EBRAINS Deutschland gegründet

14. März 2024

EBRAINS (European Brain Research Infrastructures) ist eine digitale Forschungsinfrastruktur der EU, die Neurowissenschaften und Medizin mit Gehirn-inspirierter KI und Computertechnik verbindet. Jetzt wurde der nationale deutsche Knotenpunkt des paneuropäischen Projekts offiziell gegründet. Koordinator von EBRAINS Deutschland ist das Forschungszentrum Jülich, Partner sind die Charité Universitätsmedizin Berlin, die Universität Heidelberg, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, das Heidelberger Institut für Theoretische Studien sowie das Bernstein Netzwerk für Computational Neuroscience. Neben Deutschland sind derzeit europaweit in zehn Ländern nationale EBRAINS-Knotenpunkte aktiv oder im Aufbau.

Jülicher Forschung für EBRAINS: Blick ins Labor für Faserbahnarchitektur des Gehirns
Jülicher Forschung für EBRAINS: Blick ins Labor für Faserbahnarchitektur des Gehirns
Forschungszentrum Jülich / Mareen Fischinger

Die Gründungsinstitutionen und Forscher:innen hinter EBRAINS Deutschland vereint eine starke Expertise in den computergestützten Neurowissenschaften, der klinischen Forschung sowie der Informatik. Sie setzen damit einen bedeutenden Meilenstein in der Förderung der Zusammenarbeit in der Forschung – national wie in Europa. Die Partner bieten eine Plattform für den wissenschaftlichen Austausch sowie einzigartige Werkzeuge für die Neurowissenschaften, für medizinische Anwendungen sowie für die Industrie.

„Für seine Mitglieder bietet EBRAINS Deutschland die Möglichkeit, die Zukunft von EBRAINS aktiv mitzugestalten und passgenaue Lösungen für neue Forschungsansätze gemeinsam mit deutschen und europäischen Partnern zu entwickeln“, sagt Prof. Katrin Amunts, Joint Chief Executive Officer von EBRAINS und Direktorin am Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich. „Das wird dazu beitragen, dass die digitalen Werkzeuge noch besser für medizinische Anwendungen genutzt werden können und Erkenntnisse über die Struktur und Funktion des Gehirns in innovative Technologien und künstliche Intelligenz eingehen.“

Weitere Stimmen zur Gründung des deutschen Knotenpunktes

apl-.Prof. Nicola Palomero-Gallagher, Forschungszentrum Jülich, wissenschaftliche Leiterin des deutschen Knotenpunktes

„Das Forschungszentrum Jülich stellt der Forschungsplattform EBRAINS den weltweit umfassendsten Atlas des menschlichen Gehirns in 3D sowie IT-Werkzeuge für die Modellierung, Simulation und KI-basierte Analyse großer und komplexer Datensätze zur Verfügung. Jülich bietet außerdem Zugang zu leistungsstarken Supercomputing-Einrichtungen und koordiniert ein Netzwerk von Supercomputing-Zentren in ganz Europa, das über EBRAINS zugänglich ist."

Prof. Petra Ritter, Charité Universitätsmedizin Berlin und Berlin Institute of Health in der Charité (BIH)

„Die Charité und das BIH Berlin tragen mit den Plattformen „The Virtual Brain“ und „Health Data Cloud” Infrastrukturen bei, mit denen sich datenschutzkonform individuelle Hirnmodelle simulieren lassen – es handelt sich um eine Art „digitaler Zwilling“, mit dem Mechanismen von Gehirnfunktion und Erkrankungen besser verständlich werden. Damit lassen sich die Diagnose und die Vorhersage von Erkrankungen verbessern und Therapien anhand des virtuellen Gehirns optimieren. Dazu werden Daten aus radiologischen Untersuchungen in Computermodelle integriert und diese auf Hochleistungsrechnern simuliert. Wir freuen uns, dass durch EBRAINS diese Entwicklungen einer breiten Wissenschaftsgemeinschaft zugänglich gemacht werden.“

PD Dr. Johannes Schemmel, Universität Heidelberg

„Die von uns entwickelte und gebaute neuromorphe, also vom Gehirn inspirierte Hardwareplattform BrainScaleS verarbeitet Informationen 1000mal schneller als das menschliche Gehirn und verbraucht dabei wesentlich weniger Energie als herkömmliche Rechner. Mit EBRAINS gelangen Innovationen wie diese aus dem neuromorphen Computing zu einer breiteren Anwendung in den Neurowissenschaften.“

