Die Reise der Neurotransmitter: Detaillierte Einblicke in die molekulare Maschinerie des Gehirns

28.11.2024

Wissenschaftler:innen des Instituts für Molekular- und Zellphysiologie (IBI-1) und vom Institute of Computational Biomedicine (INM-9) haben die Funktionsweise eines bakteriellen Modellproteins für einen menschlichen Neurotransmittertransporter in bisher nie dagewesener Präzision untersucht. Die Erkenntnisse ermöglichen ein besseres Verständnis von Transportprozessen, die für die Kommunikation zwischen Neuronen entscheidend sind. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden nun im renommierten EMBO Journal publiziert.

Chemische Synapsen sind für viele der besonderen Eigenschaften unseres Gehirns verantwortlich. Sie ermöglichen die Kommunikation zwischen Neuronen mithilfe spezialisierter Signalmoleküle, den sogenannten Neurotransmitter. Dabei setzt ein Neuron Neurotransmitter frei, die sich dann an das postsynaptische, also das Signal empfangende Neuron, binden und dort neue Signale auslösen. Neurotransmitter werden freigesetzt, indem winzige Bläschen, so genannte synaptische Vesikel, mit der Zellmembran verschmelzen. Die synaptische Übertragung erfordert die selektive und effektive Befüllung dieser Vesikel durch spezialisierte Neurotransmittertransporter.

Vom Bakterium zum Menschen: Modellproteine als Forschungswerkzeug

Neurotransmitter im Detail: Einblicke in die molekulare Maschinerie des Gehirns
Die funktionelle Beschreibung des Transporters über mehrere Zeitskalen. | Copyrights: Forschungszentrum Jülich / Nataliia Dmitrieva

Viele menschliche Transportproteine haben evolutionäre Ursprünge, die bis in die Welt der Bakterien zurückreichen. Diese bakteriellen Modellproteine haben oft eine ähnliche Struktur wie beim Menschen, aber funktionieren einfacher, was ihre Erforschung erleichtert. Die Jülicher Wissenschaftler:innen untersuchten einen D-Galaktonattransporter (DgoT) aus E. coli. Dieses Protein ist eng verwandt mit dem menschlichen vesikulären Glutamattransporter, der Neurotransmitter wie Glutamat in synaptische Vesikel schleust. Mit einer Kombination aus Experimenten und atomistischen und quantenmechanischen Moleküldynamiksimulationen gelang den Forschenden die funktionelle Beschreibung des Transporters über mehrere Zeitskalen (Fig. 1).

Der Transportmechanismus im Detail

DgoT benutzt Protonengradienten als Energiequelle, um Galaktonat entgegen seines Konzentrationsgefälles und damit entgegen des natürlichen Flusses von Molekülen zu transportieren (siehe Video). Der Transport beginnt mit der Protonierung – der Anlagerung von Protonen – an zwei Schlüsselaminosäuren. Dies öffnet ein externes Tor, wodurch D-Galaktonat gebunden werden kann. Anschließend ändert das Protein seine Form, wodurch sich das Tor zum Zellinneren öffnet. Galaktonat wird dort erst freigesetzt, nachdem sich eines der beiden Protonen gelöst hat. Nach der Deprotonierung der anderen Aminosäure kehrt der leere Transporter in seine Ausgangsform zurück.

Die neuen Resultate beschreiben den Transportmechanismus von DgoT auf atomarer Ebene und geben einen Ausgangspunkt für ähnliche Untersuchungen an vesikulären Glutamattransportern.

Gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz

Um das Gehirn besser zu verstehen, ist es notwendig, die Grundlagen von Zellfunktionen auf atomarer und molekularer Ebene zu entschlüsseln. Solche Analysen erlauben einen detaillierten Blick auf zelluläre und suprazelluläre Funktionen und tragen dazu bei, neue Therapien zu entwickeln. Besonders bei Erkrankungen, die auf veränderte Proteinfunktionen zurückzuführen sind, können diese Ergebnisse helfen, die Funktion pathologisch veränderter Proteine wiederherzustellen.

Originalpublikation im EMBO Journal

Dmitrieva, N., Gholami, S., Alleva, C., Carloni, P., Alfonso-Prieto, M., & Fahlke, C. (2024). Transport mechanism of DgoT, a bacterial homolog of SLC17 organic anion transporters. The EMBO Journal. https://doi.org/10.1038/s44318-024-00279-y

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    Letzte Änderung: 28.11.2024