukte für die Luftqualität bereitgestellt. Eine Erweiterung ermöglicht den Hauptnutzern die Simulation von Emissionsszenarien, mit denen sich die lokale Luftqualität unter Berücksichtigung verschiedener potenzieller Minderungsstrategien bewerten lassen.
Grundlage
Destination Earth ist eine Initiative des EU-Programms “Digitales Europa”. Es soll die Green-Deal-Aktivitäten bezüglich Maßnahmen für die Anpassung an den Klimawandel und geophysikalische Extremereignisse fördern. Das Europäische Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) entwickelt die ersten beiden Digitalen Zwillinge für:
- Die Anpassung an den Klimawandel und
- wetterbedingte und geophysikalische Extreme.
Diese Digitalen Zwillinge stellen eine digitale Kopie des Erdsystems dar und generieren hochwertige Simulationen mit noch nie dagewesener Genauigkeit.
Der DestinE Use Case für Luftqualität DE370C wird in enger Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) als Hauptnutzer des avisierten Systems entwickelt.
Projektlaufzeit
1. Januar 2023 bis 30. April 2024
Das Luftqualitäts-Nutzer-Interface
Im DestinE Luftqualitäts-Use Case wurde ein webbasiertes, interaktives Vorhersagesystem für Luftverschmutzung entwickelt. Die Nutzer können über dieses Web-Interface hochaufgelöste Luftqualitätsvorhersagen für bestimmte Regionen (Feldvorhersagen) oder Vorhersagen für einzelne Messstationen (Punktvorhersagen) durchführen und analysieren. Zudem können mit dem EURAD-IM Modell verschiedene Emissionsszenarien für Episoden gerechnet werden.
Die Simulationen werden auf den Euro-HPC Systemen JURECA-DC des Jülich Supercomputing Centre (JSC) und LUMI beim IT Center for Science (CSC) gerechnet. Die Vorhersageergebnisse können als interaktive Karte oder Zeitreihe dargestellt werden. Gröber aufgelöste Vorhersagen können optional mithilfe eines Downscaling-Verfahrens, das auf maschinellem Lernen beruht, verfeinert werden. Alle Ergebnisse sind als Downloads bereitgestellt, um individuelle Analysen zu ermöglichen.
Die Luftqualitäts-Use-Case Demonstrationen
Typische Luftqualitätsextreme, die oft ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit und Umwelt mit sich bringen, sind erhöhte oberflächennahe Ozon- oder akkumulierte Partikelkonzentrationen. Um die Funktionsweise und den Nutzen des DestinE-Luftqualitäts-Use-Case zu demonstrieren, wurden zwei Feinstaub-Episoden im Januar und Februar 2017 ausgewählt, während derer in Teilen Europas Wintersmog auftrat. In Gebieten mit Luftverschmutzung führen hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung zu hohen Ozonkonzentrationen. Als Demonstrationsepisode mit hohem Ozongehalt in Deutschland wurde entsprechend ein Zeitraum Ende Juli - Anfang August 2018 ausgewählt.
In Übereinstimmung mit den Zuständigkeitsgebieten unserer Kernnutzer LANUV und UBA werden alle Demonstrationssimulationen für die Zielregionen Berlin-Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt.
Die Optionen für die Simulation von Emissionsszenarien sind zu diesem Zeitpunkt im Use Case vordefiniert. Emissionsänderungen werden ausschließlich auf die Zielregionen angewandt, um den Effekt lokaler Strategien zur Vermeidung von Luftverschmutzung zu evaluieren. Die ausgewählten Emissionsszenarien sind:
- Null-Emissionen-Szenario: Simulation unter Vernachlässigung aller anthropogener Emissionen im Zielgebiet
- Home-Office- und Energiespar-Szenario: In Anlehnung an das Vorbild der Covid-19-Pandemie werden die Emissionen des Straßenverkehrs um 50 % und der Haushalte um 20 % reduziert.
