Neue Strategien zur Verbesserung der Stabilität von Katalysatoren zur Produktion von grünem Wasserstoff
Neue Strategien zur Verbesserung der Stabilität von Katalysatoren zur Produktion von grünem Wasserstoff
18. Dezember 2024
Ein internationales Forscherteam unter Leitung des Forschungszentrums Jülich hat neue, praktisch anwendbare Prinzipien entwickelt, um die Stabilität von Katalysatoren zu verbessern, die zur Herstellung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden können. In ihrer Arbeit in Nature Communications liefern Wissenschaftler:innen des Forschungszentrums Jülich, des Lawrence Berkeley National Laboratory, des Imperial College London und weiterer Partnereinrichtungen ein vertieftes Verständnis der Prozesse, die zu Leistungseinbußen bei Katalysatoren führen, die mit dem noch relativ jungen Verfahren der „Metal Exsolution“ hergestellt werden.
Effiziente, langlebige und kostengünstige Katalysatoren sind für die Herstellung von grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen unerlässlich. Im Fokus der Forschung steht derzeit ein Verfahren, das auch als „Metal Exsolution“ bezeichnet wird. Es gilt als besonders geeignet, um auf einfache Weise kostengünstige Katalysatoren mit verbesserten Eigenschaften herzustellen. Die neue Studie unter Federführung des Forschungszentrums Jülich zeigt nun, dass die Stabilität der metallischen Nanopartikel solcher Exsolution-Katalysatoren maßgeblich von der Anzahl der Sauerstoffleerstellen im oxidischen Trägermaterial beeinflusst wird. Aus dieser Erkenntnis konnten die Forscherinnen und Forscher praktische Strategien ableiten, um die Katalysatorpartikel zu stabilisieren und damit die Produktion von grünem Wasserstoff insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen.
Wissenschaftliche Ergebnisse
„Metal Exsolution" ist ein noch relativ neues Verfahren, bei dem Metalle aus dem Oxidgitter von Oxidmaterialien als Dotierstoffe eingesetzt werden. Die Metallatome werden durch thermische Reduktion freigesetzt und bilden Nanopartikel auf der Oberfläche des Oxids. Diese Nanopartikel bilden zusammen mit dem Oxidsubstrat eine hochaktive Grenzfläche, die für die Katalyse elektrochemischer Reaktionen wie der Wasserspaltung zur Erzeugung von grünem Wasserstoff eine zentrale Rolle spielt.
Die Forschenden konnten nun zeigen, dass das Vorhandensein von Sauerstoffleerstellen – Fehlstellen im Oxidkristallgitter, an denen Sauerstoffatome fehlen – die Stabilität der Nanopartikel entscheidend beeinflusst. An der Oberfläche von Oxiden mit einer hohen Konzentration an Sauerstoffleerstellen sind die Nanopartikel sehr beweglich und lagern sich bei höheren Temperaturen zu größeren Partikeln zusammen. Diese sogenannte „Koaleszenz“ verringert die Dichte aktiver Bereiche für die Katalyse chemischer Reaktionen und damit die Effizienz des Katalysators. Der Effekt ist von praktischer Relevanz. Denn entsprechende Oxide werden typischerweise in Brennstoff- und Elektrolysezellen eingesetzt, die bei sehr hohen Temperaturen arbeiten. Umgekehrt verhindern Oxidmaterialien mit einer geringen Konzentration an Sauerstoffleerstellen das „Verklumpen“ der Nanopartikel an der Oberfläche und stabilisieren diese, so dass die katalytische Aktivität über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt.
Dieser Effekt kann auch genutzt werden, um die Stabilität der Nanopartikel zu verbessern. Die Forschenden schlagen eine einfache, aber wirkungsvolle Methode vor: Die Zugabe von Wasserdampf in die Reaktionsumgebung erhöht den Sauerstoffpartialdruck und verringert die Anzahl der Sauerstoffleerstellen an der Grenzfläche. Das verhindert das Zusammenwachsen der Nanopartikel und verlängert die Lebensdauer des Katalysators. Darüber hinaus kann durch gezielte Veränderung der Materialzusammensetzung die Konzentration an Sauerstoffleerstellen nachhaltig reduziert werden, was ebenfalls einen praktikablen Ansatz zur Stabilisierung des Katalysators darstellt.
Schematische Darstellung der Koaleszenz von gelösten Nanopartikeln. Eine hohe Konzentration von Sauerstoffdefekten geht mit einer geringeren thermischen Stabilität der getragenen Nanopartikel einher, was zu einer Verschlechterung der katalytischen Eigenschaften führt. Copyright: Copyright: — Forschungszentrum Jülich / Moritz Weber
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz
Die gewonnenen Erkenntnisse bieten erhebliches Potenzial für die Weiterentwicklung von Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien. Mit „Metal Exsolution“ hergestellte Katalysatoren gelten als vielversprechende Kandidaten, um herkömmliche Materialien in Festoxidzellen zu ersetzen. Festoxidzellen können sowohl als Brennstoffzellen als auch als Elektrolysezellen eingesetzt werden, die sowohl bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff als auch bei der Rückverstromung höchste Wirkungsgrade erzielen. Die Lebensdauer und die Kosten der Katalysatoren haben einen direkten Einfluss auf die wirtschaftliche und betriebliche Eignung entsprechender Anlagen.
Trotz des enormen Potenzials stand die begrenzte Haltbarkeit der Exsolutionskatalysatoren bislang einer praktischen Anwendung im Bereich der erneuerbaren Energien entgegen. Die neuen Strategien, die einem Verschmelzen der Nanopartikel entgegenwirken, könnten die Einsatzfähigkeit dieser Materialien nun erheblich verbessern.
Weitere Details
An der Studie waren 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, den USA und Großbritannien beteiligt. Die Studie begann während des kooperativen Promotionsprojekts des Hauptautors Dr. Moritz L. Weber am Peter Grünberg Institut (PGI-7) und Institut für Energiematerialien und -geräte (IMD-2) des Forschungszentrums Jülich in Zusammenarbeit mit dem Imperial College London und wurde durch ein DAAD-Stipendium unterstützt. Dr. Weber setzte seine Forschung als Collaborative Postdoctoral Fellow am Lawrence Berkeley National Laboratory fort und arbeitete mit Expert:innen an der Advanced Light Source und der Gruppe von Dr. Felix Gunkel am PGI-7 in Jülich sowie mit Dr. Dylan Jennings vom IMD-2 und Kolleg:innen des Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) in Jülich zusammen.
Entscheidend für die Ergebnisse war der interdisziplinäre Charakter der Arbeit, in die Expertise aus den Bereichen Materialwissenschaften, Katalyse und Elektrochemie einfloss. Die in Nature Communications veröffentlichte Studie liefert konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Katalysatorstabilität durch gezielte Anpassungen der Reaktionsbedingungen und Materialzusammensetzungen und ebnen damit den Weg für Fortschritte in der Weiterentwicklung von Technologien für ein Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien.
Originalpublikation
Weber, M.L., Jennings, D., Fearn, S. et al. Thermal stability and coalescence dynamics of exsolved metal nanoparticles at charged perovskite surfaces. Nat Commun 15, 9724 (2024). DOI: 10.1038/s41467-024-54008-4