Neues Hybridmaterial für Spin-Transistoren der Zukunft

Jülich, 10. Januar 2017 – Spinbasierte Transistoren könnten in Zukunft einmal konventionelle Transistoren ersetzen. Spin-Transistoren benötigen deutlich weniger Energie, die industrielle Umsetzung scheiterte bislang allerdings am Fehlen eines geeigneten Materials. Die Nachwuchsforscherin Zeila Zanolli hat nun eine neuartige Kombination aus Graphen und Bariummanganoxid gefunden, das den gegensätzlichen Anforderungen gerecht wird. Das Hybridmaterial ermöglicht sowohl eine präzise Spin-Ausrichtung als auch einen guten Spin-Transport, wie Simulationen auf Superrechnern des Jülich Supercomputing Centre (JSC) gezeigt haben.

Graphen-BaMnO3-Struktur
Struktur des Hybridmaterials aus Graphen (oben, unten) und Bariummanganoxid (Mitte)
Zanolli, Sci. Rep. 6, 31346, 2016 (CC BY 4.0)

Transistoren sind die wohl wichtigsten Grundbausteine moderner Speicher-Sticks und Prozessoren. Bis zu mehrere Milliarden von ihnen befinden sich auf aktuellen Computerchips. Die gängigen Transistortypen nutzen dabei nur die elektrische Ladung des Elektrons, um von einem Zustand in den anderen zu schalten. Die Schaltvorgänge in einem spinbasierten Transistor beruhen dagegen – wie alle Anwendungen aus dem Bereich der sogenannten Spintronik – auf Veränderungen des Elektronenspins. Die dafür aufzubringende Energie läge um eine Größenordnung unter der, die für das Umschalten eines herkömmlichen Transistors benötigt wird, was immense Energieeinsparungen nach sich zöge.

Die Umsetzung von Spin-Transistoren wird allerdings durch gegensätzliche Materialanforderungen erschwert. Traditionelle Halbleiter, wie sie derzeit in der Chip-Herstellung verwendet werden, bieten zwar eine starke Spin-Bahn-Kopplung: der Elektronenspin lässt sich gut durch ein äußeres Feld ausrichten. Doch die derart erzielte Spin-Polarisation reicht nur über extrem kurze Distanzen und lässt sich nicht ausreichend lang aufrechterhalten, um die Spins anschließend zu manipulieren. In neuartigen Kohlenstoff-basierten Halbleitern wie Kohlenstoff-Nanoröhren oder Graphen bleibt die Spin-Polarisation dagegen auch über längere Strecken erhalten, lässt sich im Gegenzug aber kaum von außen steuern.

Doch die Vorteile beider Materialklassen ergänzen sich, wenn man Graphen mit einem magnetischen Halbleiter kombiniert. Die Nachwuchswissenschaftlerin Zeila Zanolli konnte die bemerkenswerte Eigenschaft im Rahmen eines Marie-Curie-Fellowships am Forschungszentrum Jülich im Peter Grünberg Institut (PGI-1) nachweisen. Für die rechenintensive Analyse kamen unter anderem die Jülicher Superrechner JUQUEEN und JURECA zum Einsatz, die zu den schnellsten Rechnern Europas gehören. Zanolli, die mittlerweile die DFG-Forschungsgruppe Nanospintronics an der RWTH Aachen leitet, konnte mithilfe der Computersimulationen zeigen: Die neu entstandene Materialkombination „erbt“ die große Spin-Ausbreitungslänge des Graphens. Gleichzeitig ist die Wechselwirkung so stark, dass sich die Polarisierung des Elektronenspins durch die Mangan-Atome auf das Graphen überträgt.

Originalpublikation:

Graphene-multiferroic interfaces for spintronics applications
Zeila Zanolli
Scientific Reports 6, Article number: 31346 (Published online: 23 August 2016)
doi:10.1038/srep31346

Weitere Informationen:

Peter Grünberg Institut, Quanten-Theorie der Materialien (PGI-1 / IAS-1)

Nanospintronics Group, RWTH Aachen

Pressekontakt:

Tobias Schlößer
Unternehmenskommunikation
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Letzte Änderung: 06.06.2025