- Industrie-Szenario: Einschränkung der industriellen Tätigkeiten und Verringerung der Emissionen von Stromerzeugung, Industrie, flüchtigen Stoffen und Lösungsmitteln um 70 %.
- E-Mobilität-Szenario: Ersetzen des derzeitigen Pkw-Bestands durch kohlenstoffarme Fahrzeuge. Emissionen von Diesel- und Benzin-getriebenen Fahrzeugen werden um 25 % bzw. 80 % reduziert. Durch das zu erwartende höhere Gewicht von Elektrofahrzeugen werden die Emissionen für den Abrieb in diesem Szenario um 10 % gesteigert.
Das Team
Projekt-Leitung
Dr. Anne Caroline Lange
Senior Scientist Head of group "Air Quality and Emission Optimization"
- Institute of Climate and Energy Systems (ICE)
- Troposphäre (ICE-3)
Raum 2031
Expertin für EURAD-IM Luftqualitätssimulationen, Datenassimilation und Emissionsszenarien
Vize-Projektleitung
Sabine Schröder
Scientific Programmer
- Institute for Advanced Simulation (IAS)
- Jülich Supercomputing Centre (JSC)
Raum 338
Expertin für Datenmanagement, Service-Infrastruktur Einrichtung und Unterhaltung
Dr. Philipp Franke
Senior Scientist Head of group "Air Quality and Emission Optimization"
- Institute of Climate and Energy Systems (ICE)
- Troposphäre (ICE-3)
Raum 3029
Experte für EURAD-IM Luftqualität-Ensemblesimulationen, Datenassimilation und Emissionsszenarien
Dr. Elmar Friese
Senior Scientist
- Institute of Climate and Energy Systems (ICE)
- Troposphäre (ICE-3)
Raum 1040
Experte für EURAD-IM Luftqualitätssimulationen, Datenassimilation und Workflowmanagement
Dr. Michael Langguth
Postdoctoral Researcher
- Institute for Advanced Simulation (IAS)
- Jülich Supercomputing Centre (JSC)
Raum 4001
Experte für maschinelles Lernen und Downscaling von Atmosphärendaten
Prof. Dr. Martin Schultz
Head of research group Earth System Data Exploration and co-lead of division Large Scale Data Science, University professor in Computational Earth System Science at the University of Cologne.
- Institute for Advanced Simulation (IAS)
- Jülich Supercomputing Centre (JSC)
Raum 4010
Experte für Datenwissenschaften und Deep-Learning Methoden für Erdsystemdaten, wie Wetter-, Luftqualitäts- und Klimadaten
Weitere Links
- ECMWF Destination Earth Webseite:
www.ecmwf.int/destinE
- Europäischen Kommission:
https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/destination-earth
- Destination Earth:
https://destination-earth.eu/
- Beschreibung der Luftqualitäts-Use Case des EZMW:
https://stories.ecmwf.int/destination-earth-use-case-air-quality/
- Destination Earth Vorstellung des Luftqualitäts-Use Case:
https://destination-earth.eu/use-case/air-quality/
- EZMW Ankündigung des Luftqualitäts-Use Case in DestinE:
https://stories.ecmwf.int/exploring-ecmwfs-digital-twins-applications-for-air-quality-analysis-and-forecasts/index.html
Destination Earth ist eine von der Europäischen Union finanzierte Initiative, die im Jahr 2022 gestartet wurde. Sie hat das Ziel, bis 2030 ein digitales Abbild des Erdsystems zu erstellen. Die Initiative wird gemeinsam von drei beauftragten Einrichtungen durchgeführt: dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW), das für die Erstellung der ersten beiden ‚digitalen Zwillinge‘ und der ‚Digital Twin Engine‘ verantwortlich ist; der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), die für den Aufbau der ‚Core Service Platform‘ zuständig ist; und der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT), die für die Erstellung des ‚Data Lake‘ verantwortlich ist.