Überraschung im Zellskelett urtümlicher Bakterien

Jülich, 30. Juli 2015 – Alle Zellen, die einfachster Organismen ebenso wie die des Menschen, brauchen das Protein Aktin, um ihre Form zu behalten. Die Aktin-Moleküle verbinden sich zu langgestreckten Filamenten, die das Zellgerüst bilden und für Stabilität sorgen. Während bisher bekannte Aktin-Filamente stets doppelsträngig waren, hat ein Wissenschaftler-Team mit Jülicher Beteiligung nun bei einem Archae-Bakterium erstmals Aktin-Filamente entdeckt, die als Einzelstrang vorliegen und trotzdem überaus stabil sind. Forscher der University of Virginia setzten dabei die Cryo-Elektronenmikroskopie ein, um detaillierte Bilder der Filamente zu gewinnen. Die Jülicher Forscher Tatjana Braun und Jun.-Prof. Gunnar Schröder aus der Forschungsgruppe Computational Structural Biology trugen mit computergestützten Modellierungsverfahren zur Analyse bei. Die Forschungsgruppe ist am Institute of Complex Systems, Bereich Strukturbiochemie (ICS-6), angesiedelt.

Archae-Bakterien gelten als eigenständige Domäne des Lebens und existieren oft unter extremen Bedingungen. Das von den Forschern untersuchte stäbchenförmige Archae-Bakterium Pyrobaculum calidifontis etwa lebt in heißen Quellen bei Temperaturen um 90 Grad Celsius. Dass einzelne Aktin-Stränge unter diesen Bedingungen ihre Stabilität erhalten könnten, erschien als besonders unwahrscheinlich. Strukturell ähneln die Aktin-Filamente des Archae-Bakteriums zudem denjenigen, die man bei Mehrzellern vorfindet. Die Ähnlichkeit ist überraschenderweise größer als zwischen den Filamenten von Mehrzellern und jenem der evolutionsgeschichtlich jüngeren Bakterien.

Ob das „moderne“ Aktin der höheren Lebewesen von dem der Archaen abstammt, oder beide einen unbekannten gemeinsamen Vorfahren haben, ist allerdings noch nicht klar. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin PNAS veröffentlicht.

Originalpublikation:

Tatjana Braun et al: Archaeal actin from a hyperthermophile forms a single-stranded filament. PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1509069112.
http://www.pnas.org/content/early/2015/06/24/1509069112.abstract

Anprechpartner:

Jun.-Prof. Dr. Gunnar Schröder
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Pressekontakt:

Peter Zekert
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Letzte Änderung: 25.02.2022