Europäischer Exascale-Supercomputer in den Startblöcken
Europäischer Exascale-Supercomputer in den Startblöcken
4. Oktober 2023
Die europäische Supercomputing-Initiative EuroHPC JU und das deutsch-französische Supercomputer-Konsortium ParTec-Eviden, das von Eviden geleitet wird, haben den Bau des Exascale-Supercomputers JUPITER vertraglich besiegelt. JUPITER wird Europas erster Superrechner der Exascale-Klasse und am Forschungszentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen stationiert sein. Das System soll bereits 2024 in Betrieb gehen und ist gleichermaßen für höchst rechenintensive Simulationen und KI-Anwendungen in Wissenschaft und Industrie konzipiert. Der Supercomputer wird von dem European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) angeschafft und vom Jülich Supercomputing Centre (JSC) betrieben, einem der drei nationalen Supercomputing-Zentren des Gauss Centre for Supercomputing (GCS).
Nach der Auswahl des Forschungszentrums Jülich als Betreiber und Standort im letzten Jahr steht nun fest, wer den ersten europäischen Exascale-Supercomputer JUPITER liefern wird: ein Konsortium bestehend aus dem deutschen Super- und Quantencomputerunternehmen ParTec AG und Eviden, der Advanced-Computing-Sparte des französischen IT-Dienstleisters Atos.
Der Superrechner mit dem Namen „Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research“, kurz JUPITER, wird das erste System in Europa mit einer Rechenleistung von mehr als einem Exaflop/s sein. Das entspricht einer Trillion* – einer „1“ mit 18 Nullen – Gleitkomma-Operationen pro Sekunde oder der Rechenleistung von zehn Millionen modernen Notebooks.
JUPITER ist für Simulationen und KI-Anwendungen in Wissenschaft und Industrie ausgelegt, die eine maximale Rechenkraft erfordern. Zu den Anwendungsgebieten gehören das Training großer neuronaler Netze wie beispielsweise KI-Sprachmodelle, Simulationen zur Entwicklung von Funktionsmaterialien, die Entwicklung digitaler Zwillinge des menschlichen Herzens oder Gehirns für medizinische Zwecke, die Validierung von Quantencomputern und hochauflösende Klimasimulationen, die das gesamte Erdsystem umfassen.
Die Kosten für das System und seinen Betrieb über einen Zeitraum von voraussichtlich sechs Jahren belaufen sich auf 500 Millionen Euro. JUPITER wird zur Hälfte von der Europäischen Union und zu zwei Vierteln vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW NRW) finanziert.
Modulare Architektur für Simulationen und KI-Workloads
Der Supercomputer JUPITER wird auf einer modularen Supercomputer-Architektur basieren: Der Exascalerechner wird über ein hochskalierbares Booster-Modul sowie ein eng damit verbundenes, universell einsetzbares Cluster-Modul verfügen. Das Cluster-Modul wird ausgestattet mit dem neuen, in Europa entwickelten und hergestellten Rhea-Prozessor von SiPearl, einer CPU mit außergewöhnlich hoher Speicherbandbreite für die meisten komplexen Arbeitslasten. Das Booster-Modul wird dagegen ausgerüstet mit der beschleunigten Computing-Plattform von NVIDIA, die für die nächste Generation von Technologien für Rechenzentren entwickelt wurde, um extreme Rechenleistungen für KI und Modellsimulationen zu liefern, beispielsweise für das Training generativer KIs wie etwa riesiger KI-Sprachmodelle.
Die Komponenten werden von Eviden in ihre hoch energieeffiziente, direkt flüssigkeitsgekühlte BullSequana XH3000-Plattform integriert, und die Cluster- und Booster-Module werden dynamisch als ein einheitlicher Supercomputer unter Verwendung des modularen ParaStation Modulo-Betriebssystems von ParTec betrieben.
ParTec, Eviden, SiPearl und NVIDIA arbeiten bei JUPITER mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft in Europa zusammen, um Forschenden modernste KI- und Supercomputing-Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um die nächste Welle von Durchbrüchen in Bereichen wie Klima und Quantencomputing voranzutreiben. Der erste Exascale-Supercomputer in Europa wird nicht nur in Europa, sondern weltweit neue Wege der Forschung und wissenschaftlichen Entdeckung eröffnen.
