Werkstoffe für Extrembedingungen
Rund 400 Experten tagen auf der 17. Internationalen Konferenz zu Fusionskraftwerks-Materialien (ICFRM-17) vom 11. bis zum 16. Oktober in Aachen
Jülich, 15. Oktober 2015 – Kein Material hält Temperaturen von über hundert Millionen Grad stand. Aber was passiert, wenn hochenergetische Teilchen im Innern von Fusionsreaktoren doch einmal gegen die Wände prallen? Diesen und weiteren Fragen zu künftigen Fusionskraftwerken gehen rund 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 28 Ländern auf einer Fachtagung nach, die Experten des Forschungszentrums Jülich diese Woche in Aachen ausrichten. Zum Auftakt sprach unter anderem der neue ITER-Generaldirektor Bernard Bigot, der den Aufbau dieses weltweit größten Fusionsexperiments seit März dieses Jahres leitet.
Kernfusion findet im Innern der Sonne und allen anderer Sternen statt. Wenn es gelingt, diese Prozesse in Fusionskraftwerken zu nutzen und zu kontrollieren, würde sich der Menschheit damit eine praktisch unerschöpfliche und umweltfreundliche Energiequelle erschließen. Im Zentrum des Interesses der Werkstoffwissenschaftler und Plasmaphysiker steht der Experimentalreaktor ITER, der sich derzeit in Südfrankreich im Bau befindet. Durch die Verschmelzung von Wasserstoffteilchen werden darin enorme Energiemengen freigesetzt. Die Teilchen in der Brennkammer, das Plasma, heizen sich auf über hundert Millionen Grad auf. Starke Magnetfelder halten sie von den Gefäßwenden fern. Doch nicht alle Teilchen lassen sich so einfangen. Eine wesentliche Fragestellung ist daher, welche Materialien den Kollisionen mit den schnellen Teilchen aus dem Plasma standhalten und wie diese verbessert und langlebiger hergestellt werden können.
Neben den Prozessen der sogenannten "Plasma-Wand-Wechselwirkung", mit der sich Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich intensiv beschäftigen, stehen weitere Werkstofffragen auf dem Programm: etwa zu DEMO, das als erstes „richtiges“ Kraftwerk auf ITER folgen soll oder zu neuartigen Keramiken, die sich gewinnbringend zur Erzeugung der extremen Magnetfelder einsetzen lassen.