Kräfte bündeln für Europas Quantenrechner
Jülich, 1. Juli 2020 – Die Jülicher Quantenforschung erhält Verstärkung. Am 1. Juli startet Frank Wilhelm-Mauch am Forschungszentrum. Der Physiker wurde gemeinsam mit der Universität des Saarlandes berufen und forscht an der Schnittstelle von Festkörperphysik und Quanteninformation.
Mit dem Antritt von Frank Wilhelm-Mauch in Jülich bekommt die Entwicklung eines europäischen Quantencomputers neuen Schub. Seit Oktober 2018 koordiniert er das Projekt OpenSuperQ als Teil der großangelegten europäischen Quanten-Initiative. Kern des OpenSuperQ-Projekts ist der Bau eines europäischen Quantencomputers am Forschungszentrum Jülich – der erste auf diesem Level und unter vergleichbaren Systemen weltweit führend. Der Rechner soll das Rechnen mit 100 supraleitenden Qubits ermöglichen und vor allem die Simulation von Abläufen in Chemie und Materialwissenschaften sowie das Maschinelle Lernen, ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, beschleunigen.
Prof. Frank Wilhelm-Mauch, im Projekt OpenSuperQ koordinieren Sie den Bau eines europäischen Quantencomputers. Welche Hoffnungen und Ziele sind damit verbunden?
Quantencomputer sind im Augenblick Großgeräte für Forschung und Entwicklung - zu groß, als dass man sie noch mit klassischen Computern simulieren könnte und zu klein, um sie schon disruptiv einsetzen zu können, also einen echten Business Case daraus abzuleiten. So ein Großgerät wollen wir in Jülich aufbauen. Als öffentlich gefördertes, rein europäisches Projekt können wir es uns erlauben, zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern einen wirklich tiefen begleiteten Zugang zu geben - wie sich das für ein Forschungsgroßgerät gehört. Wir hoffen, dass sich darum ein technologisches Ökosystem entwickelt.
Bis 2021 soll die Entwicklung eines Quantenrechners mit 100 Qubits abgeschlossen sein. Wie weit sind Sie jetzt? Welche Herausforderungen liegen noch vor Ihnen?
Wir liegen im Plan, mit einer kleinen Korrektur wegen der COVID-19-Krise. In der ersten Phase haben wir die Bauelemente verbessert und mit der Systemintegration begonnen. Unser aktuell leistungsfähigster Chip hat bei unseren Kollegen an der ETH Zürich gerade einen Weltrekord bei einer Optimierungsanwendung deutlich verbessert. Dieser Chip wird im Herbst in Jülich installiert, um dort das System stärker zu integrieren.
Die Herausforderungen ab jetzt beziehen sich auf die Größe des Prozessors. Um auf bis zu 100 Qubits zu kommen müssen wir mit sehr geringen Toleranzen Chips herstellen und diese dreidimensional integrieren. Das bedeutet, dass wir Schreib- und Leseleitungen auf einen separaten Chip über die Qubits legen müssen, um Qubits, die nicht am Rand liegen, ansteuern zu können. Und am Ende muss die Maschine natürlich hochgefahren werden - die Firmware dazu entsteht am neuen PGI-12.
Sie werden am Forschungszentrum Jülich einen eigenen Institutsbereich für Quantum Computing Analytics leiten – das schon angesprochene PGI-12. Woran forschen Sie da genau?
Ich verstehe mich als einen angewandten theoretischen Physiker - Anwendung ist das Ziel und theoretische Analyse das Werkzeug. Meine Arbeitsgruppe forscht an Quantencomputing mit supraleitenden Schaltkreisen auf vielen Ebenen - Design von Hardware, Entwicklung von Protokollen für deren Ansteuerung und Analyse, sowie hardwarenahe Software. Unsere Stärke ist es, dass wir diese Ebenen zusammenbringen - wir entwerfen Hardware, die auf Anwendungen maßgeschneidert ist und Software, die die noch sehr frühe Hardware optimal nutzt. Ein besonderes Augenmerk richten wir natürlich auf die Modellierung von Fehlern wie der sogenannten Dekohärenz: Die Tendenz von Quantenzuständen, sich mit der Zeit zu verändern und wieder klassisch zu werden, ist ja eine der großen Herausforderungen bei der Entwicklung von Quantencomputern.
Weitere Informationen:
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch
Peter Grünberg Institut, Quantum Computing Analytics (PGI-12)
Tel.: +49 2461 61-6106
E-Mail: f.wilhelm-mauch@fz-juelich.de
Pressekontakt:
Tobias Schlößer
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E-Mail: t.schloesser@fz-juelich.de
Dr. Regine Panknin
Unternehmenskommunikation
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