Auf Draht: Majorana-Fermionen für das Quantencomputing
Jülich/Hamburg, 29. September 2020 – Majorana-Fermionen besitzen eine seltsame Eigenschaft: Die exotischen Teilchen sind nicht von ihren eigenen Antiteilchen zu unterscheiden. Dennoch könnten sie technisch äußerst nützlich sein, als Qubits für Quantencomputer. Denn jeweils zwei Majorana-Fermionen bilden ein miteinander verschränktes Paar, das äußerst widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen sein kann. Jedoch sind Majorana-Fermionen sehr schwierig nachzuweisen. Dies ist eine große Hürde für ihre Herstellung und Charakterisierung. Einen möglichen Weg, die Schwierigkeit zu umgehen, zeigen nun Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und RWTH Aachen gemeinsam mit Partnern der Universität Hamburg.
Die Forscher untersuchten Quasiteilchen an den Enden von magnetischen Eisennanodrähten, die als mögliche Majorana-Fermionen gelten, mittels Rastertunnelmikroskopie und Computersimulationen. Quasiteilchen sind Anregungszustände aus mehreren Teilchen, die sich von außen betrachtet wie eigenständige Partikel verhalten. Die Anregungszustände an den Enden der Nanodrähte sind topologisch geschützt, was sie robust macht gegenüber Rauschen. Sollte es sich dabei um Majorana-Zustände handeln, ließe sich mit ihnen die Integrität von Qubits sicherstellen, die es ermöglicht, Berechnungen korrekt durchzuführen.
Jedoch war nicht sicher, ob es sich bei den Anregungszuständen an den Drahtenden tatsächlich um Majorana-Zustände oder um – topologisch nicht geschützte – sogenannte Yu-Shiba-Rusinov-Zustände handelt. Um beide Zustände unterscheidbar zu machen, bedienten die Forscher sich eines Kniffes und verlängerten die Ketten durch nichtmagnetische Kobalt-Atome. Somit trennten sie die räumlichen Drahtenden von den magnetischen Drahtenden.
Die Atomorbitale der Eisen- und Kobaltbereiche des Drahtes, die die Basis für die Anregungszustände bilden, gleichen sich, so dass die elektronischen Eigenschaften sich auch nach der Verlängerung erst am Drahtende drastisch ändern. Dennoch wanderten die für die Majorana-Zustände kennzeichnenden Anregungszustände nicht an das neue Ende, sondern verblieben an den Enden der Eisendrähte. Dies werten die Forscher als sehr wahrscheinlichen Hinweis darauf, dass es sich an den Enden der Eisendrähte tatsächlich um die gesuchten Majorana-Zustände handelt. „Sollte sich dies bestätigen, legen wir hiermit eine wesentliche Grundlage für die kontrollierte Herstellung und Manipulation von Majorana-Zuständen“, freut sich Prof. Dr. Samir Lounis vom Peter Grünberg Institut und dem Institute for Advanved Simulation am Forschungszentrum Jülich.
Weitere Informationen:
Institutsbereich „Quanten-Theorie der Materialien“ (PGI-1/IAS-1)
Arbeitsgruppe Functional Nanoscale Structure Probe and Simulation Laboratory (Funsilab)
Arbeitsgruppe Wiesendanger an der Universität Hamburg
Originalpublikation:
Schneider, L., Brinker, S., Steinbrecher, M. et al.
Controlling in-gap end states by linking nonmagnetic atoms and artificially-constructed spin chains on superconductors
Nat Commun 11, 4707 (2020), DOI: 10.1038/s41467-020-18540-3
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Samir Lounis
Quanten-Theorie der Materialien (PGI-1/IAS-1)
Forschungszentrum Jülich
Tel 02461 61-4068
E-Mail: s.lounis@fz-juelich.de
Pressekontakt:
Angela Wenzik
Wissenschaftsjournalistin
Forschungszentrum Jülich
Tel. 02461 61-6048
E-Mail: a.wenzik@fz-juelich.de