Luftverschmutzung, Lärmbelästigung, negativer Einfluss auf Ökosysteme, Klimawandel und die menschliche Gesundheit – all das geht auf das Konto des weltweiten Verkehrs. Das vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) in Potsdam koordinierte Projekt „Net4Cities“, an dem auch das Forschungszentrum Jülich beteiligt ist, schafft ab 2024 in elf europäischen Städten eine Infrastruktur zum Monitoring der Luft- und Lärmbelastung, um Daten für die Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen zu erheben. Es trägt dazu bei, die Null-Verschmutzungs-Aktionspläne des Green Deal der Europäischen Union umzusetzen.
Obwohl die verkehrsbedingte Luftverschmutzung durch verbesserte Kraftstoffe und Emissionsnormen allgemein zurückgegangen ist, bleibt sie eine bedeutende Quelle für schlechte Luftqualität in urbanen Zentren: Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, in welchem die Ammoniak- und Treibhausgasemissionen in den vergangenen drei Jahrzehnten immer noch zunehmen. Zudem beeinträchtigt Lärm, vor allem aus dem Straßenverkehr, rund 20 Prozent der EU-Bevölkerung.
Besonders hoch sind die durch den Verkehr hervorgerufenen Schäden in städtischen Gebieten mit einer hohen Bevölkerungsdichte. Im Projekt Net4Cities werden deshalb Karten entwickelt, die Daten zu Luftverschmutzung und Lärmbelastung aus mehr als 30 Überwachungsstationen in elf europäischen Städten (Antwerpen, Barcelona, Berlin, Düsseldorf, Heraklion, Limassol, Oslo, Rotterdam, Southampton, Tbilisi und Zürich) in Echtzeit visualisieren.
Im Mittelpunkt des Projektes stehen Schadstoffe, die bisher kaum systematisch erfasst werden, wie Ultrafeinstaub oder Ammoniak. Dabei wird insbesondere die Schadstoffbelastung an vielbefahren Straßen, Häfen oder Flughäfen registriert. In Düsseldorf misst das Forschungszentrum Jülich an drei Messstellen zusammen mit der Stadt Düsseldorf, dem Düsseldorfer Flughafen und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Proben für Ozonvorläufer und Treibhausgase werden in den verschiedenen Städten gesammelt und am Forschungszentrum zentral analysiert. Auch MobiLab, das mobile Messlabor aus Jülich, ist Teil das Projektes und wird im Raum Düsseldorf messen. In Net4Cities fließen aber auch Ergebnisse früherer und laufender EU- und internationaler Analysen ein. Dabei werden Daten für eine faktengestützte Politikunterstützung generiert und Emissionskataster verbessert, welche unter anderem in atmosphärische Transport- oder Luftqualitätsmodelle einfließen.
Die beteiligten Wissenschaftler:innen liefern Bürger:innen damit ein Instrument zur Sensibilisierung und Entscheidungsfindung im Hinblick auf die Schadstoffreduktion. Von Projektbeginn an werden bei Net4Cities zudem Entscheidungstragende und Interessensvertretende verstärkt eingebunden. Ebenso werden standardmäßig ko-kreative- und andere partizipative Prozesse angewendet, um bei den betroffenen Zielgruppen eine maximale Akzeptanz zu erreichen.
Net4Cities kann auf andere Städte in Europa übertragen werden
Mit Blick auf den übergeordneten EU-Aktionsplan „Zero Pollution“ (Null Verschmutzung) werden die Ansätze und Ergebnisse von Net4Cities leicht skalierbar sein: Sie können später in ganz Europa eingesetzt und genutzt werden - von der lokalen bis zur regionalen Ebene. Die Ergebnisse von Net4Cities sollen zu harmonisierten Leitlinien führen, die eine Standardisierung von Überwachungstechnologien und -netzen ermöglichen. So werden die Herausforderungen der Lärm- und Luftverschmutzung heute und in Zukunft bewältigbar.
Das Ziel von Net4Cities wird durch die folgenden fünf Maßnahmen erreicht:
Erarbeiten von faktengestützten, maßgeschneiderten politischen Lösungen zur Reduktion von Luftverschmutzung und Lärmbelästigung gemeinsam mit politischen Entscheidungstragenden, Verbänden und interessierten Organisationen.
Bereitstellen einer neuen Generation von Analysetools für verkehrsbedingte Luftverschmutzung (abgas- und nicht-abgasbedingt) und Lärmbelastung, die in Echtzeit Informationen für Gesundheitsstudien und Politik liefern.
Datenerhebung von (neu auftretenden) Schadstoffen und Lärm in Städten an unterschiedlichen geografischen und klimatischen Standorten mit unterschiedlicher Zusammensetzung der Fahrzeugflotte und Zuordnung zur jeweiligen Quelle; Modellierungsanwendungen sowie Verbesserung der Emissionskataster.
Konsolidierung der Informationen aus den Analysen in Datenbanken auf städtischer und nationaler Ebene, um die verkehrsbedingten Emissionen zu bewerten und so dazu beizutragen, Grenzwerte einzuhalten und Gesundheitsauswirkungen zu verringern.
Aufbau von Net4Cities-Studio mit Leitfäden für Analysen bei neu auftretenden Schadstoffen, um künftigen Herausforderungen angemessen zu begegnen.