Die Installation von JUPITER startet Anfang 2024. Mit dem Bau von JUPITER werden die wissenschaftliche Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit erhalten, das System im Rahmen des JUPITER Early Access Program vorzubereiten und zu testen. Dies ermöglicht eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, um die bestmögliche Version des Systems für die wissenschaftliche Gemeinschaft herzustellen und zu konfigurieren.
Weitere Details und Einzelheiten zu dem System werden im November auf der diesjährigen SC23-Konferenz bekannt gegeben.
*bei der "1" mit 18 Nullen kommt es leicht zu Missverständnissen: Im Deutschen heißt diese Zahl Trillion, im Englischen spricht man von einer "quintillion".
Statements
Diese Nachricht ist ein entscheidender Schritt in der Umsetzung unseres Vorhabens, Exascale-Computing nach Europa zu bringen. Dank der gebündelten Expertise unserer Partner und des kontinuierlichen Bemühens des EuroHPC JU um die Stärkung der europäischen Recheninfrastruktur wird JUPITER die europäische HPC-Landschaft revolutionieren und die europäische Exzellenz im Bereich HPC weiter ausbauen. JUPITER wird nicht nur die Schwelle zum Exaflop-Rechner überschreiten, sondern das System wird auch den europäischen HPC-Prozessor Rhea nutzen, der im Rahmen der European Processor Initiative von SiPearl entwickelt wurde.
Anders Dam Jensen, geschäftsführender Direktor von EuroHPC JU
Die Unterzeichnung des Vertrags über den Bau von JUPITER ist ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg Europas in die Exascale-Ära. JUPITER wird zu den führenden Supercomputern der Welt gehören und somit zu einem Symbol für die Stärke der europäischen Zusammenarbeit in der Wissenschaft werden. Er wird es Wissenschaftlern ermöglichen, Durchbrüche in verschiedenen Bereichen wie Gesundheit, Klima, Energie, Werkstoffe und KI zu erzielen. Wir sind stolz darauf, diese Forschungsinfrastruktur in Deutschland zu haben.
Prof. Dr. Sabine Döring, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Der Exascale-Rechner JUPITER ist ein Meilenstein für den Forschungsstandort NRW. Die Tatsache, dass der erste europäische Supercomputer dieser neuen Leistungsklasse in NRW installiert wird, unterstreicht unsere führende Position im Höchstleistungsrechnen. Mit seiner unglaublichen Rechenleistung wird JUPITER helfen, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Er wird besonders gut für KI-Anwendungen geeignet sein und auch den Jülicher Schwerpunkt im Quantencomputing in Verbindung mit dem Höchstleistungsrechnen weiter stärken.
Ministerin Ina Brandes, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW NRW)
Mit JUPITER wird unser Supercomputing Centre am Forschungszentrum Jülich ein System mit bislang unerreichter Größe und Leistungsfähigkeit bereitstellen – das Ergebnis jahrelanger herausragender system- und anwendungsorientierter Forschung. In seiner Doppelrolle als führendes Simulations- und KI-System, wie es für das Training von Foundation Models erforderlich ist, verspricht JUPITER einen Durchbruch in vielen Bereichen, die sich mit drängenden Herausforderungen befassen – etwa in den Materialwissenschaften, im Bereich nachhaltige Energiesysteme oder in den Erdsystemwissenschaften.
Prof. Astrid Lambrecht, Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich
Ich bin besonders stolz darauf, dass es unseren Expertinnen und Experten in Jülich gemeinsam mit zahlreichen europäischen Partnern gelungen ist, das neue modulare Supercomputer-Konzept zu entwickeln, das nun als echte europäische Technologie die Grundlage für JUPITER bildet. Nur dank der großzügigen Unterstützung der Europäischen Kommission seit 2012 und des EuroHPC JU und BMBF im Rahmen der DEEP- und SEA-Projekte war eine solche Entwicklung überhaupt erst möglich.
Prof. Thomas Lippert, Direktor des JSC, Forschungszentrum Jülich
Rechenzeit über etablierte Peer-Review-Verfahren
Das Jülich Supercomputing Centre betreibt JUPITER als Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing (GCS), einem Verbund der drei nationalen Höchstleistungsrechenzentren in Deutschland, dem die drei Rechenzentren des Forschungszentrums Jülich (JSC), der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (LRZ) und der Universität Stuttgart (HLRS) angehören. Die Rechenzeit wird über etablierte Peer-Review-Verfahren an nationale und europäische Projekte vergeben. Das GCS wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg und das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.