Peter Grünberg Institut
Elektronische Materialien (PGI-7)
Die Forschungsaktivitäten des PGI-7 umfassen die Themenschwerpunkte „Materialien und Phänomene“, „Device-Entwicklung und Integration“ sowie „memristive, neuromorphe Hardware“.
27. Oktober 2025
Forschende des Forschungszentrums Jülich und internationale Partner haben erstmals gezeigt: Memristoren, neuartige nanoskalige Schaltelemente, liefern stabile Widerstandswerte, die direkt auf universellen Naturkonstanten beruhen. Damit könnten sich elektrische Maßeinheiten wie der elektrische Widerstand künftig viel einfacher und direkter auf einen universellen Standard zurückführen lassen als bisher. Die konventionelle, quantenbasierte Messtechnik ist dagegen so aufwändig, dass sie sich nur in wenigen Speziallaboren weltweit durchführen lässt.

Seit 2019 beruhen alle Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems SI – darunter Meter, Sekunde und Kilogramm – auf fundamentalen Naturkonstanten. So ist etwa das Kilogramm, das einst auf das „Urkilogramm“ zurückging, heute mit der Planckschen Konstante h verknüpft. Ein Meter wird über die Lichtgeschwindigkeit definiert, die Sekunde über die Schwingung des Cäsium-Atoms.
Längen- und Zeiteinheiten lassen sich dank Laserinterferometern und Atomuhren weltweit vergleichsweise leicht nachvollziehen. Ganz anders sieht es dagegen bei physikalischen Größen wie der Masse und den elektrischen Einheiten aus. Ihre messtechnische Rückführung ist so aufwendig, dass sie nur in wenigen metrologischen Instituten gelingt.
Als Standard für den elektrischen Widerstand diente bisher der Quanten-Hall-Effekt. Er liefert exakte Werte, verlangt aber extreme Bedingungen – Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt und Magnetfelder stärker als in einem MRT-Gerät. Solche Messungen setzen aufwendige Kryotechnik und streng kontrollierte Laborumgebungen voraus.
Mit der neuen Methode könnte sich das ändern. Ursprünglich als Bausteine für neuartige Computerchips entwickelt, zeigen Memristoren ein Schaltverhalten, das direkt den Naturkonstanten folgt. Im Prinzip handelt es sich dabei um einen programmierbaren Widerstand – praktisch ein Transistor mit Gedächtnis. Im Inneren von Memristoren bilden sich leitende Nanodrähte aus einzelnen Silberatomen. Mit elektrischen Spannungen lassen sie sich so präzise steuern, dass ihre Leitfähigkeit nicht kontinuierlich, sondern in Quantensprüngen zunimmt oder abnimmt.

„Wir haben erstmals gezeigt, dass Memristoren zuverlässig Widerstände erzeugen können, die direkt auf universellen Naturkonstanten beruhen – ganz ohne komplizierte Kühl- und Magnetanlagen“, erklärt Ilia Valov vom Forschungszentrum Jülich. „Die Genauigkeit ist dabei jetzt schon für den End-User völlig ausreichend.“
Die Grundlage dafür ist der quantisierte elektrische Leitwert G₀, der sich aus der Planck-Konstante h und der Elementarladung e ableitet. Den Forschenden gelang es, Memristoren bei normalen Laborbedingungen stabil auf 1·G₀ oder 2·G₀ einzustellen und diese Zustände über lange Zeiträume zu halten. Messungen an beteiligten Forschungsinstituten in Italien, Spanien, Türkei und Portugal ergaben eine Abweichung von 3,8 Prozent für 1·G₀ und 0,6 Prozent für 2·G₀. Möglich wurde das durch einen Effekt, der an Feinschliff erinnert: die sogenannte Elektropolitur. Dabei werden instabile Atome aus den Nanodrähten entfernt, bis nur noch ein stabiler quantisierter Leitkanal bleibt.
Damit rückt ein Konzept in greifbare Nähe, das man auch „NMI-on-a-chip“ nennt – ein Nationales Metrologieinstitut, das auf die Größe eines Mikrochips passt. Damit wären künftig Messgeräte möglich, deren Referenz direkt in den Chip eingebaut ist. Lange Kalibrierketten – von den Messungen in Metrologieinstituten über Referenzwiderstände und Kalibratoren bis hin zur Eichung der Endgeräte – könnten dadurch entfallen. Statt ein Multimeter regelmäßig ins Kalibrierlabor zu schicken, könnte es sich intern immer wieder selbst an den unveränderlichen Naturkonstanten überprüfen – eine eingebaute Eichung.

Die Anwendungen reichen von vereinfachten Kalibrierverfahren in der Industrie über mobile Messsysteme bis zu portablen Standards für Forschung im Feld oder in der Raumfahrt. „Wir stehen hier am Beginn eines Paradigmenwechsels – weg von komplexen Großanlagen, hin zu quantengenauen Standards, die jeder Chip tragen kann“, fasst Valov zusammen.
Gianluca Milano, Xin Zheng, Fabio Michieletti, Giuseppe Leonetti, Gabriel Caballero, Ilker Oztoprak, Luca Boarino, Özgür Bozat, Luca Callegaro, Natascia De Leo, Isabel Godinho, Daniel Granados, Itir Koymen, Mariela Menghini, Enrique Miranda, Luís Ribeiro, Carlo Ricciardi, Jordi Suñe, Vitor Cabral & Ilia Valov, A quantum resistance memristor for an intrinsically traceable International System of Units standard, nature nanotechnology (2025), DOI: https://doi.org/10.1038/s41565-025-02037-5
Scientific Staff at Peter Grünberg Institute Head of Group Nanoelectrochemistry