Dürren, Starkregen, Hitzewellen: Wetterextreme nehmen zu – Folgen des Klimawandels. Um die Vorgänge in der Atmosphäre besser zu verstehen, lassen Jülicher Forscher:innen Wetterballons steigen, Messgeräte um die Welt fliegen und Supercomputer aufwändige Klimamodelle berechnen. Sie suchen nach Wegen, die Fieberkurve unseres Planeten abzuflachen und die Luftqualität für uns Menschen zu verbessern.
Die Atmosphäre gilt als Schutzhülle unseres Planeten. Denn die Gase und Partikel darin sorgen dafür, dass ein Teil der Energie, die von der Sonne zur Erde gelangt, nicht wieder ins All abstrahlt. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt wäre die Erde ein lebensfeindlicher Eisplanet. Seit Beginn der Industrialisierung gelangen jedoch in großem Stil immense Mengen von Verbrennungsgasen wie Kohlendioxid in die Atmosphäre. Sie heizen das „Treibhaus“ zusätzlich auf und bringen so das fein austarierte Klimasystem unseres Planeten aus dem Tritt. Wie genau, erforschen Jülicher Wissenschaftler:innen. Sie tauchen ein in die komplexe Welt unserer Atmosphäre, untersuchen wie Gase und Teilchen entstehen, rund um den Erdball transportiert werden und miteinander reagieren. Immer mit dem Ziel vor Augen, die globale Erwärmung zu begrenzen und die Luftverschmutzung zu verringern.
Von Bodennähe bis in große Höhen sammeln unsere Forscher:innen weltweit Daten über das Klimageschehen. Stratosphärenballons steigen bis zu 40 Kilometer hoch auf und erforschen zum Beispiel die Konzentration von Spurengasen in der Lufthülle über dem Nordatlantik. Bis in zwölf Kilometern Höhe ermitteln die Messgeräte im IAGOS-Projekt die Konzentration der Treibhausgase. Seit den 90er-Jahren fliegt dazu die Technik der aus Jülich koordinierten europäischen Forschungsplattform im Bauch von Verkehrsflugzeugen um die Welt.
Die Langzeitmessungen haben bereits Trends enthüllt. So fanden die Forscher:innen heraus, dass es durch den Klimawandel immer früher im Jahr zu Spitzenkonzentrationen des gesundheitsschädlichen Ozons kommt. Die Wissenschaftler:innen sind außerdem Koordinator:innen oder Teil von internationalen Kampagnen etwa mit dem Forschungsflugzeug HALO – und sie nutzen ungewöhnliche Plattformen wie den Zeppelin NT, um damit mehr über Prozesse in der untersten Schicht der Atmosphäre zu erfahren.
IAGOS hat sich zu einer Forschungsinfrastruktur von internationalem Rang entwickelt und nimmt einen zentralen Platz im globalen System zur Beobachtung der Atmosphäre ein. Unsere frei und offen zugänglichen Messdaten werden aktuell von etwa 300 Organisationen weltweit genutzt.
In den einzigartigen Atmosphärensimulationskammern SAPHIR und SAPHIR-PLUS können die Wissenschaftler:innen auf dem Jülicher Campus Luftgemische unter Laborbedingungen erzeugen. Sie gehen damit zum Beispiel der Frage nach, wie sich Schadgase und Partikel bilden und was mit den flüchtigen Kohlenwasserstoffen passiert, die von Pflanzen in die Luft abgegeben werden.
Helmholtz–Forschungsbereich Erde und Umwelt
Mit unserer Forschung stellen wir die Weichen für eine nachhaltige Zukunft. Dazu erforschen wir das System Erde, entwickeln innovative Technologien und arbeiten an strategischen Lösungen. Wir wollen dazu beitragen, dass unser Planet die menschliche Gesellschaft und die Biosphäre als Ganzes erhalten kann.
Helmholtz KLIMA ist die Dialog-Plattform, die die klimarelevante Forschung und Expertise aller 18 Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft bündelt. Sie bringt Forschende, politische Entscheider:innen und zivilgesellschaftliche Akteur:innen in den Diskurs, um gemeinsam die besten wissenschaftsbasierten Lösungsansätze und Handlungsoptionen zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels zu entwickeln. Als unabhängige und kompetente Instanz in der klimabezogenen Politikberatung zeigt die Helmholtz KLIMA Dialog-Plattform Wege zur Klimaneutralität und zur Anpassung an den Klimawandel auf. Das Themenspektrum reicht von Energie, Materie und Information über Gesundheit sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr bis hin zu Erde und Umwelt. Helmholtz KLIMA bindet die Expertise anderer Wissenschaftler:innen ein und kooperiert mit Forschungs- und Technologiepartner:innen.
Wie kann man dem Kohlendioxid, das bis zu 1.000 Jahre in der Atmosphäre bleibt, zu Leibe rücken? Damit es erst gar nicht aus Schornsteinen entweicht, arbeiten Materialforscher:innen an neuartigen Filtern. Jülicher Nachwuchstalente haben zum Beispiel einen hocheffizienten Schwamm für das Treibhausgas entwickelt. An dem Geflecht aus ultradünnen Polymerfasern bleiben nur CO2-Moleküle haften. Das Kohlendioxid kann später in reiner Form wieder von dem Material gelöst werden, um es industriell weiterzuverwenden.
Doch die Wissenschaftler:innen aus Jülich nehmen nicht nur das langlebige Kohlendioxid in den Blick – sondern auch Aerosole, Ruß und Methan. In Summe sind diese Schwebeteilchen ebenso klimaschädlich wie das Kohlendioxid, aber sehr viel kurzlebiger.
270
Kubikmeter Volumen hat die Atmosphärensimulationskammer SAPHIR auf dem Jülicher Campus. In ihr werden Luftgemische für Versuche erzeugt.
40
Kilometer hoch steigen Stratosphärenballons mit Messgeräten an Bord auf. Sie sammeln in der äußeren Lufthülle Daten über Spurengase.
30
Jahre schon läuft das von Jülich aus koordinierte Projekt IAGOS. Dabei fliegen Messgeräte im Bauch von Verkehrsflugzeugen um die Welt.
Blick in die Zukunft
Mit ihren Daten füttern die Wissenschaftler:innen auch die Jülicher Supercomputer. Nur die schnellsten Rechner der Welt sind in der Lage, die riesigen Datenberge zu verarbeiten, die in detaillierte Klimamodelle und Simulationen einfließen. Im Projekt HClimRep etwa entwickeln Forscher:innen auf Jülichs neuem Exascale Rechner JUPITER ein sogenanntes Deep-Learning-Modell. Damit wollen sie genauere Aussagen über die Entwicklung der Erderwärmung treffen. Die Forscher:innen spielen dabei „Was-wäre-wenn“-Experimente durch. Fragen wie: Was wäre, wenn wir sofort den Ausstoß sämtlicher klimaschädlicher Stoffe stoppen?
Ihre Antworten gehen in den öffentlichen Diskurs ein. Denn mit ihrer Expertise wollen unsere Wissenschaftler:innen wichtige Beiträge für den Kampf gegen den Klimawandel leisten. So wirken sie zum Beispiel am Weltklimabericht der Vereinten Nationen mit.