Flugzeugkampagne: Klimawandel in der Arktis

11. März 2025

Forschende aus Jülich beteiligen sich an einer Messkampagne zur Untersuchung des Einflusses von Ozon und Wasserdampf in Troposphäre und Stratosphäre

Die Arktis zählt zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Die Temperatur ist hier in den letzten Jahrzehnten etwa viermal so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt. Warum sich die Arktis so viel stärker erwärmt als die übrige Erdoberfläche und welche Auswirkungen dies hat, erforscht die vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Goethe-Universität Frankfurt koordinierte Messkampagne ASCCI. Forschende aus Jülich tragen wesentlich zur wissenschaftlichen Planung der Messflüge und zur Instrumentierung des Forschungsflugzeugs bei. Mit Messflügen in die Region, die aktuell bis Anfang April stattfinden, wollen die Forschenden Ursachen und Auswirkungen des arktischen Klimawandel besser verstehen.

Forschungszentrum Jülich / Martin Riese

Die Messkampagne ASCCI (steht für: „Arctic Springtime Chemistry-Climate Interactions“) beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Ozon und Wasserdampf in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre – also in Höhen zwischen etwa fünf und 15 Kilometern – den arktischen Klimawandel beeinflussen oder auch von ihm beeinflusst werden. Dazu untersucht die Kampagne speziell die Prozesse, die im Frühjahr stattfinden. Zu diesen gehört unter anderem der Abbau des stratosphärischen Ozons. Vor allem in Jahren mit kalter Stratosphäre laufen ähnliche Prozesse wie beim antarktischen Ozonloch ab und ein signifikanter Teil der arktischen Ozonschicht kann zerstört werden.

Die Arktis ist eine Region, die besonders stark vom Klimawandel betroffen ist. Während die Temperaturen am Boden und in der Troposphäre kontinuierlich steigen, zeigt sich in der Stratosphäre ein gegenteiliger Trend: Sie kühlt sich durch die Zunahme von Treibhausgasen zunehmend ab. Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen für die Dynamik der Atmosphäre und den chemischen Zustand der Stratosphäre.

In diesem Winter wurden in der arktischen Stratosphäre rekordverdächtig niedrige Temperaturen gemessen. Solche extrem kalten Bedingungen begünstigen chemische Prozesse, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Obwohl Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und andere ozonzerstörende Substanzen schon seit Jahrzehnten nicht mehr produziert werden, verbleiben sie noch lange in der Atmosphäre. Unterhalb einer Temperatur von minus 78 Grad Celsius können sich Chlorverbindungen chemisch so verändern, dass sie die Ozonschicht angreifen und teilweise zerstören.

Messungen zeigen, dass trotz der seit Langem geltenden Verbote noch immer erhebliche Mengen ozonschädigender Substanzen wie Chlor und Brom in der Stratosphäre vorhanden sind. Diese Stoffe reichen aus, um unter den kalten Bedingungen der Arktis chemische Reaktionen auszulösen, die den Ozonabbau weiter vorantreiben.

Zusätzlich zu diesen langfristigen Entwicklungen hat der Ausbruch des Hunga-Tonga-Vulkans im Januar 2022 erhebliche Auswirkungen auf die Stratosphäre. “Dieses geologische Ereignis hat zu einer noch nie zuvor beobachteten Situation in der Stratosphäre geführt – durch die gewaltige Eruption wurde eine ungewöhnlich große Menge Wasserdampf in die Stratosphäre injiziert, was die thermodynamischen und mikrophysikalischen Prozesse in dieser Schicht beeinflusst.” sagt Prof. Michaela Hegglin, Direktorin am Institute of Climate and Energy Systems – Stratosphere. “Inwieweit der zusätzliche Wasserdampf die chemischen Reaktionsprozesse in der Stratosphäre und damit die Ozonschicht über der Arktis beeinflusst, werden wir auf dieser spannenden Kampagne mit unseren Flugzeugmessungen im Detail studieren”.

Luftschadstoffe und ihre Auswirkungen in der Arktis besser verstehen

Zudem werden im Frühjahr vor allem Luftschadstoffe in die Arktis transportiert, die dort als kurzlebige Treibhausgase wirken können. Ein weiteres Ziel der Kampagne ist es, diese Prozesse durch gezielte Messungen besser nachzuvollziehen. Die Messflüge finden mit dem Forschungsflugzeug HALO statt, das bis April im nordschwedischen Kiruna stationiert ist. Ein zentrales Messinstrument an Bord ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Forschende des Forschungszentrums Jülich zusammen mit dem KIT entwickelt haben. Es zählt zu den wenigen Instrumenten weltweit, das hochaufgelöste vertikale Verteilungen einer Vielzahl von Spurenstoffen in großen Höhen messen kann.

Neben den wissenschaftlichen Zielen der Kampagne dienen die Messungen auch der Vorbereitung der Satellitenmission CAIRT, die klären soll, wie die Erdatmosphäre auf den Klimawandel reagiert. Das Konzept wurde von der ESA als einer von zwei verbliebenen Kandidaten für eine Erdbeobachtungsmission, den Satelliten „Earth Explorer 11“, ausgewählt. Die endgültige Entscheidung fällt in der zweiten Jahreshälfte 2025. Das wissenschaftliche Beratungsteam von CAIRT setzt sich aus Expertinnen aus Jülich, Karlsruhe (Vorsitz), Bologna, Brüssel, Granada, Leeds, Oulu, Oxford, Paris, Reading und Toronto zusammen.

An der ASCCI-Kampagne sind neben dem KIT und der Goethe-Universität Frankfurt auch das Forschungszentrum Jülich, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Universität Heidelberg, die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und die Bergische Universität Wuppertal beteiligt.

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO (steht für: „High Altitude and Long Range Research Aircraft“) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des KIT, des Forschungszentrums Jülich und des DLR. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.

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  • Institute of Climate and Energy Systems (ICE)
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Dr. Regine Panknin

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    Letzte Änderung: 12.03.2025