Gezieltes Gießen

Der "Wasser-Monitor" für eine wetter- und klimaresiliente Landwirtschaft

Jülich, 28. Februar 2022 – Rund 600 mal 600 Meter: Das ist die Größe der Gitterzellen, in der der Wasser-Monitor des Jülicher Instituts für Agrosphärenforschung deutschlandweit derzeit das pflanzenverfügbare Wasser regional und bis hinunter zu einer lokalen Maßstabsebene anzeigt. Unter extremen Witterungsbedingungen, die im Zuge des Klimawandels öfter vorkommen können, eine nützliche Zusatzinformation bei der Anpassung. "Der Wasser-Monitor ist ein freier Service, der zum Beispiel während Trockenphasen Anhaltspunkte zur Bodenfeuchte in einem Gebiet liefert", erläutert Dr. Klaus Görgen vom Projektteam des Wasser-Monitors. Über das Online-Tool sind seit November 2021 Ergebnisse von wissenschaftlichen Simulationsmodellen tagesaktuell, bis zu neun Tage in die Zukunft, dargestellt.

Der Wasser-Monitor gründet auf dem ADAPTER-Projekt des Forschungszentrums Jülich und des Helmholtz-Zentrums Hereon. Das Ziel ist die Entwicklung und die Bereitstellung innovativer simulationsgestützter Informationsprodukte für eine wetter- und klimaresiliente, also widerstandsfähige Landwirtschaft. "ADAPTER stellt Datenprodukte und umfassende Informationen für die Landwirtschaft und alle Interessierten frei zur Verfügung: zur aktuellen Entwicklung des Wasserhaushalts, einschließlich Grundwasser, und über den langfristigen regionalen Klimawandel", sagt Görgen.

Wassermonitor
Der Wasser-Monitor des Forschungszentrums Jülich besteht aus einer interaktiven Deutschlandkarte, die das pflanzenverfügbare Wasser in Prozent anzeigt.
Forschungszentrum Jülich

Die Darstellungen des Wasser-Monitors basieren auf Simulationsrechnungen mit dem hydrologischen Modellsystem "ParFlow", das automatisch mit Daten aus aktuellen Wettervorhersagen wie Niederschlag, bodennaher Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit oder Windgeschwindigkeit gespeist wird. Nicht zuletzt wegen der großen Datenmengen und der hohen räumlichen Auflösung werden die Simulationen auf den Rechnern des Jülich Supercomputing Centre (JSC) betrieben. "Die hohe räumliche Auflösung der Berechnungen auf Gitterzellen von ca. 600 Meter macht es möglich, zum Beispiel Daten zu den physikalischen Eigenschaften des Bodens genau zu berücksichtigen und somit auch detaillierte Simulationen zu machen", so Görgen.

Als Ergebnis für alle Interessierten steht ein Online-Tool mit großer Bildschärfe: "Für den Wasser-Monitor werden 60 Millionen Gitterpunkte berechnet", erklärt Dr. Alexandre Belleflamme aus dem Team des ADAPTER-Projektes. Auf einer interaktiven Karte zeigt das Webinterface für ganz Deutschland das für Pflanzen verfügbare Wasser bis in eine Tiefe von 30 Zentimetern an. Über eine Such- und eine Zoomfunktion ist es möglich, die Karte bis auf die Ebene einzelner Ortschaften zu vergrößern. Zusätzlich bietet die Website zwei Videoanimationen. Sie zeigen, wie sich das pflanzenverfügbare Wasser in Deutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen im zeitlichen Verlauf ändert.

Der Boden im Klimawandel

Die Dürrejahre 2018 und 2019 führten vielerorts zu einem Absterben der Fichtenbestände durch massiven Borkenkäferbefall; Stürme taten ein Übriges. In der Folge wurden große Flächen abgeholzt – wie in der Nähe des Ortes Kleinhau in der Nordeifel. Dort untersucht seit Frühjahr 2020 ein Team von Forschenden unter Leitung von Prof. Nicolas Brüggemann vom Jülicher Institut für Agrosphärenforschung die Folgen für Bodenprozesse und den Stoffaustausch mit der Atmosphäre.

Herr Prof. Brüggemann, Welche Ergebnisse hat die Messkampagne, die noch bis Mai 2022 läuft, bisher gezeigt?