Prof. Rebecca Wade, Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS), Leiterin der Forschungsgruppe „Molecular and Cellular Modeling“

„Das HITS ist seit langem in diesem Netzwerk vertreten: zunächst im Human Brain Project ab 2013, später dann als assoziiertes Mitglied bei EBRAINS. Als Mitglied von EBRAINS Deutschland tragen wir zur Entwicklung von Modellierungswerkzeugen für die multiskalare Simulation von molekularen Signalketten bei, die bei Hirnerkrankungen verändert sind.“

Prof. Andreas Meyer-Lindenberg, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts (ZI) für Seelische Gesundheit und Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI

„Fortschritte in der Behandlung psychischer Erkrankungen erfordern ein tiefgehendes Verständnis der Gehirnfunktion und ihrer Störungen. In diesem Bereich haben wir große Datensätze und Expertise in Analyse und Modellierung aufgebaut, die wir in EBRAINS einbringen wollen. Die vertiefte Zusammenarbeit mit exzellenten Partnerinstitutionen im Rahmen des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit wird die Wirksamkeit dieser Ansätze noch weiter erhöhen.“

Susanne Schreiber, Vorsitzende des Bernstein Netzwerks, und Prof. Thomas Wachtler, Vertreter des Bernstein Netzwerks in EBRAINS

„Die Forscher:innen des Bernstein Netzwerks wollen die Informationsverarbeitung im Gehirn und in neuronalen Netzen von der molekularen Ebene bis zum Verhalten verstehen. Solche interdisziplinären Bemühungen erfordern eine angemessene Infrastruktur. Die Mitgliedschaft in EBRAINS eröffnet den Wissenschaftler:innen der Computational Neuroscience neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, einschließlich des Zugangs zu Werkzeugen für die Datenerfassung, -verwaltung und -berechnung.”

Über EBRAINS

Die EBRAINS-Forschungsinfrastruktur wurde im Rahmen des Human Brain Project entwickelt. Sie hat den Status einer internationalen gemeinnützigen Vereinigung nach belgischem Recht mit Sitz in Belgien und steht seit 2019 einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung. Im Jahr 2021 wurde sie für die Roadmap des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) ausgewählt. EBRAINS ist eine frei zugängliche digitale Plattform, in der Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen Daten, Modelle und Software austauschen und nutzen können. EBRAINS bietet eine breite Palette an FAIR-Daten, einen umfassenden Gehirnatlas, Modellierungs- und Simulationswerkzeuge sowie Zugang zu Rechenressourcen auf Supercomputern und neuromorphen Plattformen. Informationen über die verfügbaren Werkzeuge und Dienste im Webportal www.ebrains.eu

EBRAINS 2.0

Für die Weiterentwicklung der EBRAINS-Forschungsinfrastruktur stellt die Europäische Kommission bis einschließlich 2026 insgesamt 38 Millionen Euro zur Verfügung. Das Projekt EBRAINS 2.0 ist im Januar 2024 angelaufen und zielt darauf ab, einen neuen Standard für Hirnatlanten zu etablieren, auf verschiedenen Skalen gewonnene Daten zu verbinden und sogenannte „Digital Twin“-Ansätze durch Modellierung und Simulation voranzutreiben. Mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung von Werkzeugen, Modellen und Workflows erleichtert EBRAINS die Erforschung von Gehirnorganisation, Krankheitsmechanismen und Biomarkern. Die offene Plattform unterstützt die Entwicklung von computergestützten Krankheitsmodellen und fördert die Zusammenarbeit, Vielfalt der Zugänge und Integration in den Neurowissenschaften. Das übergeordnete Ziel ist es, das Verständnis der Struktur und Funktion des Gehirns zu vertiefen, um Fortschritte in der Gehirnmedizin und neuroinspirierten Technologie zu erzielen. Am Projekt sind 59 Partnereinrichtungen aus 16 europäischen Ländern beteiligt, darunter das JSC und das Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM) des Forschungszentrums Jülich.

Ansprechpartner

Dr. Boris Orth

Head of High Performance Computing in Life Sciences division Jülich Supercomputing Centre

  • Institute for Advanced Simulation (IAS)
  • Jülich Supercomputing Centre (JSC)
Gebäude 16.3 /
Raum 330
+49 2461/61-9123
E-Mail

Erhard Zeiss

Wissenschaftlicher Kommunikationsreferent

  • Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
  • Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Gebäude 15.9 /
Raum 3033
+49 2461/61-1841
E-Mail

Letzte Änderung: 15.03.2024