Kompetenzen bündeln für eine nachhaltige Elektrochemie
14. September 2023
Der Braunkohleausstieg 2030 ist beschlossen, doch der Strukturwandel im Rheinischen Revier hat gerade erst richtig begonnen. Passend dazu versammelten sich Forschende in Anwesenheit der NRW-Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur heute im noch im Bau befindlichen Kompetenzzentrum für Industrielle Elektrochemie, kurz ELECTRA, um Konzepte zur klimaverträglichen Transformation und nachhaltigen Elektrifizierung der chemischen Industrie beim diesjährigen ELECTRA-Symposium zu präsentieren.
Ministerin Mona Neubaur hierzu: „Verbesserte elektrochemische Verfahren sind Ziel der Kooperation der renommierten Forschungsinstitutionen RWTH Aachen University und des Forschungszentrums Jülich. Mit Unterstützung des Landes und der EU konnte ELECTRA ermöglicht werden. So gelingt der Brückenschlag zwischen akademischer Forschung und industrieller Entwicklung aus dem innovative neue Verfahren hervorgebracht werden. Das ist besonders wichtig, denn die Elektrochemie hat großes Potenzial zur Verminderung von Emissionen sowie zur Effizienzsteigerung in der Chemieproduktion und leistet einen wichtigen Beitrag bei der Netzstabilisierung.“
Die chemische Industrie im Rheinischen Revier steht vor einer epochalen Herausforderung: Sie muss zahlreiche Prozesse auf erneuerbare Energien umstellen und den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen signifikant reduzieren. Elektrochemische Verfahren spielen bei dieser Transformation eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichen die Nutzung erneuerbarer Energien zur Herstellung von Plattformchemikalien, die eine Alternative zu herkömmlichen, erdölbasierten Basischemikalien darstellen.
Vom Labor in die Anwendung
Der Weg zur industriellen Umsetzung dieser Verfahren ist jedoch herausfordernd. Die erforderlichen Technologien sind noch nicht praxisreif und befinden sich größtenteils noch in der Grundlagenforschung. Genau hier setzt das Kompetenzzentrum ELECTRA an. In einer simulierten industriellen Umgebung sollen darin vielversprechende elektrochemische Konzepte aus dem Labor bis hin zu vor-industriell verwertbaren Prototypen entwickelt werden.
Innovationsprozesse maßgeblich beschleunigen
Durch die Zusammenführung von Kompetenzen verschiedener Projektpartner und Arbeitsgruppen des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen University werden die erforderlichen Synergien geschaffen, um Ideen umzusetzen und Innovationsprozesse erheblich zu beschleunigen. Der entstehende modulare Forschungsneubau auf dem Campus des Forschungszentrums Jülich trägt dem Rechnung und vereint Materialforschung, Verfahrenstechnik und Kooperationsprojekte mit der Industrie unter einem Dach. Das Gebäude soll die Laborumgebung der Helmholtz Energy Materials Characterization Platform (HEMCP) mit der Infrastruktur für das Kompetenzzentrum ELECTRA, in dem Forschende interdisziplinär an elektrochemischen und verfahrenstechnischen Fragestellungen arbeiten, verbinden.
Materialforschung und Industrieprojekte unter einem Dach
Die Helmholtz Energy Materials Characterization Platform (HEMCP) ist eine verteilte Forschungs-Infrastruktur der Helmholtz-Gemeinschaft zur Analyse und Entwicklung innovativer Materialien, insbesondere für Batteriespeicher- und Wasserstofftechnologien, die für ein Gelingen der Energiewende wesentlich sind.
Kernaufgabe der neuen HEMCP-Labors am Forschungszentrum Jülich ist die sogenannte In-Situ/Operando Analytik – die Untersuchung und Überwachung von Materialstrukturen und Reaktionsabläufen mithilfe unterschiedlicher spektroskopischer und mikroskopischer Methoden während des Betriebs.
Von den Untersuchungsmöglichkeiten in HEMCP werden künftig auch Arbeiten des räumlich angeschlossenen Kompetenzzentrums ELECTRA profitieren. Mobile Demonstratoren in der Größe von bis zu einem Meter, die in ELECTRA realisiert und über mehrere Monate betrieben werden, können so ausgewählten Zeitpunkten mithilfe der Geräte in den HEMCP-Labors im Betrieb überprüft und analysiert werden. Dies setzt einen unterbrechungs- und erschütterungsfreien Transport der Anlagen voraus, was durch die Verbindung der HEMCP- und ELECTRA-Gebäudemodule möglich wird.
Weitere Stimmen zur Veranstaltung
Dr. Ir. Peter Jansens, Mitglied des Vorstands des Forschungszentrums Jülich für den Wissenschaftlichen Geschäftsbereich II & III:
Strukturwandel bedeutet Kulturwandel: Unser Ziel im Forschungszentrum Jülich ist es, unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse noch schneller aus der Grundlagenforschung in die industrielle Anwendung zu bringen – gerade auch für den Strukturwandel im Rheinischen Revier. Hierzu braucht es neue Konzepte und Ideen wie das Kompetenzzentrum ELECTRA. Hier sollen vielversprechende elektrochemische Konzepte aus dem Labor mit frühzeitiger Beteiligung der Wirtschaft zu industriell verwertbaren Prototypen weiterentwickelt werden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Transformation der chemischen Industrie.
Prof. Rüdiger-A. Eichel, Gründungsdirektor ELECTRA und Wissenschaftlicher Direktor IEK-9:
„Mit neuartigen Technologien der Elektrolyse gelingt es uns die Prozesse der Chemischen Industrie klimaverträglich zu gestalten. Für das Rheinische Revier wollen wir damit einen entscheidenden Beitrag leisten, um industrielle Wertschöpfung in der Region zu behalten. Im Kompetenzzentrum ELECTRA arbeiten wir deswegen eng mit den wichtigsten Partnern der regionalen Industrie zusammen und entwickeln angepasste Lösungen für nachhaltige Produktionsverfahren.“