Fehler vermeiden: Wie Quantenoperationen verbessert werden

24. Januar 2025

Quantencomputer sollen in Zukunft Aufgaben lösen, bei denen selbst die effizientesten Höchstleistungsrechner an ihre Grenzen kommen. Aber in der Welt der kleinsten Teilchen herrschen eigene Gesetze. Eines davon ist die Dekohärenz, die besagt, dass ein quantenmechanisches System seine Eigenschaften verlieren kann, sobald es mit der Umgebung wechselwirkt. Selbst die kleinste Störung durch die Außenwelt kann daher die Berechnungen eines Quantencomputers beeinflussen und das Ergebnis verfälschen. Friederike Butt ist es zusammen mit Kollegen des Forschungszentrums Jülich, der Universität Innsbruck und der RWTH Aachen gelungen, mit einem neuartigen Code-Wechsel logische Operationen auf kodierten Qubits in einem Quantencomputer durchzuführen und dabei auftretende Fehler zu korrigieren. Im Interview erklärt Frau Butt die Ergebnisse ihrer Forschung, die in Nature Physics veröffentlicht wurden.

Der Quantencomputer rechnet mit Algorithmen, die zwischen zwei verschiedenen Quantenfehlerkorrektur-Codes hin- und herschalten, um fehlerkorrigierte Rechenoperationen zu realisieren.
Helene Hainzer

Frau Butt, was ist das Hauptziel Ihrer Forschung?

Das Hauptziel ist es, die Zuverlässigkeit von Quantencomputern zu verbessern, da Quantencomputer sehr empfindlich gegenüber äußeren Störungen sind. Eine Möglichkeit, um die Auswirkungen von Störungen zu minimieren, ist die Anwendung von Quantenfehlerkorrektur. Dabei werden mehrere physikalische Qubits zu einem logischen Qubit zusammengefasst, um mögliche Fehler zu detektieren und zu beheben. In anderen Worten: Mit Hilfe der redundanten Speicherung der Quanteninformation und einer Software werden Hardware-Fehler in Quantencomputern reduziert. Gemeinsam mit meinen Kollegen habe ich eine Methode entwickelt, um fehlertolerant zwischen zwei verschiedenen Quantencodes zu wechseln und damit eine größere Anzahl von fehlertoleranten logischen Operationen zu ermöglichen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu stabileren und effizienteren Quantencomputern.

Friederike Butt forscht am Peter Grünberg Institut für Theoretische Nanoelektronik des Forschungszentrums Jülich.
Forschungszentrum Jülich / Bernd Nörig

Warum ist der Wechsel zwischen zwei Fehlerkorrekturcodes ein Durchbruch?

Bisherige Fehlerkorrekturcodes sind darauf spezialisiert, bestimmte Arten von Fehlern zu korrigieren und die Kohärenzzeiten zu verbessern. Die State of the Art-Methode, um den notwenigen, logischen, minimalen Gattersatz zu vervollständigen, ist die Verwendung von Hilfszustände, deren Präparation allerdings nur probabilistisch möglich ist. Diese Zustände müssen auf eine bestimme Art und Weise mit einem großen Overhead an zusätzlichen Qubits und Operationen erzeugt werden. Der Durchbruch unserer Forschung liegt darin, dass der Code-Wechsel eine vorhersagbare Kontrolle über logische Qubits ermöglicht, ohne auf die probabilistische Herstellung dieser Hilfszustände angewiesen zu sein. Wir haben erstmals einen vollständigen universellen Gattersatz mithilfe dieser Methode experimentell demonstriert. Der Code-Wechsel ermöglicht den Aufbau logischer Schaltungen und die Präparation von 12 verschiedenen logischen Zuständen, die innerhalb eines einzelnen Codes nicht inhärent fehlertolerant erreichbar sind.

Welche praktischen Anwendungen könnte Ihre Forschung in der Zukunft haben, insbesondere mit Blick auf die Entwicklung von Quantencomputern?

Es sind nun alle Bausteine vorhanden, um im Prinzip beliebige Algorithmen auf logischen Qubits laufen zu lassen. Unsere fehlertolerante Methode zum Ausführen eines universellen Gattersatzes wurde an einem Aufbau mit Ionenfallen-Qubits getestet und ist prinzipiell flexibel. Theoretisch kann der Code auch an andere physikalische Plattformen angepasst werden. Allerdings hängt die genaue Implementierung von den spezifischen Eigenschaften der verwendeten Qubits ab. Der Code-Wechsel eröffnet viele Möglichkeiten für die Weiterentwicklung und Anwendung in verschiedenen Quantencomputersystemen.

Logische Operationen und Gatter

Logische Operationen in einem klassischen Computer werden durch elektrische Schaltkreise realisiert. Diese Schaltkreise bestehen aus sogenannten Logikgattern und verknüpfen Bits durch Vorschriften wie UND, ODER, NICHT. Derartige Verknüpfungen ermöglichen eine Datenverarbeitung und bilden die Grundlage für Mikroprozessoren. In einem Quantencomputer werden logische Operationen durch sogenannte Quantengatter durchgeführt, welche die Zustände von Qubits manipulieren, den Recheneinheiten eines Quantencomputers. Hierbei wird unterschieden zwischen physikalischen und logischen Qubits. Die physikalischen Qubits sind die tatsächlichen, physischen Einheiten, die auf verschiedene Arten realisiert werden, z.B. durch gefangene Ionen oder supraleitende Schaltkreise. Logische oder kodierte Qubits werden gebildet, indem man mehrere physikalische Qubits kombiniert. So wird die Information redundant verteilt und die Berechnungen sind robuster gegen auftretende Störungen.

Zur Person

Friederike Butt hat an der RWTH Aachen Physik studiert und promoviert derzeit bei Markus Müller, der Professor am Forschungszentrum Jülich und an der RWTH Aachen ist. Schon ihre Masterarbeit hat sie bei Prof. Dr. Müller im Bereich Quanteninformation angefertigt. Besonders spannend findet sie die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Theorie und Experiment.

Weitere Informationen

Friederike Butt und Ivan Pogorelov von der Universität Innsbruck haben gleichermaßen zu dieser Studie beigetragen. Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung der Universität Innsbruck.

Originalpublikation

Pogorelov, I., Butt, F., Postler, L. et al. Experimental fault-tolerant code switching. Nat. Phys. (2025). https://doi.org/10.1038/s41567-024-02727-2

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  • Theoretische Nanoelektronik (PGI-2)
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Prof. Dr. Markus Müller

Leader of the Research Group for Theoretical Quantum Technology

  • Peter Grünberg Institut (PGI)
  • Theoretische Nanoelektronik (PGI-2)
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    Letzte Änderung: 14.02.2025