Nicolas Brüggemann: Gesunde Böden speichern immense Mengen an Kohlenstoff. Unsere Messungen in Kleinhau zeigten dagegen unter anderem, dass die kahlgeschlagene Fläche von Ende Mai 2020 bis Ende Mai 2021 eine dauerhafte Kohlendioxid-Quelle war und in diesem Zeitraum rund 16,5 Tonnen Kohlendioxid pro Hektar abgab. Am Standort Wüstebach in der Eifel mit weitgehend intaktem Fichtenbestand zeigten die dortigen Messungen, dass dieser, abgesehen vom Hochsommer, immer noch Kohlenstoff speichern konnte – und zwar genauso viel Kohlenstoff pro Hektar, wie auf der Kahlschlagfläche in Kleinhau abgegeben wurde.

Prof. Nicolas Brüggemann
Prof. Nicolas Brüggemann
Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Neben ihrer Rolle als Kohlenstoff-Speicher – welche Aufgabe übernehmen die Böden noch?

Böden spielen auch eine entscheidende Rolle als Wasserspeicher und -puffer. Damit beeinflussen sie die Wechselwirkungen zwischen Untergrund und Atmosphäre. Bei einem intakten Wald nehmen die Bäume unter Sonneneinstrahlung einen erheblichen Teil der Feuchtigkeit aus dem Boden auf und geben ihn als Wasserdampf an die Atmosphäre ab. So dämpfen sie die Erwärmung. Auf den abgeholzten Flächen wie in Kleinhau verdunstet aufgrund des fehlenden Bewuchses wesentlich weniger Wasser – der Kühlungseffekt fällt dadurch viel geringer aus, die Luft erwärmt sich viel stärker, und die Böden trocknen weiter aus, weil in der Folge auch weniger Niederschlag fällt.

Der Boden ist also „verwundbar“. Was müssen wir tun, um ihn zu schützen und an den Klimawandel anzupassen?

Die wichtigste Methode, um Böden an den Klimawandel anzupassen, ist, die Menge an organischem Kohlenstoff im Boden zu erhöhen. Dies kann man dadurch erreichen, dass mehr organisches Material in den Boden eingebracht als durch Zersetzung wieder abgebaut wird, zum Beispiel durch Einbringen großer Mengen von humusbildenden, organischen Substanzen wie abgestorbene Pflanzenreste, Mist, Kompost oder Pflanzenkohle. Außerdem müssen die Böden möglichst dicht bewachsen sein – aber nicht mit anfälligen "Plantagen" wie Fichtenmonokulturen, die eigentlich nicht hierhergehören. Je mehr auf den Böden wächst, desto besser ist ihre Durchwurzelung. Und weit verzweigte Wurzeln speichern jede Menge Kohlenstoff.

Und beim Wasserhaushalt?

Eine bessere Bodenqualität, also vor allen Dingen ein höherer Humusgehalt, wirkt sich positiv auf seine Fähigkeit aus, Wasser und Nährstoffe zu speichern. Wir haben hier also eine Win-Win-Situation: Kohlenstoffreichere Böden sorgen für einen verbesserten Wasser- und Nährstoffhaushalt. So werden zum Beispiel die Ernteerträge durch einen humusreicheren Boden zuverlässiger. In Zeiten zunehmender Dürreperioden und Starkregen-Ereignisse brauchen wir aber auch ein Wassermanagement, das zum Beispiel Landwirten bei der Entscheidung hilft, ob und wie viel sie ihre Böden bei einer Dürre bewässern. Am Jülicher Institut für Agrosphäre haben wir deshalb Simulationsmodelle und Tools wie den Wasser-Monitor entwickelt. Mit all diesen Maßnahmen können wir die Resilienz der Böden im Klimawandel erhöhen – wir machen sie fit für die Zukunft.

Weitere Informationen
Institut für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Agrosphäre (IBG-3)
Website Wasser-Monitor
Website ADAPTER-Projekt

Ansprechpartner
Prof. Nicolas Brüggemann
Institut für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Agrosphäre (IBG-3)
Tel.: 02461 61-8643
E-Mail: n.brueggemann@fz-juelich.de

Dr. Klaus Görgen
Tel.: 02461 61-6456
E-Mail: k.goergen@fz-juelich.de

Dr. Alexandre Belleflamme
Tel.: 02461 61-1889
E-Mail: a.belleflamme@fz-juelich.de

Pressekontakt
Erhard Zeiss
Pressereferent
Tel.: 02461 61-1841
E-Mail: e.zeiss@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 06.12.2024