Durch fast grenzenlose Energieerzeugung könnte die Kernfusion viele Versorgungsprobleme lösen. Doch die technische Umsetzung ist komplex und für den praktischen Betrieb zukünftiger Kraftwerke fehlen noch zentrale technologische Bausteine.Zwei neue wissenschaftliche Projekte, an denen Jülicher Fusionsforscher beteiligt sind, sollen Stellarator-Fusionskraftwerke der Marktreife näherbringen.
KI für die Fusionsforschung
Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „AI for Fusion Engineering“ des Münchner Startup Proxima Fusion mit mehr als 6,5 Millionen Euro. Partner im Projekt sind das Forschungszentrum Jülich, die Universität Bonn und die Technische Universität München. Eine Millionen Euro der Gesamtförderung gehen an die Jülicher Fusionsforscher. Das Programm soll die Entwicklung und Optimierung von Stellarator-Kernkraftwerken mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) voranbringen. So sollen die Kosten für die Kraftwerke gesenkt und deren Zuverlässigkeit verbessert werden, um sie bis Mitte 2030 marktreif zu machen.
Dr. Dirk Reiser, Teamleiter für „Theory and Numerical Simulations“ am Forschungszentrum Jülich, ordnet die Dimension des Projektes ein: „Wir entwickeln kostengünstigere, hochmoderne KI-gestützte Modellierungstools für die Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung und arbeiten damit an der Lösung einer der problematischsten Herausforderungen im Bereich der Kernfusion. Unser Projekt integriert KI mit klassischen Engineering-Techniken, um die Einschränkungen der derzeitigen Designmethoden zu überwinden und die Konzepte rechnerisch machbar zu gestalten.“
Das Verbundprojekt SyrVBreTT (Synergie-Verbund Brennstoffkreislauf Tritium Technologien) ist ein Gemeinschaftsprojekt von Gauss Fusion, Kyoto Fusion Engineering Europe, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Universität Stuttgart und des Forschungszentrums Jülich. Das BMBF fördert das Projekt mit 17 Millionen Euro, gut 4,5 Millionen Euro davon gehen an die Jülicher Fusionsforscher. Koordiniert wird SyrVBreTT vom KIT. Das Projekt ist Anfang Dezember 2024 gestartet und hat eine Laufzeit von drei Jahren.
Ziel von SyrVBreTT ist die integrierte Entwicklung eines Brennstoffkreislaufs. Ein Stellarator-Fusionsreaktor verfügt über zwei getrennte Brennstoffkreisläufe, einen inneren – zuständig für Injektion des Brennstoffs und Abpumpen des Reaktionsgemischs, und einen äußeren – die Erzeugung von Tritium für das Brennstoffgemisch des Reaktors. Um Schnittstellenprobleme bei den einzelnen Komponenten zu vermeiden, werden innerer und äußerer Brennstoffkreislauf im Projekt dabei gemeinsam und aufeinander abgestimmt entwickelt.
Die Jülicher Fusionsforscher des Instituts für Plasmaphysik tragen mit ihrer Expertise im Bereich der laserbasierten Quantifizierung des Brennstoffinhalts, der Simulation der Plasma-Wand-Wechselwirkung und der Brennstoffeinlagerung in geschädigten Materialien sowie der Materialqualifizierung bei.