Power-Duos: Supercomputer und Quantenrechner

Jülicher Forscher:innen verknüpfen Quantenrechner mit Supercomputern. Solche Hybridsysteme sollen die Vorteile aus beiden Welten vereinen und bislang unlösbare wissenschaftliche Rätsel knacken.

Supercomputer und Quantencomputer ticken völlig unterschiedlich. Man könnte sagen, der eine ist Traditionalist, der andere Revolutionär. Supercomputer rechnen zuverlässig nach den uns vertrauten Regeln der Physik mit Einsen und Nullen. Quantencomputer kommen hingegen aus der bizarren Welt der Quanten: Sie nutzen alle Zahlen zwischen Eins und Null, schaffen unvorstellbar viel gleichzeitig, sind aber noch schwer in den Griff zu bekommen.

Die ungleichen Rechenkünstler sollen künftig in Jülich als Power-Duo zusammenarbeiten. Ein solches Hybridsystem bilden der bewährte Supercomputer JURECA DC und JADE, ein 100-Qubit-Quantensimulator der französischen Firma Pasqal, der seit Ende 2024 am Jülich Supercomputing Centre (JSC) steht. Weitere werden folgen, auch mit dem neuen Exascale-Supercomputer JUPITER, der derzeit in Jülich aufgebaut wird. Er wird mit dem D-Wave-Advantage-2-System gekoppelt werden, einem kürzlich für die JUelicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputing (JUNIQ, siehe Kasten) erworbenen Annealing-Quantencomputer. Dieses Duo schafft neue Möglichkeiten für Durchbrüche in der künstlichen Intelligenz und der Optimierung, etwa in der Logistik. Solche Hybridsysteme sollen außerdem Antworten auf einige der kniffligsten Fragen der modernen Wissenschaft finden – etwa Modellierungen von komplexen Klimaszenarien oder Strukturen von riesigen Molekülen.

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Wir wollen die Vorteile beider Systeme vereinen. Der Supercomputer erledigt den Großteil der Arbeit und sorgt für einen stabilen Workflow. Der Quantencomputer springt ein, wenn sein Partner nicht mehr weiterkommt oder zu lange für die Problemlösung brauchen würde.

Kristel Michielsen, Leiterin der JUelicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputing JUNIQ. Die Plattform bietet Zugang zu modernsten Quantencomputern sowie die Möglichkeit, Supercomputer mit bereits laufenden Quantensystemen zu verbinden.

Das Beste aus zwei Welten

„Wir wollen die Vorteile beider Systeme vereinen“, erklärt Prof. Kristel Michielsen vom JSC. „Der Supercomputer erledigt den Großteil der Arbeit und sorgt für einen stabilen Workflow. Der Quantencomputer springt ein, wenn sein Partner nicht mehr weiterkommt oder zu lange für die Problemlösung brauchen würde.“ Ein Beispiel wären Klimasimulationen: „Die zentrale Modellierung führt der Supercomputer durch, während der Quantencomputer bestimmte Teilaufgaben wie sehr komplexe Optimierungsfragen übernimmt.“ Das könnte etwa die Betrachtung der Atmosphärenchemie sein: Hier sorgt die Vielzahl der chemischen Teilchen und Prozesse dafür, dass die Anzahl der zu testenden Möglichkeiten riesig ist.

Bei derartigen Modellierungen mit unzähligen Parametern wären selbst die leistungsstärksten Supercomputer wie der neue Exascale-Rechner JUPITER Jahre oder gar Jahrzehnte beschäftigt. Nicht so die Quantenrechner. Ihre Recheneinheiten, die Qubits, können anders als herkömmliche Bits nicht nur die Werte 0 und 1 annehmen, sondern auch beliebig viele dazwischen. Aus diesem Grund hat ein Quantenprozessor das Potenzial, zahlreiche Operationen parallel auszuführen, weshalb er erheblich schneller und effizienter rechnen könnte als ein klassischer Computer. „Das spart Zeit und Energie“, sagt Michielsen.

Das JSC hat bereits ein kleines Fünf-Qubit-System des deutsch-finnischen Herstellers IQM mit seinem Supercomputer JURECA DC verknüpft und erste Testexperimente durchgeführt. Bald schon soll ein supraleitendes Qubit-System hinzukommen, das Jülicher Forscher:innen gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt und den beiden Firmen ParTec und Quantum Machines entwickeln, sowie ein Ionenfallen-System des deutschen Start-ups eleQtron. Alle drei Systeme werden in die Supercomputing-Infrastruktur des JSC integriert und sind Teil der Nutzer-Infrastruktur JUNIQ, in der das Forschungszentrum verschiedenste Quantensysteme bündelt, weiterentwickelt und testet. „JUNIQ bietet den Nutzer:innen die einzigartige Möglichkeit, sich das jeweils passende Quantensystem herauszusuchen und verschiedene Konzepte auf einer Plattform miteinander zu vergleichen“, betont Michielsen.

Damit die Quantenrechner ihre Stärken in den passenden Momenten auch ausspielen können, müssen die Forschende zunächst die Kommunikation und die Methodik der beiden unterschiedliche Computertypen aufeinander abstimmen. Dazu braucht es eine Software, die sowohl die traditionelle als auch die quantenmechanische Herangehensweise berücksichtigt. Gelingt das alles, könnten die Hybride neben wichtigen Fragen aus der Klimaforschung auch etliche aus Chemie, Medizin, Material und Finanzwissenschaften oder KI-Forschung, Logistik und Quantenphysik beantworten. Gerade bei den größten wissenschaftlichen Herausforderungen könnte es sich also als großer Vorteil erweisen, wenn zwei kooperieren, die völlig unterschiedlich ticken.

Umfangreiche Expertise

Bei der Entwicklung solcher Hybridcomputer am Jülicher Standort zahlt sich die breite Expertise des Forschungszentrums beim Super- und Quantencomputing aus. Schon im Jahr 1987 war das Jülich Supercomputing Centre (JSC) das erste Höchstleistungsrechenzentrum in Deutschland. Derzeit wird dort mit JUPITER der erste europäische Exascale-Rechner aufgebaut. „Exa“ steht für eine 1 mit 18 Nullen und somit für eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde, das entspricht etwa der Rechenleistung von einer Million moderner Smartphones. Zur Jülicher Supercomputergemeinschaft gehören außerdem vier weitere Supercomputer.

Auch die Jülicher Quantenforschung ist einzigartig in Deutschland. Die Wissenschaftler:innen decken das gesamte Spektrum der Quantenforschung ab: von der Quantentheorie über den Bau von Hardware und die Programmierung von Software bis hin zum Test und zur Weiterentwicklung fertiger Bauteile. Die Forscher:innen arbeiten je nach Problemstellung mit ganz verschiedenen Systemen, die ihre eigene Charakteristik haben – darunter etwa ein Quantenannealer des kanadischen Unternehmens D-Wave. Das ermöglicht es, in Jülich verschiedene Techniken und Power-Duos auszuprobieren.

Dieser Artikel ist Teil der effzett 1/2025. Text: Janosch Deeg; Bild: Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau

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Letzte Änderung: 12.06.2025